Es ist soweit: Am 15. Mai werden die beiden Brunnen auf dem Geschwister-Scholl-Platz vor der Neuen Aula feierlich enthüllt. Damit endet ein langes Kapitel in der Geschichte dieses Platzes, der die Tübinger zeitweise heftig bewegt hat.
Die Geschichte des Platzes ist kurz erzählt: Er entstand 1845 zusammen mit der Neuen Aula als Vorplatz und Gartenanlage des neuen Universitäts-Hauptgebäudes. 1877 wurden die beiden Brunnen aufgestellt; sie waren das Geschenk der Stadt Tübingen zum 400. Geburtstag der Universität. Mit der Erweiterung der Neuen Aula 1931 wurden die Brunnen jedoch wieder entfernt, denn die Universitäts-
leitung wollte damals - ganz im Stil der Neuen Sachlichkeit - ein möglichst übersichtliches Areal vor ihrem Hauptgebäude haben. Die Nazis fanden das neu geräumte Gelände praktisch und nutzten es als Aufmarschplatz. Nach einem flämischen Schlachtort im 1. Weltkrieg nannten sie ihn "Langemarck-Platz". Zur Erinnerung an die studentische Widerstandsgruppe "Weiße Rose", von deren Mitgliedern einige auch in Tübingen studiert hatten, wurde der Platz nach dem Krieg in "Geschwister-Scholl-Platz" umgetauft. Das Schicksal der beiden Brunnen ist bis heute unbekannt.
Pläne, den Platz neu zu gestalten, gab es seit Kriegsende viele. Die Umsetzung dieser Ideen scheiterte jedoch lange Zeit an der Alternative "Park oder Parken".
Die Variante "Park"
Warum nicht aus dem Tübinger Uni-Campus eine weiträumige Parkanlage machen, in der sich Studierende und Professoren gleichermaßen ungestört ihren Studien hingeben können? so fragte sich Paul Baumgarten, der Erbauer der Mensa und des Kupferbaus, und gewann mit dieser Idee in den 60-er Jahren einen Preis beim Wettbewerb zur städtebaulichen Neustrukturierung des Campus. Zur Umsetzung dieses Plans kam es allerdings nicht, denn Baumgartens Entwurf hatte einen kleinen Schönheitsfehler: Man hätte das ehemalige Kanzlerhaus, die Alte Physik und das damalige Archäolo-
gische Institut abreißen und die Wilhelmstraße stilllegen müssen...
Die Alternative: "Parken"
Da der Platz 1977 immer noch in gewohnter Hässlichkeit erstrahlte, versuchte die Stadt Tübingen zum 500. Geburtstag der Universität Fakten zu schaffen: Sie schenkte der Universität einen Brunnen, der auf dem Geschwister-Scholl-Platz aufgestellt werden sollte. 200.000 DM wollte die Kommune dafür ausgeben.
Erstaunlicherweise scheiterte dieses großzügige Angebot am Parkplatzprivileg einiger Professoren, die sich an die kurzen Wege zwischen Lenkrad und Katheder gewöhnt hatten und von ihrem Recht auf kurze Wege auch nicht abgehen wollten. In letzter Minute und nach einer hitzigen Debatte im Tagblatt wurde der Auftrag für die Neugestaltung des Platzes storniert. Immerhin hatte man von Seiten der Universität ein schlechtes Gewissen: Wenige Wochen nachdem der Auftrag rückgängig gemacht worden war, versicherte der Leiter des Universitätsbauamts, vor der Neuen Aula solle "auf jeden Fall" wieder ein ursprünglicher Platz entstehen: "sei es nun im klassizistischen Zustand oder in einem späteren mit Brunnen". Den letzten Anstoß zur Verwirklichung der Neuplanung gab schließlich das 75. Gründungsjubiläum der Vereinigung der Freunde und Förderer der Universität Tübingen 1999. Deren Spendenzusage von 400.000 DM, mit der die Neugießung der Brunnen finanziert werden sollte, veranlasste das Land, die Baukosten für den Umbau des Platzes in Höhe von 1,1 Mio. DM zu übernehmen.
Wie sieht der neue Platz aus? Die Brunnen sind bislang noch geheimnisvoll verpackt.
Über die technischen Details ist dennoch schon einiges aus dem Universitätsbauamt zu erfahren. Der Durchmesser der Brunnen beträgt jeweils 8 m. In jeder der Brunnenschalen befindet sich 12,2 Kubikmeter Wasser. Pro Brunnen werden 2,5 Liter pro Sekunde umgewälzt (das sind 9.000 Liter in der Stunde). In der Mitte der Anlage befindet sich die Hauptbrunnenstube mit der Zentralstation. Sie beträgt 4,50 x 4,50 m und ist 2,50 m hoch. In ihr ist die ganze Technik aufgehoben: die Pumpen, die Elektroverteilung, eine Entsalzungs-, Entkalkungs- und Entkeimungsanlage und die Speichergefäße für das Wasser. Insgesamt werden 3 Kubikmeter Wasser durch die Anlage geschleust. Unter den Brunnen ist jeweils ein Kontrollschacht von 2x2 m angebracht, um Probleme beim Wasserumlauf zu verhindern. Es handelt sich um ein geschlossenes Kreislaufsystem, das laufend gereinigt wird, das Wasser ist jedoch kein Trinkwasser.
Die Brunnen sind nach Zeichnungen der Schwäbischen Hüttenwerke GmbH von der Kunstgießerei Strassacker in Süßen hergestellt worden. Die Vorgabe an die Kunstgießerei lautete, die Objekte in traditioneller Technik herzustellen - keine einfache Sache, aber, wie Verkaufsleiter Ralph Kobza versichert, eine Herausforderung, der man sich gerne gestellt habe. Schließlich ist die Firma spezialisiert auf Metallgießerei für künstlerische und sakrale Skulpturen. Der komplizierteste Abschnitt der ganzen Arbeit war, aus einem historischen Kupferstich die Modelle für die Gießerei zu entwickeln - alles andere sei Routine gewesen. Der Platz selbst ist durch in Farbe, Material und Verlegeart variierende Plasterbeläge symmetrisch unterteilt und bietet den Spaziergängern Geh- und Ruhezonen. Durch die niedrigen Pflanzeneinfassungen soll die zentrale Achse von der Wilhelmstraße zum Portal der Neuen Aula betont werden. Schöne Aussichten also - nicht nur für die Juristen! Auch für die Fahrradfahrer, die seit 1990 das alleinige Parkrecht auf dem Geschwister-Scholl-Platz hatten, gibt es eine Lösung : Es wurde bereits ein anderer Abstellplatz auf der Rückseite der Neuen Aula gefunden ... Nun kann also nicht mehr viel schief gehen: Ab 15.Mai speien die Brunnen Wasser.
Das Programm der Einweihungsfeier finden Sie in der Anlage.
E I N L A D U N G
zur Brunneneinweihung
auf dem neugestalteten Geschwister-Scholl-Platz
Neue Aula, Tübingen, Wilhelmstr. 7
Dienstag, 15. Mai 2001, 18 Uhr
P R O G R A M M
Musikstück
Begrüßung und Baugeschichte
Ernst Werner Briese
Leitender Baudirektor, Amtsleiter des VBA Tübingen
Edith Strassacker
Kunstgiesserei Strassacker
Grußworte
Professor Dr. Dr. h.c. Eberhard Schaich
Rektor der Eberhard Karls-Universität Tübingen
S.K.H. Carl Herzog von Württemberg
Vorsitzender der Vereinigung der Freunde der Universität Tübingen e. V.
Frau Brigitte Russ - Scherer
Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Tübingen
Inbetriebnahme der Brunnen
Musikstück
Anschließend Brunnenfest auf dem Geschwister-Scholl-Platz mit Getränken und Imbiss.
Bilder und ein kurzer Film zur Brunnenaufstellung unter: www.uni-tuebingen.de/uni/qvo/index.html
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Bauwesen / Architektur, Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Musik / Theater
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Organisatorisches
Deutsch
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