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02.05.2001 17:19

Göttinger Linguisten analysieren ältestes Tondokument der Stasi

Marietta Fuhrmann-Koch Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts unter der Federführung von Prof. Dr. Michael Job hat das Sprachwissenschaftliche Seminar der Universität Göttingen vor wenigen Wochen von der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik eine Tonbandaufnahme erhalten, auf der eine Betriebsversammlung im Elektromotorenwerk Wernigerode am 17. Juni 1953 aufgezeichnet ist.

    Diese bislang unbekannte Quelle ist das älteste bei der "Gauck-Behörde" archivierte Tondokument, das vom Staatssicherheitsdienst der DDR erstellt wurde. Der Tonbandmitschnitt belegt auf beeindruckende Weise, dass sich die Proteste am 17. Juni 1953 nicht in der Forderung nach materiellen Erleichterungen erschöpften, sondern dass auch an Orten, die damals nicht im Mittelpunkt des Medieninteresses standen, die Forderung nach freien und geheimen Wahlen und die Aufhebung der Kontrollen an der Zonengrenze im Vordergrund standen.

    Mit dem Forschungsprojekt, das sich zur Zeit in der Vorlaufphase befindet, beabsichtigen das Sprachwissenschaftliche Seminar der Universität Göttingen, der Forschungsverbund SED-Staat an der FU Berlin und die Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße, Berlin, systematisch die Funktion von Sprache in einem totalitären Herrschaftsapparat zu untersuchen.

    Ermöglicht wurden diese vom Präsidenten der Universität Göttingen geförderten Arbeiten durch die Genehmigung der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes Marianne Birthler, auf den gesamten Bestand an Tondokumenten mit Geheimreden Erich Mielkes zuzugreifen. Ergänzt wird dieses Material durch weitere damit zusammenhängende Quellen. Zu dieser Kategorie gehört der eingangs genannte Mitschnitt der Protestversammlung im ELMO-Werk in Wernigerode.

    Die Tondokumente bestehen zum größten Teil aus Geheimreden des Ministers für Staatssicherheit Erich Mielke, die einer sogenannten "Diskursanalyse" unterzogen werden. Charakteristisch für zahlreiche Reden Mielkes im Ministerium für Staatssicherheit ist die Tatsache, dass in ihnen nur selten konkrete Befehle oder Anweisungen zu finden sind. Dennoch weisen die Reaktionen der Zuhörer dieser Reden darauf hin, dass jeweils genau verstanden wurde, welche Ziele der Minister mit seinen Ausführungen verfolgte. Diese Verschleierung von Gesagtem und Gewolltem aufzulösen, ist das Ziel der beteiligten linguistischen und politikwissenschaftlichen Einrichtungen in Göttingen und Berlin.
    Weitere Informationen:
    Sprachwissenschaftliches Seminar der Universität Göttingen
    Joachim Becker (Projektkoordination)
    Tel: 0551/ 39-5478
    E-Mail: joachim.becker@phil.uni-goettingen.de


    Bilder

    Foto: Tonbandgerät im Dienstzimmer von Erich Mielke (Normannenstraße, Haus 1, Berlin).
    Foto: Tonbandgerät im Dienstzimmer von Erich Mielke (Normannenstraße, Haus 1, Berlin).

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Foto: Tonbandgerät im Dienstzimmer von Erich Mielke (Normannenstraße, Haus 1, Berlin).


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