idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
28.07.2009 14:59

Klimawandel und ultraschnelle Artbildung

Claudia Leitenstorfer Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Konstanz

    Artendiversität der Buntbarsche des Viktoriasees ist teilweise jünger als 15000 Jahre, aber Genvarianten sind zum Teil 4 Millionen Jahre alt

    Die spektakuläre Diversität der 500 Buntbarscharten im ostafrikanischen Viktoriasee ist genetisch älter als ihr heutiger Lebensraum. Dies fand ein Forschungsteam der Universität Konstanz und des belgischen "Royal African Museum" unter der Leitung des Konstanzer Professors Axel Meyer heraus. Die Biologen fanden Genvarianten, die schon vor 4 Millionen Jahren entstanden waren, obwohl die Arten, in denen sie sich finden, weitaus jünger sind und das Seebecken des Viktoriasees etwa 500000 Jahre alt ist. Der Viktoriasee ist in seiner heutigen Form aufgrund einer klimabedingten Austrocknung und Wiederbefüllung im späten Pleistozän nur rund 15000 Jahre alt. Das Team um Axel Meyer nimmt an, dass einige der Fische die Austrocknung des Viktoriasees in Refugien und auch im benachbarten Kivusee überlebt hatten und die ursprüngliche Besiedlung des heutigen Viktoriasees durch Buntbarsche vom Kivusee ausging. Axel Meyer wirft mit seinen jetzt veröffentlichten Forschungsergebnissen ein neues Licht auf die Thesen zur Artenbildung im Viktoriasee.

    Mehr als 500 extrem nah verwandte Arten von Buntbarschen leben im Viktoriasee, dem zweitgrößten See der Erde mit einer Fläche von der Größe Islands. Bisher wurde angenommen, dass diese Fischarten in weniger als 100000 Jahren entstanden - keine andere Gruppe von Lebewesen hat eine derart schnelle Artbildung.
    Geologische und paläontologische Befunde legen nun aber nahe, dass durch einen Klimawandel in Ostafrika im späten Pleistozän der Viktoriasee mitsamt seiner Umgebung komplett ausgetrocknet sein muss. Vor 15000 Jahren füllte sich das Becken wieder zum Viktoriasee in seiner heutigen Form.
    Demnach müssten sich aber die 500 Arten von Buntbarschen, die ausschließlich im Viktoriasee leben, in der extremst kurzen Zeit seit seiner Neubefüllung entstanden sein, was eine bei weitem schnellere evolutionäre Artenbildung erfordern würde, als man bisher annahm und als bei irgendeiner anderen Gruppe von Lebewesen beobachtet wurde.

    Das Biologenteam um Professor Axel Meyer nutzte neueste Methoden der genetischen Analyse, um das genetische Alter der Buntbarsche zu bestimmen. Es stellte sich heraus, dass einige der Gene, die für die adaptive Radiation der Barsche, ihre evolutionäre Auffächerung zur Anpassung an ökologische Nischen, verantwortlich sind, bei weitem älter sind als der heutige Viktoriasee. Demzufolge müssen die Fische und die meisten ihrer genetischen Variationen, die sie heute aufweisen, die Austrocknung des Viktoriasees im Pleistozän überlebt haben - und zwar in einem anderen, nahegelegenen Lebensraum. Die Biologen verfolgten die Migration der Fische zurück und identifizierten den benachbarten und weitaus tieferen Kivusee als Ort ihrer Abstammung vor etwa 100000 Jahren. Darüber hinaus wiesen sie anhand der Gene der Fischpopulation nach, dass eine dramatische Abnahme der Populationsgröße vor 15000 bis 18000 Jahren stattfand - was sich zeitlich mit dem Klimawandel im Pleistozän deckt. "Unsere Studie zeigt, dass die meisten der Arten während der Austrocknung des Viktoriasees im Pleistozän ausstarben, aber dass manche ihrer Ahnen und viele ihrer Gene älter sind und diese Periode eines dramatischen Klimawandels überlebten", bestätigt Axel Meyer.

    Der Forschungsergebnisse von Axel Meyers Team sind ab dieser Woche im Internet veröffentlicht in der "early edition" auf der Homepage der amerikanischen Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences": http://www.pnas.org

    Weitere Informationen zum Forschungsteam unter
    http://www.evolutionsbiologie.uni-konstanz.de

    Pressekontakt:
    Prof. Axel Meyer - Universität Konstanz
    0 7531 / 88 4163
    0 7531 / 88 3069 (Sekretariat)
    axel.meyer@uni-konstanz.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).