Zu diesem Thema diskutierten anerkannte Wissenschafts-, Hochschul- und Innovationsforscher aus dem In- und Ausland im Rahmen einer internationalen Konferenz, die vom 11. bis 12. März an der Universität Frankfurt stattfand. Ziel war, die Ergebnisse der am Ende der siebenjährigen Laufzeit stehenden DFG-Forschergruppe "Governance der Forschung" zu validieren und in einen europäischen Kontext zu stellen.
Diskutiert wurde, inwiefern neue Konzepte und Governanceformen sich auf die Forschung und Forschungsförderung auswirken. Konkret ging es um neue Fördermodelle wie den Europäischen Forschungsrat, neue Formen der organisationsinternen Governance geprägt durch das New Public Management, neue Anforderungen an Universitäten von Relevanz, Interdisziplinarität und Internationalität, sowie neue Formen der Doktorandenausbildung.
Kerstin Pull (Universität Tübingen) und Andrea Kottmann (Universität Twente) haben aus unterschiedlicher Perspektive die DFG-geförderten Graduiertenkollegs untersucht und kommen beide zu dem Schluss, dass diese vor allem für die Geisteswissenschaftler einen Unterschied machen: die geisteswissenschaftlichen Kollegs erzielen eine bessere Effizienz durch Interdisziplinarität und die Doktoranden werden in neue Formen der (stärker kollaborativen) Forschung eingeführt.
Dorothea Jansen (FÖV Speyer) und Torben Schubert (ISI Karlsruhe) setzten sich in ihren Beiträgen mit den Wirkungen des New Public Managements auf die Forschungsperformanz auseinander. Ihre Analysen zeigen, dass die wachsende Abhängigkeit von Drittmitteln sich durchaus negativ auf die Leistungsfähigkeit und die Unabhängigkeit der Forschung auswirken kann. Mehr Drittmittel müssen nicht automatisch zu mehr Leistung führen. Die Leistungsfähigkeit einer Forschungsgruppe kann sogar sinken, wenn disziplinspezifische Schwellenwerte des Anteils an Drittmittelforschung überschritten werden. New Public Management (NPM) kann zwar die Leistungsfähigkeit auf der Ebene der Forschung stärken, aber gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des gesamten Forschungssystems schwächen, wenn Wissenschaftler nur noch die geforderten Leistungsindikatoren bedienen.
Barbara Kehm (Universität Kassel), Jürgen Enders (Universität Twente) und Uwe Schimank (Universität Bremen) beobachten zudem eine zunehmende Trennung von Forschung und Lehre: forschungsschwache Wissenschaftler werden in die Lehre gedrängt, was negative Folgen für die Lehre haben könnte.
Christine Musselin (Sciences Po) stellte in ihrem Beitrag die Frage, was New Public Management eigentlich sei: NPM würde auf allen Ebenen und in unterschiedlichen Organisationen unterschiedlich umgesetzt und könnte deswegen nur schwer als homogenes Konzept verstanden werden. Aber auch sie konstatiert Veränderungen, die vor allem die Organisation der Forschung betreffen, die Themenwahl und die Forschungsinhalte werden weniger beeinflusst.
Die Frage, wie Universitäten strukturiert sein müssen um leistungsfähig zu sein, wurde von mehreren Referenten angesprochen: Dieter Sadowski (Universität Trier) kann eine positive Wirkung von einer hohen Universitätsautonomie und einem starken Wettbewerb auf den Platzierungserfolg von Doktoranden im Wissenschaftssystem feststellen. Arie Rip (Universität Twente) und Tembile Kulati (Universität Witwatersrand) unterscheiden in ihrer Analyse zwischen "Classical Elite Universities", "Enterprising Universities" und "Niche occupying universities". Diese entwickeln zwar nach außen unterschiedliche Profile, unterscheiden sich aber nur geringfügig in ihrem internen Management.
Andrea Bonaccorsi (Universität Pisa) stellte in seinem Beitrag die Frage, warum es Deutschland trotz hoher Aufwendungen nicht gelungen sei, führend in der Bio- und in der Informationstechnologie zu werden. Bonaccorsi führt diese Schwäche auf institutionelle Arrangements zurück, die u.a. in einer mangelnden Flexibilität an den organisationalen Grenzen bestehe.
Die Frage, ob einzelne Elemente der Reformen die Aufnahme von risikoreichen, unkonventionellen Forschungslinien verhindere, wurde von mehreren Beiträgen angesprochen und im Plenum heftig diskutiert. Barbara Kehm, Jürgen Enders und Uwe Schimank stellen in ihrem Beitrag fest, dass Forschungsgruppen vermehrt Einschränkungen bei der Wahl risikoreicher Forschungslinien wahrnehmen. Phillipe Larédo (Universitäten Paris/Manchester) diskutiert die Frage, ob der European Research Council "Frontier Research" fördert. Er kommt zu dem Schluss, dass der ERC durch das Peer Review Verfahren eher konservative als risikoreiche Forschung fördere.
Die Konferenz wurde durch zwei rechtswissenschaftliche Beiträge abgerundet: Arne Pilniok (Universität Hamburg) diskutierte rechtswissenschaftliche Perspektiven auf den Wandel der Forschungsförderung aus eine "public-law"-Sicht, Christine Godt (Universität Oldenburg) aus einer "private-law"-Sicht.
Die Beiträge werden in einem Tagungsband veröffentlicht, der noch in diesem Jahr bei Springer erscheinen soll. Herausgeberin ist die Sprecherin der Forschergruppe, Prof. Dr. Dorothea Jansen. Mehr Informationen über die Forschergruppe finden Sie unter: www.foev-speyer.de/governance
Kontakt:
Sprecherin der DFG-Forschergruppe
Univ.-Prof. Dr. Dorothea Jansen
Deutsches Forschungsinstitut für
öffentliche Verwaltung Speyer
Freiherr-vom-Stein-Straße 2
D-67346 Speyer
Tel.: +49(0)6232/654-359
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E-Mail: ls_jansen@foev-speyer.de
Wissenschaftliche Koordinatorin
Insa Pruisken
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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