idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.06.1997 00:00

Kongress Facility Management

Gerhard Schmuecker Hochschulkommunikation
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

    Zauberwort oder moderner Unfug?

    Gemeinsamer Kongress ueber Facility Management der FWI, AWI und der Fachhochschule Nuertingen

    NUERTINGEN. (schm) Es sind die Kosten, die den Standort Deutschland so unattraktiv erscheinen lassen und kaum eine Branche kann sich dem Wehklagen darueber entziehen. Dies ist, so scheint es, in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft nicht anders. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hat die moderne Managementtheorie neue Instrumentarien entwickelt. Die Begrifflichkeiten reichen von Lean Management, ueber Out-placement, strategisches Controlling bis hin zu Total Quality Management - die Liste ist lang und vor allem nicht vollstaendig. Ob Industrie oder Dienstleistung, jeder Bereich hat seine eigenen Loesungswege entwickelt und meist wird dafuer auch ein griffiger Begriff gefunden, der um der besseren Ueberzeugungskraft willen aus dem Amerikanischen stammt.

    Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft hat zur Loesung ihrer Kostenprobleme das Facility Management entwickelt, das den Unternehmen der Gewerbeimmobilien und der Wohnungswirtschaft in wirtschaftlich schweren Zeiten den Erfolg sichern soll. Facility Management ist dabei jedoch viel mehr, als eine Methode zur puren Kostensenkung. Zwei Tage lang wurde in Stuttgart waehrend eines Kongresses am 3. und 4. Juni das Thema Facility Management fuer die Wohnungswirtschaft behandelt, der von der Fachhochschule Nuertingen, der Fuehrungsakademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (FWI), Bochum, und der AWI-Akademie der Wohnungs-und Immobilienwirtschaft Baden-Wuerttemberg veranstaltet wurde. Die Fachochschule Nuertingen konnte durch ihre Beteiligung ihre immobilienwirtschaftliche Kompetenz unter Beweis stellen. In der Kooperation mit dem Spitzeninstitut der deutschen Wohnungswirtschaft wird deutlich, dass die Fachhochschule Nuertingen schon heute in der Wohnugswirtschaft eine grosse Rolle spielt. Dies ist umso mehr von Bedeutung, da die Hochschule plant, im kommenden Jahr einen grundstaendigen Studiengang Immobilienwirtschaft am Standort Geislingen einzurichten.

    Das Unverstaendnis ueber den Begriff des Faciltity Management galt es auszuraeumen. Dies herrsche, so Professor Dr. Eduard Maendle, Rektor der Fachhochschule Nuertingen, in der Wohnungswirtschaft immer noch vor, obwohl gerade diese Branche das Facility Management zum Zauberwort des Jahres erkoren habe. Es sei jedoch offensichtlich, dass bei der gesamten Diskussion um Kostensenkung immer nur die Personalkosten den Unternehmenslenkern Kopfzerbrechen bereiten wuerden. Die Kosten, die Gebaeude versursachen wuerden, spieltn dagegen bis heute bei der Kostenanalyse nur eine geringe Rolle. Facility Management sei eine strategische Massnahme, um ueber diese Kosten Klarheit zu bekommen. Ohnehin ist der Nuertinger Hochschullehrer darueber verwundert, wie wenige Unternehmen aller Branchen ihren Erfolg strategisch zu planen versuchen.

    Der Verzicht auf diese strategischen Instrumente kostet die Unternehmen bares Geld. Auf bis zu 30% schaetzt Dr. Eberhard Sasse von der Gesellschaft fuer Facility Management das Einsparpotential in der Wohnungswirtschaft, wenn Facility Management konsequent angewendet wird. Das "Wie" war denn auch die grosse Frage. Dass so viele Unternehmen auf diese heilversprechende Managementtechnik verzichten, liegt wohl auch an dem vorherrschenden Definitionswirrwarr zu diesem Begriff: So ist es, laut Sasse, kein Problem, nach wenigen Minuten bis zu 15 verschiedene Erklaerungen fuer den Begriff Facility Management zu finden. Besonders einleuchtend definierte Dr. Hansjoerg Bach, Professor fuer Immobilienwirtschaft an der Fachhochschule Nuertingen, den Begriff: Es gehe darum die Flexibilitaet der Nutzung von Immobilien, die Arbeitsproduktivitaet und die Kapitalrendite zu verbessern (Anlehnung an die Definition der GEFMA Gesellschaft fuer Facility-Management, Bonn). Damit dies klappt, muesse bereits bei der Planung eines Gebaeudes, ueber die Nutzung, bis hin zu einem Abriss, das Facility Management angewendet werden. "Wer ueberlegt sich heute beim Bau einer Immobilie, wie in 50 Jahren die Baustoffe entsorgt werden koennen? Wer ueberlegt sich schon heute beim Wohnungsbau, dass auch die Kinderzimmer mit Breitbandkabel ausgestattet werden muessen, weil in naher Zukunft auch die Kinder von ihren Eltern einen INTERNET-Zugang haben wollen? Wer legt sich bei der Planung von Aussenanlagen schon gerne mit den Architekten an, um zu vermeiden, dass auf der Grassnarbe Trampelpfade entstehen, weil die Bewohner den direkten Weg zum Hauseingang dem geschwungenen kurvenreichen Entwurf der Gartenplaner vorziehen?" Dies alles seien Dinge, die sich durch Facility Management vermeiden lassen.

    Dr. Juergen Galonska, Geschaeftsfuehrer der FWI, beschrieb ebenfalls den Idealfall, dass bereits bei der Planung eines Gebaeudes Faciltity Management angewendet wird. Dies sei leider nicht in der Realitaet der Fall. Jedoch sei auch bei der Nutzung bestehender Gebaeude die Anwendung sinnvoll. Die Investitionskosten fuer ein Gebaeude machen nur einen Bruchteil der Bewirtschaftungskosten aus, wenn man von einer Lebensdauer von 50 Jahren ausgeht. Erst 20% des Wohnungsbestandes der Wohnungsgesellschaften werden jedoch mit Faciltiy Management bewirtschaftet. Nur so lassen sich jedoch, dies hatte zuvor bereits Eberhard Sasse betont, die Gebaeudekosten transparent darstellen und in den Griff bekommen.

    Aus rein unternehmerischer Sicht, laesst sich mit Facility Management der Wert einer Immobilie stabil halten vor allem jedoch steigern. Auf 12% Gewinn taxiert Volker Nordalm den jaehrlichen Gewinn, den sein Unternehmen VEBA-Immobilien jaehrlich aus dem Wohnungsbestand erzielt. Er lobt Facility Mangement als ein Controlling-Instrument, das vor allem den Gewinn vermehrt. Sein Unternehmen ist inzwischen gar so weit, als Dienstleister fuer andere Eigentuemer die Bewirtschaftung nach Facility Management-Regeln durchzufuehren. Fuer die Deutsche Lufthansa war vor allem die Ausgruendung von Dienstleistungen, das Outsourcing, ein Grund, Facility Management anzuwenden. Peter Haller, der Geschaeftsfuehrer der Lufthansa Gebaeude Management GmbH, konnte dies daran beschreiben, dass sein Unternehmen selbst das Produkt eines solchen Ausgruendungsprozesses ist. Inzwischen tritt seine Firma selbst als Dienstleister am Markt auf, nachdem es sich vom Mutterunternehmen Lufthansa geloest hatte.

    Auch Vertreter der Wohnungswirtschaft, aus dem nichtgewerblichen Bereich, vertraten waehrend des Kongresses die Meinung, dass Facility Management gerade hier bei der Bewirtschaftung hilfreich ist. Siegried Rehberg, vom Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, konnte berichten was passiert, wenn man auf die strategische Wirtschaftsweise verzichtet, er hatte aber auch die Vorteile des Facility Management parat. Von Guenter Adam, dem Direktor der STADT und LAND Wohnbauten-Gesellschaft, Berlin, wurden Multimedia Dienstleistungen vorgestellt, die vor allem das Marketing von Wohnungen verbessern helfen. Ohnehin wurde am zweiten Tag des Kongresses deutlich, wie entsprechende EDV-Loesungen die Einfuehrung von Facility Management unterstuetzen koennen. Da es sich um einen strategischen Planungs- und Entscheidungsprozess handelt, sind die Entscheider staendig auf aktuelle Daten angewiesen, beispielsweise auf Verbrauchsdaten der verschiedenen Versorgungstraeger. Dafuer gibt es entsprechende EDV-Loesungen.

    Unter dem Strich brachte der Kongress viel Licht in das Dunkel um den Begriff Facility Management. Vor allem Professor Bach ermunterte die Teilnehmer, sich nicht bange machen zu lassen. Facility Management ist seiner Meinung nach die umfassende vernetzte Betrachtungsweise der Immobilie und letztlich nichts anderes, als die Rueckkehr zu einem traditionellen Ansatz: "Es geht um Bewirtschaftung und es geht um Service fuer die Bewohner, um nichts anderes geht es!" Dies sei die ureigene Kernkompetenz der Wohnungswirtschaftler, sie muessten nur dahin zurueckkehren. Ueber diese Erkenntnis darf wohl auch nicht der griffige Amerikanismus hinwegtaeuschen.

    5.6.1997, Gerhard Schmuecker

    Foto: Fachhochschule Nuertingen- Neckarsteige 6-10 D-72622 Nuertingen


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).