Vom 8. bis 10. Juni findet in Magdeburg eine internationale Konferenz statt, die der wissenschaftshistorischen Aufarbeitung der Geschichte und Entwicklung von Psychoanalyse und Psychotherapie in Osteuropa von den Anfängen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart gewidmet ist.
Nach den politischen Veränderungen in Osteuropa zu Beginn der 90er Jahre erlebt die Psychoanalyse in diesen Ländern eine Renaissance. Fast überall kann sie auf Traditionen zurückgreifen, die in Westeuropa nur wenig oder gar nicht bekannt sind. Für Soziologen, Historiker, Psychoanalytiker und Wissenschaftshistoriker in Westeuropa ist es außerordentlich wichtig, mehr über die Entwicklung der Psychoanalyse in Osteuropa zu erfahren und mit deren Vertretern ins Gespräch zu kommen.
Von besonderer Bedeutung ist die Entwicklung in Russland, weil dort seit 1908 Psychoanalyse betrieben wurde und heute 18 Institute und mehr als 50 Organisationen bestehen, die die Psychoanalyse zum Gegenstand ihrer Forschung und praktischen Tätigkeit gemacht haben.
Ein Erlass des Präsidenten der Russischen Föderation hebt die Bedeutung der Psychoanalyse für die Entwicklung des Gesundheitswesens in Russland speziell hervor. Ähnliche Entwicklungen deuten sich auch in den anderen Ländern Osteuropas an.
Eine im April 2000 in Russland von Universität Moskau und der Österreichischen Botschaft veranstaltete Konferenz zum Thema "Freud in der russischen und österreichischen Kultur" hatte zum Ergebnis, dass die westeuropäischen Teilnehmer schockiert waren, wie wenig sie von dem wussten, was in bezug auf Psychoanalyse in Russland praktisch, theoretisch und organisatorisch geschieht.
Noch weniger wissen westeuropäische Wissenschaftler über die Entwicklungen in Bulgarien, Rumänien und dem ehemaligen Jugoslawien. Nur wenig besser ist die Situation in Bezug auf Ungarn, Tschechien und Polen.
Es ist geplant, die Vorträge der Konferenz in einem Sammelband zu veröffentlichen. Es wird das erste Mal sein, dass wissenschaftliche Beiträge zu diesem Themenkreis von den Akteuren selbst außerhalb ihrer Länder veröffentlicht werden. Bisher haben - von wenigen Ausnahmen abgesehen - immer nur westeuropäische und amerikanische Wissenschaftler über Entwicklung und Stand der Psychoanalyse in Osteuropa berichtet.
Die Konferenz wird auch das Verständnis für die Probleme fördern, vor denen Psychoanalytiker in Osteuropa stehen. Sie setzt sich außerdem das Ziel, nicht nur deutsche und europäische Psychoanalytiker zu erreichen, sondern auch Soziologen, Politikwissenschaftler und Historiker einzuladen. Denn die Psychoanalyse hat nicht nur die Entwicklung der Psychotherapie maßgeblich beeinflusst, sondern ist immer auch Gegenstand politischer Auseinandersetzungen gewesen.
Referenten aus Bulgarien, Jugoslawien, Kroatien, Polen, Rumänien, Russland, Tschechien, Ungarn werden über Schüler Freuds, politisch motivierte Widerstände gegen die Psychoanalyse und die gegenwärtige Situation von Ausbildung und Forschung in ihren Ländern berichten. Auch die Entwicklung in Ostdeutschland von der Zeit vor dem 1. Weltkrieg über die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die DDR wird Gegenstand eines Vortrags sein.
Am Samstag Nachmittag werden die Tagungsteilnehmer mit einem Bus zur Freud-Ausstellung nach Uchtspringe fahren. Diese Ausstellung zeigt neben persönlichen Gegenstände Freuds Briefe, Manuskripte, Bücher aus seiner Bibliothek und Stücke aus seiner archäologischen Sammlung.
Website der Freud-Ausstellung: http://www.uchtspringe.de/frdaus.html
Tagungsort der Konferenz:
Zentraler Hörsaal, Universitätsklinikum,
Leipziger Strasse 44, 39120 Magdeburg
Tagungssekretariat und Anmeldungsadresse:
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Leipziger Str. 44, D-39120 Magdeburg
e-mail: joerg.frommer@medizin.uni-magdeburg.de
Tel.: 0391/6714201; Fax: 0391/6714202
Anmeldung über Internet:
http://www.uchtspringe.de/anmeldung.html
Die Tagung steht unter der Schirmherrschaft Ministerpräsident Reinhard Höppner. Sie wird finanziell unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Veranstaltung erfolgt in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Magdeburg der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), dem Förderverein für Psychosomatische Medizin e.V., Magdeburg, und dem Zentrum für Qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung an den Universitäten Halle und Magdeburg.
Referenten:
Nikola Atanassov, Dr. phil., Institut für Psychologie, Bulgarische Akademie der Wissenschaften, Sofia.
Heike Bernhardt, Psychotherapeutin, Berlin.
Pawel Dybel, Prof. Dr., Institut für Philosophie und Soziologie, Universität Warschau.
Ferenc Erös, Prof. Dr., Institut für Psychologie der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest.
Alexander Etkind, Prof. Dr., Europäische Universität, St. Petersburg.
Liljana Filipovic, Dr. phil., Film- und Theaterakademie Zagreb
Jörg Frommer, Prof. Dr., Abteilung für Psychosomatische Medizin am Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.
Gordana Jovanovic, Dr. phil., Institut für Psychologie, Universität Belgrad.
Regine Lockot, Dr.phil., Psychoanalytikerin, Berlin.
Michael Sebek, Prof. Dr. med., Psychoanalytiker, Prag.
Christfried Tögel, Prof. Dr., Sigmund-Freud-Zentrum Uchtspringe.
Vasile Zamfirescu, Prof. Dr., Rumänische Psychoanalytische Vereinigung
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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