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16.05.2001 08:41

Jean Pauls Exzerpthefte: Privatenzyklopädie und Kuriositätenkabinett

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Lange Zeit lagen die Exzerpthefte, die fast ein Drittel des Nachlasses von Jean Paul ausmachen, weitgehend unbeachtet in der Berliner Staatsbibliothek. Doch nun ist ihre wissenschaftliche "Rettung" in vollem Gange: An der "Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition" der Universität Würzburg besorgt Dr. Michael Will die Entzifferung und digitale Edition dieser riesigen Textsammlung.

    "Bei Feuer sind die schwarzeingebundnen Exzerpten zuerst zu retten." Mit dieser Anweisung, in einem Brief an seine Frau gerichtet, machte der Schriftsteller Jean Paul (1763-1825) im Jahr 1812 deutlich, welch großen Wert er seinen gesammelten Lesefrüchten beimaß. Kein Wunder, steckt in diesen Aufzeichnungen doch die Quintessenz der jahrelangen Lektüre von Hunderten von Büchern, Zeitschriften und anderen Publikationen.

    Der hohen Wertschätzung, die Jean Paul seinen Exzerptheften angedeihen ließ, wollte man sich allerdings nicht zu allen Zeiten anschließen: Als der Schwiegersohn des Schriftstellers die Bände öffentlich zum Verkauf anbot, fand sich kein einziger Interessent. Aber immerhin blieben die Manuskripte vom Feuer verschont, und auch die Auslagerung im Zweiten Weltkrieg und die zwischenzeitliche Verschleppung nach Moskau konnten ihnen nichts anhaben.

    Nun werden die Hefte an der Universität Würzburg bearbeitet. Initiator und Leiter des Projekts ist Prof. Dr. Helmut Pfotenhauer, Lehrstuhlinhaber am Institut für deutsche Philologie und Präsident der Jean-Paul-Gesellschaft. Zwei Jahre lang hatte die Fritz Thyssen-Stiftung (Köln) diese Unternehmung gefördert, die seit Anfang 2001 nun von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt wird. Ende 2003 soll das Projekt abgeschlossen sein.

    Über 12.600 Seiten Exzerpte trug Jean Paul, Autor des "Hesperus" und des "Titan", des "Schulmeisterlein Wuz" und der "Rede des toten Christus", bis zu seinem Lebensende zusammen. Die in über 100 Einzelbänden festgehaltenen, fast 100.000 Einzeleinträge aus allen nur denkbaren Wissensgebieten dokumentieren auf wohl einmalige Weise den Wissenshorizont und die Interessenvielfalt eines Großen der deutschen Literatur. Vor allem aber waren sie für Jean Paul, der eigentlich Johann Paul Friedrich Richter hieß, ein unerschöpfliches Reservoir: Aus diesem zog er immer wieder Material und Anregungen für die zahlreichen ebenso gelehrten wie kuriosen Anspielungen und Vergleiche in seinen Romanen und anderen Schriften.

    Damit in Zukunft die Editoren, Kommentatoren und Leser Jean Pauls diesen Arbeitsprozess besser nachvollziehen können, macht Dr. Will die Exzerpthefte in Form einer XML-basierten digitalen Edition (CD-ROM) zugänglich. Sie wird es ermöglichen, die Texte in kürzester Zeit nach Stichwörtern, Namen und bibliographischen Daten zu durchsuchen und die Frage "Woher hat's der Dichter?" in vielen Fällen zuverlässig zu beantworten.

    Die digitale Edition macht es schon jetzt möglich, dass die Würzburger Wissenschaftler bei der neuen, historisch-kritischen Werkausgabe, die derzeit an der "Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition" in Form eines Pilotbandes zu Jean Pauls Erfolgsroman "Hesperus" vorbereitet wird, aus dem Vollen schöpfen können.

    Weitere Informationen: Dr. Michael Will, T (0931) 888-5609, Fax (0931) 888-4616, E-Mail:
    michael.will@mail.uni-wuerzburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-wuerzburg.de/germanistik/neu/jp-arbeitsstelle/


    Bilder

    Der Schriftsteller Jean Paul nach einem Porträt von Lorenz Kreul (1823).
    Der Schriftsteller Jean Paul nach einem Porträt von Lorenz Kreul (1823).

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    In Schmuckschrift: Das Titelblatt von Jean Pauls erstem Exzerptheft (1778). Foto: Will
    In Schmuckschrift: Das Titelblatt von Jean Pauls erstem Exzerptheft (1778). Foto: Will

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Der Schriftsteller Jean Paul nach einem Porträt von Lorenz Kreul (1823).


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    In Schmuckschrift: Das Titelblatt von Jean Pauls erstem Exzerptheft (1778). Foto: Will


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