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16.09.2009 17:20

UDE: Therapie für Erdbebenopfer in China

Ulrike Bohnsack Pressestelle
Universität Duisburg-Essen

    68.000 Tote, 374.000 Verletzte und 5,8 Millionen Obdachlose: Das schwere Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan im Mai 2008 hat die Menschen in der Region stark traumatisiert. Hilfe kommt aus Essen: Prof. Dr. Wolfgang Senf, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Uniklinikum der Uni Duisburg-Essen, engagiert sich seit Jahren für die Deutsch-Chinesische Akademie für Psychotherapie in China. "Die wissenschaftlichen Daten sprechen eine deutliche Sprache: Die Häufigkeit schwerer Traumafolgestörungen ist sehr hoch bei den Überlebenden und bei dem helfenden medizinischen und psychologischen Personal."

    So litt beispielsweise eine Ärztin, die nach dem Erdbeben enorm viele Amputationen durchführen musste, unter Zwangsbildern aus dem OP-Saal, die sie unkontrolliert im Alltag überfielen. Ihr und vielen anderen konnte durch die chinesisch-deutsche Kooperation geholfen werden. Hilfreich dabei ist das an der Essener Klinik entwickelte Essener-Trauma-Inventar (ETI), mit dem Traumafolgestörungen nach psycho-traumatischen Ereignissen sehr zuverlässig erfasst werden, nämlich die Akute Belastungsreaktion (ABS) und die Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD). Das in der Forschungsgruppe um Prof. Senf von dem kurdischen Psychologen Dr. Tagay entwickelte Instrument wird sogar in verschiedenen Sprachen angewendet. "Eine chinesische Ärztin, Frau Zhou Juan, die ein Jahr in meiner Essener Klinik ausgebildet wurde, hat diesen Fragebogen in die chinesische Sprache übersetzt und an die chinesischen sozio-kulturellen Bedingungen angepasst, validiert, wie wir sagen", so Wolfgang Senf.

    Das Projekt in der Erdbebenregion ist nur eines von vielen, das die Deutsch-Chinesische Akademie für Psychotherapie seit ihrer Gründung 1996 realisiert hat. "Ziel war und ist es, in diesem Land, in dem es bis vor wenigen Jahren noch kaum ausgebildete Psychotherapeuten gab, die Psychotherapie als eine klinische Disziplin zu etablieren", betont Senf. Daher schulen deutsche Therapeuten chinesische Kollegen, geben ihnen Theorie und Praxis an die Hand. "Dabei muss man beachten, dass die chinesische Gesellschaft mit ihrem kollektiven Denken anders funktioniert als die europäische. Da kann man einem Kind in einem Familienkonflikt nicht raten, sich von den Eltern loszulösen, denn das Verständnis vom Menschen als Individuum kommt dort gerade erst langsam an."

    Senf und seine Kollegen können auf Erfolge zurückblicken: "Unsere Beharrlichkeit hat sich ausgezahlt. Wir haben in China tatsächlich ein Umdenken auch auf politischer Ebene erreicht. Psychisch auffälliges

    Verhalten wird nun nicht mehr alleine als moralisch und politisch verwerflich, damit geradezu als kriminell, sondern als Ausdruck von Krankheit betrachtet", sagt der Klinik-Chef. "Es wird behandelt, und nicht mehr umerzogen." Und auch in Zukunft wird Wolfgang Senf rund drei Mal im Jahr nach China fahren, um neue Projekte anzustoßen: "Es entstehen enorme soziale Spannungen, da die Beziehungen zwischen Nation, Kollektiv, Familie und Individuum sich rasant verändern. Traditionelle Lebensformen lösen sich auf. Das führt zu Belastungen in den familiären Beziehungen, was wiederum psychische Konflikte zur Folge haben kann. Da kommt noch einiges auf uns zu."

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Wolfgang Senf, Tel. 0201/7227-501, wolfgang.senf@uni-due.de

    Redaktion: Isabelle De Bortoli, Tel. 0203/379-2429

    Zur Bebilderung stellen wir Ihnen ein Foto zur Verfügung, das Sie bei Nennung des Autors, Foto: Cornelius Senf, honorarfrei verwenden dürfen.
    http://www.uni-due.de/imperia/md/images/samples/2009/bilderpressemitteilungen/china_erdbebenopfer.jpg

    BU: Eine Mutter zeigt ihre (sichtbare) Verletzung. Foto: Cornelius Senf


    Weitere Informationen:

    http://www.rk-essen.lvr.de/behandlungsangebote/klinikeninstitute/a6757904-1f3d-4...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin
    überregional
    Kooperationen
    Deutsch


     

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