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25.05.2001 00:00

Hörscreening bei Neugeborenen endlich einführen

Dipl. Biol. Barbara Ritzert Pressearbeit
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    Ab Sommer diesen Jahres wird an allen 18 Geburtskliniken in Hamburg das Hörvermögen der Neugeborenen getestet. Nach umfangreichen Vorarbeiten will ein Arbeitskreis aus HNO-, Kinder-, Frauenärzten und Pädaudiologen nicht mehr akzeptieren, dass die Krankenkassen die Kostenübernahme für das Screening beharrlich ablehnen. Dieses soll darum mit Spenden finanziert wer-den. Auf ihrer Jahresversammlung fordern die HNO-Ärzte, das Hörscreening bei allen Neugeborenen endlich bundesweit einzuführen.

    (Hamburg) In Deutschland kommen pro Jahr etwa 1400 Kinder mit einem Hörscha-den zur Welt. Betroffen sind zwei bis fünf von 1000 Neugeborenen. "Hörstörungen", erklärt Professor Ulrich Koch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, "sind damit die häufigste angeborene Erkrankung überhaupt." Und die hat gravierende Folgen, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt wird.

    Ist der Hörsinn beeinträchtigt, behindert dies den Spracherwerb. Probleme bei der kommunikativen, emotionalen, intellektuellen und sozialen Entwicklung sind die
    Folge. Vermeidbar ist dies nur, wenn Hörschäden vor dem 6. Lebensmonat diagnos-tiziert und die Kinder mit Hörgerät oder einer künstlichen Hörschnecke (Cochlear Implant) versorgt werden.

    "Selbst wenn Eltern alle Vorsorgeuntersuchungen bei ihren Kindern wahrnehmen, werden Hörstörungen in Deutschland jedoch zur Zeit erst zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr entdeckt", kritisiert Dr. Jochen Bretschneider von der Hamburger Universitäts-Hals-Nasen-Ohrenklinik. Dies ist eindeutig zu spät: Die Kinder können dann ihren Entwicklungsrückstand nicht mehr aufholen. In anderen EU-Ländern, etwa Belgien, Österreich und Holland sowie in den meisten US-Bundesstaaten wird dem schon lange Rechnung getragen: Dort wird das Hörvermögen von Neuge-borenen kurz nach der Geburt routinemäßig getestet.

    Prinzipiell stehen dazu zwei für die Babys nicht belastende Techniken zur Verfügung: Zum einen können die "otoakustischen Emissionen" genannten Eigengeräusche des Hörorgans auf einen akustischen Reiz gemessen werden. Beim so genannten ABR-Screening (ABR = auditory brainstem response) werden die elektrischen "Antworten" von Hörnerv und unterer Hörbahn mit Elektroden abgeleitet. Der ABR-Test ist empfindlicher, die Geräte dafür aber teurer.

    Von August 1999 bis Oktober 2000 wurden an der Hamburger Universitätsklinik alle rund 1000 Neugeborenen in einem zweistufigen ABR-Screening untersucht, finanziert mit Spendenmitteln. Die Werner-Otto-Stiftung stellte beispielsweise hunderttausend Mark zur Verfügung.

    In der ersten Screening-Stufe waren 20 Kinder auffällig, 15 wurden nachuntersucht. Bei elf Babys, also einem Prozent aller Neugeborenen, bestätigte sich dabei der Verdacht auf einen Hörschaden. "Wir haben eine maximale Erfassung erreicht, der Aufwand für unnötige Nachuntersuchungen war minimal und die Methode war mit 99,6 Prozent hochspezifisch", resümiert Bretschneider seine Auswertungen. "Und wir konnten vor allem die zentrale Rehabilitation der Kinder gewährleisten."

    Aus Kostengründen wird das Screening nun jedoch modifiziert: "Bei gesunden Neu-geborenen werden wir zunächst die otoakustischen Emissionen bestimmen und nur auffällige Kindern mit einem ABR-Test nachkontrollieren". Nur bei Risiko-Kindern, etwa Frühgeborenen, wollen die Ärzte das zweistufige ABR-Screening beibehalten.

    In Hamburg haben sich nun HNO-, Kinder-, Frauenärzte und Pädaudiologen auf dieses Screening geeinigt. "Nur die Krankenkassen weigern sich beharrlich, die Personalkosten zu übernehmen, die bei rund 16 Mark pro Kind liegen dürften", stellt Bretschneider mit Bedauern fest. Die Kassen wollen zunächst den Abschluss einer so genannten Machbarkeitsstudie für Deutschland in Hannover abwarten. "Doch diese Ergebnisse werden nicht vor 2003 vorliegen", erklärt Bretschneider.

    Darauf wollen die Hamburger Ärzte nicht mehr warten, da internationale Studien die Machbarkeit solcher Untersuchungen schon lange belegt haben. Das Screening soll in Hamburg darum mit Hilfe von Spenden realisiert werden.

    Pressekonferenz
    Freitag, 25. Mai 2001, 13.00 Uhr
    Raum "Planten und Blomen", CCH, Am Dammtor, Hamburg

    Pressestelle: Barbara Ritzert, ProScientia GmbH
    Andecheser Weg 17; 82343 Pöcking; Tel.: 08157/93 97-0; Fax: 08157/93 97-97;
    e-mail: ritzert@proscientia.de

    Rückfragen an:
    Prof. Dr. med. Ulrich Koch und Dr. Jochen Bretschneider
    Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,
    Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
    Martinistraße 52, 20246 Hamburg,
    Tel.: 040-42803-2360; Fax: 040-42803-6319
    e-mail: u.koch@uke-uni-hamburg.de
    Pressekonferenz
    Freitag, 25. Mai 2001, 13.00 Uhr
    Raum "Planten und Blomen", CCH, Am Dammtor, Hamburg


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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