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15.05.2001 09:59

Subsistenzlandwirtschaft in Mittel- und Osteuropa

Dr. Klaus Reinsberg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa

    Das Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa organisierte vom 6. - 8. Mai ein Seminar zum Problem der Subsistenzlandwirtschaft in Mittel- und Osteuropa. Über 40 Teilnehmer aus Europa und den USA diskutierten Ansätze für Forschung und Politik.

    "Subsistence Agriculture in Central and Eastern Europe: How to Break the Vicious Circle?" - unter diesem Titel fand vom 6.-8. Mai am Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) in Halle ein internationales Seminar statt. Unter der Schirmherrschaft der European Association of Agricultural Economists (EAAE) diskutierten über 40 Wissenschaftler aus Europa und den USA über ein in den Transformationsländern Mittel- und Osteuropas weitverbreitetes Phänomen: die Subsistenzwirtschaft. Diese Form der kleinbetrieblichen Landwirtschaft bietet eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln in den oft von Arbeitslosigkeit und Sozialabbau gekennzeichneten ländlichen Räumen der Transformationsländer. Obwohl die Nahrungsproduktion für den Eigenbedarf kurzfristig eine durchaus rationale Überlebensstrategie darstellt, bedeutet Subsistenzlandwirtschaft letztlich einen Verzicht auf Wohlfahrtsgewinne durch Handel und Spezialisierung und eine hohe Krisenanfälligkeit, da Versorgungsengpässe nicht über den Markt beseitigt werden können.
    Über die Subsistenzwirtschaft in Mittel- und Osteuropa lagen trotz ihrer erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung bis jetzt nur wenige wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Entsprechend groß war die Resonanz auf das Seminar und die Diskussionsbereitschaft der Teilnehmer. In der ersten Sitzung wurde ein theoretischer und empirischer Überblick über die Subsistenzlandwirtschaft gegeben. Prof. Dr. Franz Heidhues und Dr. Michael Brüntrup von der Universität Hohenheim diskutierten wissenschaftliche Ansätze zur Beschreibung und Erklärung der Subsistenzlandwirtschaft. Ihre Analyse konzentrierte sich auf Transaktionskosten sowie Risiko und Unsicherheit, welche die Hauptprobleme für die Entwicklung von der subsistenz- zur marktorientierten Landwirtschaft sind. Prof. Dr. Jozsef Benedek, Babes-Bolaj Universität, Rumänien und Dr. Vladimir Yefimov, Frankreich, stellten zwei Typen von Subsistenzlandwirtschaft in Osteuropa gegenüber: einerseits die kleinbäuerliche autonome Landwirtschaft, die typisch für Rumänien ist und dort im Rahmen der wirtschaftlichen Krisen in der Transformation entstand, andererseits die für Russland und die Ukraine typische Kleinbauernwirtschaft, die seit Jahrzehnten unverändert eine Symbiose mit Großbetrieben - früher Kolchosen oder Sowchosen, heute Kapitalgesellschaften - eingeht.
    Im zweiten Teil des Seminars wurde die Bedeutung des institutionellen und technologischen Wandels für die Weiterentwicklung von Subsistenzbetrieben diskutiert. Prof. Dr. Zvi Lerman von der Weltbank betonte die Notwendigkeit funktionierender Land- und Kreditmärkte, aber auch die Wichtigkeit der Kooperation von Betrieben und der Ausbildung und Beratung im Entwicklungsprozess. Die sich anschließenden Präsentationen unterstrichen dies, verwiesen aber gleichzeitig auf die entscheidende Rolle des Zugangs zu In- und Outputmärkten.
    Die dritte Sitzung des Seminars stand im Zeichen der Systemanalyse und der Modellierung von Subsistenzbetrieben. Prof. Dr. Ernst-August Nuppenau von der Universität Giessen stellte ein Sektormodell vor, das die Bedeutung der vor- und nachgelagerten Bereiche, insbesondere der Verarbeitung und Vermarktung, hervorhob. Ein Allgemeines Gleichgewichtsmodell für Russland präsentierte Dr. Peter Wobst vom IFPRI, Washington. Dieses Modell bildet die in der Vergangenheit zu beobachtenden wirtschaftlichen Schocks und mögliche Politikmaßnahmen sowie deren Auswirkung auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft ab.
    Den Abschluss bildete eine Diskussion möglicher Politikmaßnahmen zur Verbesserung der Situation von Subsistenzbetrieben. Prof. Dr. Joachim von Braun vom Zentrum für Entwicklungsforschung in Bonn lehnte eine "Laissez-faire-Strategie" ab. Er forderte vielmehr eine Politik, die auf eine Reduktion von Risiko und eine angemessene Besteuerung von landwirtschaftlichen Betrieben abzielt, sowie verstärkte Forschungsanstrengungen in diesem Bereich.
    In der Folge dieses Seminars ist die Herausgabe eines Tagungsbandes geplant. Außerdem wird sich ein Forschungsteam, bestehend aus Wissenschaftlern des IAMO und der University for National and World Economy in Sofia, Bulgarien, unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Frohberg und Prof. Dr. Plamen Mishev weiter mit den sozialen und wirtschaftlichen Aspekten der Subsistenzwirtschaft beschäftigen.


    Weitere Informationen:

    http://www.landw.uni-halle.de/iamo/iamo_frames.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Tier / Land / Forst, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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