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07.05.2001 19:00

Die Zukunft unserer Gesundheit: Akademie-Arbeitsgruppe befaßt sich mit Gesundheitsstandards

Renate Nickel Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften

    Die Verteilung begrenzter Ressourcen im solidarisch finanzierten Gesundheitswesen ist eine Aufgabe, die eine transparente und nachvollziehbare Festlegung von Gesundheitsstandards notwendig macht. Erst auf der Basis einer derartigen Festlegung können Fragen der rechtlichen Regulierung und der ökonomischen Organisation des Gesundheitswesens adäquat erörtert werden. Die Formulierung von Gesundheitsstandards ist ferner von erheblicher Bedeutung für die Abgrenzung der Aufgaben des Gesundheitswesens gegenüber denen der Gesundheits- und Sozialpolitik.
    Die Arbeitsgruppe Gesundheitsstandards der BBAW widmet sich der interdisziplinären Bearbeitung dieser Fragen; das Spektrum der Aufgaben reicht dabei von elementaren Begriffsklärungen - etwa "Was sind Gesundheitsstandards" - bis hin zur Entwicklung von Lösungsvorschlägen für handfeste gesundheitspolitische Kontroversen - z.B. "Welches sind Optionen für den Umbau des Gesundheitswesens." Zum letzteren Typ Frage gehört, in welcher Weise angesichts knapper Kassen eine angemessene und bedarfsgerechte medizinische Versorgung gewährleistet werden kann.
    Ein häufig zu hörender Vorschlag in diesem Kontext lautet, eine zweistufige Gesundheitsversorgung zu etablieren: Danach soll im Rahmen einer Grundversorgung jedermann in den Genuss von solchen Leistungen des Gesundheitswesens kommen, die seine Grundbedürfnisse abdecken. Die Vorsorge für Leistungen, die darüber hinaus gehen, also die Sicherung des Zusatzbedarfes, soll in die Verantwortung des Einzelnen verlagert werden. Die Begriffe "Grund- und Zusatzbedarf" und deren Zuordnung zu "Grund- und Zusatzversorgung" bedürfen einer sorgfältigen Definition, falls sie im Rahmen eines Umbaus des Gesundheitswesens zur Anwendung kommen sollen.
    Geklärt werden muss, nach welchen Kriterien, z.B. medizinische, ökonomische u.a.m., Leistungen der Zusatzversorgung von solchen der Grundversorgung abgegrenzt werden sollen und wie diese Bedarf und Angemessenheit gewährleisten. Im Rahmen eines Expertengesprächs wurde kürzlich diskutiert, ob sich dieses Modell der Gesundheitsversorgung für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems eignet. Als vorläufiges Ergebnis der Diskussion kann festgehalten werden, dass es plausible moralische und ökonomische Gründe für ein mehrstufiges System gibt: Bei knappen Ressourcen würde sich durch eine Aufteilung in Grund- und Zusatzversorgung in der Grundversorgung ein weitgehend gleicher Zugang für alle Patienten erreichen lassen. In der Zusatzversorgung könnten Wahlmöglichkeiten geschaffen werden; und darüber hinaus dürfte eine erhöhte Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung erreicht werden.
    Die Umsetzung entsprechender Reformideen in die Praxis wird allerdings durch die bestehenden sozial- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen erschwert: Eine Unterscheidung in Grund- und Zusatzsicherung ist im deutschen Sozialversicherungsrecht zwar angelegt; nur ist es nach Ansicht mancher Autoren das System der Gesetzlichen Krankenversicherung, das als Grundversorgung und auch als Maßstab für das Sozialhilferecht angesehen werden muss, so dass die Frage entsteht, was denn überhaupt noch in die Zusatzversorgung gehören könnte. Ein Umbau dieses Systems dürfte auf erheblichen Widerstand aller beteiligten Gruppen stoßen.
    Die Ergebnisse der Tagung werden in einer gesonderten Publikation erscheinen.

    Als Referenten nahmen teil: Professor Dr. phil. D. Birnbacher, Düsseldorf: "Was ist medizinische ,Notwendigkeit'?"; Professor Dr. rer. pol. F. Breyer, Konstanz: "Grundversorgung - Zusatzversorgung: Was könnten ökonomisch sinnvolle Kriterien sein?"; Professor Dr. jur. E. Eichenhofer, Jena: "Zukunftsperspektiven der gesetzlichen Krankenversicherung; Professor Dr. med. Dipl.-Psych. W. Rössler, Zürich: "Wechselwirkungen zwischen Gesundheitsstandards und Prioritätensetzung, Ressourcenallokation und ökonomischen Analysen in der Psychiatrie"; Dr. jur. St. Huster, Heidelberg: "Grund- und Zusatzversorgung: Verfassungsrechtliche Vorgaben für sozialrechtliche Regelungen". Des weiteren nahm an der Diskussion teil: Dipl.-Kfm., Dipl.-Pol. R. Strehl, Tübingen. Tagungsleitung: Professor Dr. C. F. Gethmann.

    Mitglieder der Arbeitsgruppe
    Sprecher
    Prof. Dr. C.F. Gethmann (Philosophie) (OM) Europäische Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH
    Mitglieder
    Prof. Dr. P. B. Baltes (Psychologie) (OM) Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
    Prof. Dr. W. Gerok (Medizin) (AOM) Universitätsklinikum Freiburg i. Br.
    Prof. Dr. H. Helmchen (Medizin) (OM) Universitätsklinikum FU Berlin
    Prof. Dr. K.-D. Henke (Volkswirtschaftslehre), TU Berlin
    Prof. Dr. J. Mittelstraß (Philosophie) (OM) Universität Konstanz
    Prof. Dr. P. Neuhaus (Medizin), Humboldt-Universität Berlin, Charité
    Prof. Dr. Dr. H.-H. Raspe (Medizin/Soziologie), Universität Lübeck
    Prof. Dr. J. Reich (Medizin) (OM), Max-Delbrück-Centrum, Berlin
    Prof. Dr. E. Schmidt-Aßmann (Rechtswissenschaft) (OM) Universität Heidelberg
    Prof. Dr. G. Stock (Medizin) (OM) Schering AG, Berlin
    Prof. Dr. J. Taupitz (Rechtswissenschaft), Universität Mannheim

    Kontakt:
    Prof. Dr. C.F. Gethmann
    Europäische Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH
    Wilhelmstraße 56
    53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler
    Tel.: 02641-973300
    Fax: 02641-973320


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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