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11.11.2009 19:00

Exoplaneten lösen Rätsel der Sonnenchemie

Dr. Markus Pössel für das ESO Science Outreach Network Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Astronomie

    ESO Pressemitteilung Wissenschaft 42/09: Eine Studie an hunderten von Sternen mit dem HARPS-Spektrografen der ESO weist auf eine Vebindung zwischen dem "Lithiumrätsel" der Sonnenchemie - dem Umstand, dass unser Heimatstern unerwartet geringe Mengen von Lithium enthält - und dem Vorhandensein von Planetensystemen um Sterne hin. Die Astronomen fanden heraus, dass sonnenähnliche Sterne, die ein Planetensystem besitzen, das in ihnen enthaltene Lithium deutlich schneller in andere Elemente umwandeln als planetenlose Sterne. Dies wirft nicht nur neues Licht auf ein altes Rätsel der Sonnenchemie, sondern zeigt auch einen hocheffizienten Weg auf, um Sterne mit Planetensystemen ausfindig zu machen.

    "Fast zehn Jahre lang haben wir uns bemüht, herauszufinden, wie sich Sterne, die ein Planetensystem besitzen, von ihren unfructhbaren Cousins unterscheiden", sagt Garik Israelian, Erstautor der Studie, die in dieser Woche in der Zeitschrift Nature erscheint. "Jetzt haben wir herausgefunden, dass der Lithiumgehalt sonnenähnlicher Sterne davon abhängt, ob die Sterne von Planeten umkreist werden oder nicht."

    Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die Sonne im Vergleich mit sonnenähnlichen Sternen nur geringe Mengen des leichten chemischen Elements Lithium enthält - doch eine Erklärung für diese Anomalie fehlte. Die Entdeckung, dass geringer Lithiumgehalt charakteristisch für Sterne ist, die ein Planetensystem haben, legt nahe, worin des Rätsels Lösung besteht: "Damit ist die Erklärung für dieses 60 Jahre alte Rätsel recht einfach", so Israelian: "Der Sonne fehlt das Lithium, weil sie Planeten besitzt."

    Diesen Schluss ziehen die Forscher aus der Analyse von 500 Sternen, von denen 70 von Planeten umkreist werden. Die meisten der Sterne wurden über mehrere Jahre mit dem High Accuracy Radial Velocity Planet Searcher (wörtlich der "Planetensucher für hochpräzise Radialgeschwindigkeitsmessungen") überwacht. Dieser Spektrograf, besser bekannt unter dem Akronym HARPS, ist eines der am 3,6-Meter-Teleskop der ESO installierten Instrumente, und der weltweit erfolgreichste Planetenjäger. "Dies ist die beste bislang verfügbare Stichprobe um zu verstehen, was Sterne, die ein Planetensystem besitzen, auszeichnet", so die Aussage von Koautor Michel Mayor.

    Die Astronomen betrachteten insbesondere sonnenähnliche Sterne, die ein Viertel der Stichprobe ausmachen. Sie fanden, dass die Mehrheit der Sterne, die von Planeten umkreist werden, weniger als ein Prozent des Lithiumgehalts der meisten anderen Sterne aufwiesen. "Genau wie unsere Sonne waren auch diese Sterne sehr effizient, als es darum ging, das Lithium, das sie bei ihrer Entstehung enthielten, zu zerstören" sagt Nuno Santos, ein weiteres Mitglied der Forschergruppe. "Mit Hilfe dieser einzigartigen großen Stichprobe konnten wir zeigen, dass das Fehlen von Lithium nicht mit irgendeiner anderen Eigenschaft der betreffenden Sterne - etwa ihrem Alter - zusammenhängt."

    Lithium hat einen sehr leichten Atomkern, der aus nur drei Protonen und vier Neutronen besteht. Die meisten chemischen Elemente leichter als Eisen werden im Inneren von Sternen erzeugt. Die leichten Atomkerne Lithium, Beryllium und Bor entstehen dort allerdings nicht in nennenswerten Mengen. Was wir im Kosmos an Lithium finden ist den heutigen Modellen zufolge kurz nach dem Urknall entstanden, also vor rund 13,7 Milliarden Jahren. Die meisten Sterne haben daher einen sehr ähnlichen Lithiumgehalt - es sei denn, beachtliche Mengen dieses Elements sind bei Prozessen im Sterninneren zerstört worden.

    Die neuen Ergebnisse zeigen eine Methode auf, wie Astronomen effektiver als bisher nach Planetensystemen suchen können: Anhand des Lithiumgehalts eines Sterns lässt sich entscheiden, ob sich aufwändigere Beobachtungen überhaupt lohnen.

    Nun, da der Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Planeten und besonders geringem Lithiumgehalt bekannt ist, gilt es, die physikalischen Mechanismen aufzuklären, die dahinterstecken. "Es gibt verschiedene Weisen, wie ein Planet die Bewegung von Materie im Inneren seines Heimatsterns stören, so die Verteilung der verschiedenen chemischen Elemente beeinflussen und möglicherweise die Zerstörung von Lithium herbeiführen kann. Nun sind die Theoretiker gefragt, welche der Möglichkeiten am wahrscheinlichsten ist," schließt Mayor.

    Hintergrundinformationen

    Die zugehörige Fachveröffentlichung, G. Israelian et al., "Enhanced lithium depletion in Sun-like stars with orbiting planets", erscheint am 12. November 2009 in Nature.

    Die beteiligten Astronomen sind Garik Israelian, Elisa Delgado Mena, Carolina Domínguez Cerdeña und Rafael Rebolo (Instituto de Astrofisíca de Canarias, La Laguna, Teneriffa), Nuno Santos und Sergio Sousa (Centro de Astrofisica, Universidade de Porto, Portugal), Michel Mayor und Stéphane Udry (Observatorium Genf) und Sofia Randich (INAF, Osservatorio di Arcetri, Florenz).

    Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 14 Mitgliedsländer: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO das European Extremely Large Telescope (E-ELT) für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, mit 42 Metern Spiegeldurchmesser ein Großteleskop der Extraklasse.

    Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

    Kontaktinformationen

    Garik Israelian
    Insitituto de Astrofisica de Canarias, Teneriffa
    Tel.: + 34 922 60 5258
    E-Mail: gil (at) iac.es

    Nuno Santos, Sergio Sousa
    Centro de Astrofisica da Universidade do Porto, Portugal
    Tel.: +351 226 089 893
    E-Mail: Nuno.Santos (at) astro.up.pt, sousasag (at) astro.up.pt

    Michel Mayor, Stéphane Udry
    Observatorium Genf
    Tel.: +41 22 379 22 00
    E-Mail: Michel.Mayor (at) obs.unige.ch, Stephane.Udry (at) obs.unige.ch


    Weitere Informationen:

    http://www.eso.org/public/outreach/press-rel/pr-2009/pr-42-09.html (ab 11.11.): Englischsprachige Version der Pressemitteilung mit weiterführenden Links und Zugang zu hochaufgelöstem Bild (für Zugang vor dem 11.11. wenden Sie sich bitte an hboffin@eso.org).


    Bilder

    Junger Stern, um den sich ein Planetensystem bildet (künstlerische Darstellung). Die neue Studie zeigt, dass der Umstand, dass ein sonnenähnlicher Stern ein Planetensystem besitzt, mit seinem Gehalt an Lithium zusammenhängt.
    Junger Stern, um den sich ein Planetensystem bildet (künstlerische Darstellung). Die neue Studie zei ...
    Bild: ESO/L. Calçada
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Englisch


     

    Junger Stern, um den sich ein Planetensystem bildet (künstlerische Darstellung). Die neue Studie zeigt, dass der Umstand, dass ein sonnenähnlicher Stern ein Planetensystem besitzt, mit seinem Gehalt an Lithium zusammenhängt.


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