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22.01.1997 00:00

Ökonomisches zum EU-VW-Streit

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 22.01.1997 Nr. 17

    OEkonomisch nicht gerechtfertigt

    Keine Sonderstellung fuer Ostdeutschland im EU-Beihilfenrecht

    RUB-OEkonom argumentiert wirtschaftlich im EU-VW-Streit

    Der Streit um die von der EU-Kommission verbotene Beihilfe an die Volkswagen AG in Sachsen ist bislang nur mit juristischen Argumenten gefuehrt worden. Dabei geht es um die Grundsatzfrage, ob Ostdeutschland aufgrund Art. 92,2c EG-Vertrag eine Sonderstellung im EU-Beihilfenrecht beanspruchen kann und daher grosszuegigere Beihilfen als in anderen europaeischen Regionen vergeben werden duerfen. Ob es berechtigt ist, Sachsen in dieser Frage bevorzugt zu behandeln, untersucht nun erstmals Dipl.-OEkonom Rainer Waniek unter oekonomischen Gesichtspunkten. Seine Argumente hat er in der Zeitschrift ,Wirtschaftsdienst" veroeffentlicht. Dr. Waniek ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Paul Klemmer am Lehrstuhl fuer Wirtschaftspolitik, Fakultaet fuer Wirtschaftswissenschaft der RUB.

    Arbeitslosigkeit im EU-Vergleich sticht nicht

    Anhand der neuesten Arbeitslosigkeits-Statistiken von EUROSTAT zeigt der Bochumer OEkonom, dass die ostdeutschen Regionen im europaeischen Vergleich keineswegs eine Spitzenstellung einnehmen. Sie befinden sich zwar im oberen Drittel der Arbeitslosigkeits-Tabelle, diese wird jedoch nach wie vor von spanischen und italienischen Regionen angefuehrt. Lediglich im deutschen Vergleich ergeben sich zwischen West- und Ostdeutschland aehnlich gravierende Unterschiede wie zwischen Norditalien und dem Mezzogiorno.

    Nicht jede Beihilfe ist sinnvoll

    Roland W. Waniek kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Forderung der Bundesregierung und des Freistaats Sachsen nach einer Sonderstellung Ostdeutschlands im EU-Beihilfenrecht oekonomisch nicht gerechtfertigt ist. Nicht jede Beihilfe im Osten ist per se oekonomisch sinnvoll. Vielmehr muss auch bei der Vergabe von Beihilfen in Ostdeutschland beruecksichtigt werden, dass:

    - ein enger und ueberpruefbarer Zusammenhang zwischen Hoehe und Art einer Beihilfe und den Nachteilen der deutschen Teilung in einer Region besteht, und

    - auch ostdeutsche Beihilfen prinzipiell den europaeischen Wettbewerb verzerren und daraus Nachteile fuer die Regionen, Sektoren und Unternehmen anderer EU-Mitgliedslaender entstehen.

    Aber: Entscheidungen in Bruessel nicht immer nachvollziehbar

    Waniek fordert daher auch weiterhin die Beibehaltung der effizienzorientierten Wettbewerbsaufsicht der EU-Kommission ueber ostdeutsche Beihilfen. Dabei muss allerdings das berechtigte deutsche Interesse an einer Angleichung der ostdeutschen an die westdeutsche Wirtschaftskraft beruecksichtigt werden. Dafuer werden jedoch klare Regelungen benoetigt, die fuer Unternehmen und Regierungen einen verlaesslichen Rahmen bilden. Kritisch fuehrt Waniek an, dass die Entscheidungen Bruessels nicht immer nachvollziehbar sind, da die Kommission ihre Kriterien nur teilweise veroeffentlicht und hinter verschlossenen Tueren entscheidet.

    Vorsicht vor Subventionswettlauf

    Die ostdeutschen Regionen muessen bei ihrer Beihilfenvergabe auch das gemeinschaftliche Interesse an einem moeglichst unverfaelschten Wettbewerb beruecksichtigen. Geschieht dies nicht, so besteht die Gefahr, dass die bislang nur muehsam aufrechterhaltene Beihilfendisziplin in der EU lawinenartig zusammenbricht und ein Subventionswettlauf zwischen den EU-Mitgliedsstaaten ins Rollen kommt, der nur noch schwer zu kontrollieren sein wird. Dies kann nicht im Interesse des europaeischen Exportmeisters Deutschland sein.

    ... Wettbewerbsverzerrungen

    Der Autor warnt vor einer Sonderstellung Ostdeutschlands auch in Hinblick auf die kuenftige Ost-Erweiterung der EU: Mit den gleichen Argumenten wie fuer Ostdeutschland lassen sich auch weitgehende Sonderregelungen fuer die neu beitretenden Mitglieder fordern. Angesichts der Schwere der wirtschaftlichen Probleme in Osteuropa wuerde damit jedoch der europaeische Wettbewerb in einem Masse verzerrt, der fuer den Gemeinsamen Binnenmarkt sehr gefaehrlich waere. Dies koennte auch keine deutsche Bundesregierung hinnehmen.

    Quelle

    Roland W. Waniek, ,Die Beihilfenaufsicht der EU im Lichte des Falles Volkswagen Sachsen" in: Wirtschaftsdienst, 76. Jg. (1996), September-Heft, S. 464 - 471

    Weitere Informationen

    Dipl.-OEkonom Roland W. Waniek, Ruhr-Universitaet Bochum, Tel.: 0234/700-5332 oder 0172-2827878


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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