Achtes Emmy Noether-Treffen in Potsdam: Wissenschaftlicher Nachwuchs diskutiert über Kriterien der Bestenauswahl und über akademische Karrierewege
Nr. 35
Karriereperspektiven im Wettbewerb, die vielschichtigen Kriterien der Eliteauswahl sowie die voranschreitende Internationalisierung der Wissenschaften und ihrer Förderung - das waren die zentralen Themen beim diesjährigen Emmy Noether-Treffen vom 17. bis 19. Juli in Potsdam. Auf dem inzwischen achten Treffen dieser Art diskutierten 160 Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter des Emmy Noether-Programms sowie einige mit einem Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (European Research Council, ERC) Geförderte untereinander und mit Vertretern der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und anderer Wissenschaftseinrichtungen konkrete und strategische Fragen der Nachwuchsförderung in Deutschland. Das nach der Mathematikerin Emmy Noether (1882-1935) benannte DFG-Programm unterstützt exzellente Nachwuchsforscherinnen und -forscher auf ihrem Weg zu früher und erfolgreicher wissenschaftlicher Selbstständigkeit.
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens dieses Exzellenzprogramms unterstrich DFG-Präsident Professor Matthias Kleiner in seiner Eröffnungsansprache das übergreifende Anliegen der DFG, "die gesamte Karrierekette in den Blick" zu nehmen: von der ersten Projektmitarbeit für Schülerinnen und Schüler über die "Eigene Stelle", die Emmy Noether-Förderung in der Postdoc-Phase bis hin zur Professur im Heisenberg-Programm. Trotz sichtbarer Erfolge und flexibilisierter Förderangebote mangele es dem Nachwuchs an Universitäten und Forschungseinrichtungen an ausreichenden Tenure Track-Optionen. Der DFG-Präsident forderte deshalb: "Wenn wir jungen Leuten in der Wissenschaft Türen öffnen, müssen wir sie auch für spätere Lebens- und Laufbahnpositionen offen halten." Damit formulierte er eine forschungspolitische Überzeugung, mit der er nicht alleine steht.
In den Mittelpunkt des wissenschaftspolitischen Abends rückte beim diesjährigen Treffen das Thema "Die Auswahl der Richtigen - wie wird der wissenschaftliche Nachwuchs rekrutiert?". Als Instrument der (Aus-)Wahl verwies die Kölner Professorin für Steuerrecht Johanna Hey, Vizepräsidentin des Deutschen Hochschulverbandes, auf den Wert und Nutzen universitärer Berufungsverfahren. Diese müssten sich allerdings noch mehr an best practice-Standards orientieren und sich zugleich von einem eher quantitativen zu einem qualitativen Verfahren wandeln. Anschließend forderte Professorin Margit Osterloh, Mitglied des Wissenschaftsrates, dass zentrale Auswahl- und Steuerungsmechanismen des Wissenschaftssystems, allen voran die Peer Review -Praxis und das Ranking, "auf den Prüfstand" gehören. Die provokante These der Inhaberin des Lehrstuhls für Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement an der ETH Zürich lautete: Wenn "viele wissenschaftliche Blumen blühen sollen", dann müsste Forscherinnen und Forschern "mehr Unabhängigkeit von lebenslangen Peer Review-Wegen" gewährt werden.
Beide Impulsstatements und die engagierten Diskussionsbeiträge aus dem Plenum machten deutlich, dass es "die" ideale Wissenschaftlerpersönlichkeit nicht gibt. Um so wichtiger seien bei der Suche nach den besten Köpfen Begutachtungs- und Auswahlverfahren, die die jeweilige fachliche Kompetenz in Forschung und Lehre ebenso wie das persönliche (Kreativitäts-)Potenzial, nicht zuletzt die intrinsische Forschungsmotivation, identifizieren und fördern könnten.
Mit mehreren Workshops, die von den Geförderten organisiert wurden, trug der wissenschaftliche Nachwuchs selbst zum Programm und zum fachlichen und persönlichen Erfahrungsaustausch bei. Auch in diesem Jahr stand dabei der Austausch über konkrete Personal-, Finanz- und Organisationsfragen und damit über das Selbst- und Nachwuchsgruppen-Management im Vordergrund. Der Überblicksinformation dienten Vorträge, Workshops und Sprechstunden, etwa zum DFG-Programmportfolio, zu Fördermöglichkeiten des ERC oder zu neuen DFG-Aktivitäten wie Science TV. Angesichts einer zunehmend globalisierten Wissenschaftswelt kam der Diskussion über internationale Herausforderungen, zum Beispiel bei der Begutachtung von Forschungsanträgen, ein besonderer Stellenwert zu.
In der schon traditionellen Emmy Noether-Lecture referierte der ehemalige Emmy Noether-Nachwuchsgruppenleiter und heutige Professor für Astrophysik an der Universität Potsdam, Philipp Richter, über "Die Milchstraße - unsere kosmische Heimat". Im internationalen Jahr der Astronomie 2009 unternahm Richter eine farbige Reise in unsere Galaxie, zu deren Sternen, ins interstellare Gas und zur "Dunklen Materie". So wurde sichtbar, dass die Milchstraße "kein fertiges Produkt ist, sondern 'under construction' steht". Eines fernen Tages, so die Voraussicht, werden die Milchstraße und die Andromeda-Galaxie miteinander verschmelzen - Logik der "galaktischen Nachbarschaft" im Universum und ihrer physikalischen Triebkräfte.
Weiterführende Informationen
Einen ausführlichen und illustrierten Bericht zum achten Emmy Noether-Treffen finden Sie in Kürze auf der DFG-Website unter:
www.dfg.de/emmy_noether
http://www.dfg.de/emmy_noether
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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