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11.06.2001 00:00

Institut Arbeit und Technik begleitete Modellversuch "Neunstündiger Berufsschultag" in NRW"

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Unterrichtsmodell aus arbeitswissenschaftlicher Sicht "für effektives Lernen ungeeignet"

    Die Unterrichtsverdichtung von zwei Berufsschultagen zu einem 9-Stunden-Schultag belastet die Schüler sehr und lässt die Lerneffizienz sinken. Schon zu Schulbeginn am Morgen ist die psychische Belastung der Auszubildenden erhöht, in den letzten Stunden lässt die Konzentrationsfähigkeit deutlich nach, Flüchtigkeitsfehler auch bei guten Schülern und unterrichtsstörendes Verhalten nehmen erkennbar zu. Das ergaben Untersuchungen des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) bei der Begleitung des Modellversuchs "Neunstündiger Berufsschultag" in Nordrhein-Westfalen.

    Der Modellversuch ist eines der Modellprojekte, die im Rahmen des nordrhein-westfälischen Ausbildungskonsenses zwischen dem Land, den Arbeitgebern und den Gewerkschaften zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen für Jugendliche in NRW initiiert worden sind. An fünf Berufsschulen in Nordrhein-Westfalen wurde das neunstündige Unterrichtsmodell einer umfassenden wissenschaftlichen Evaluation unterzogen. Neben dem IAT waren die Universität Köln und die Universität Magdeburg an der dreijährigen Untersuchung beteiligt.

    Grundidee des Modellversuchs war, zugunsten von mehr Arbeitstagen im Ausbildungsbetrieb die Schultage in der Berufsschule zu kürzen. Bezogen auf eine dreijährige Ausbildung entfielen damit etwa 20 Berufsschultage zugunsten der betrieblichen Ausbildung. Ausgangsüberlegung war, dass die Belastungsunterschiede - sowohl physisch als auch psychisch - zwischen dem 8-Stunden-Regelunterricht und dem 9-Stunden-Modellversuch vernachlässigbar gering seien.

    An dem Modellversuch über drei Schuljahre nahmen Auszubildende aus den Bildungsgängen Kraftfahrzeugmechanik, Friseurhandwerk und Versorgungstechnik sowie eine Kontrollgruppe aus Berufsschülern im "Normalbetrieb" teil. Neben schriftlichen Befragungen, Gruppendiskussionen und "teilnehmender Beobachtung" durch die IAT-Wissenschaftler in den Modellversuchsklassen über den gesamten Berufsschultag wurde eine arbeitsmedizinische Stressuntersuchung durchgeführt. Dabei wurde der Gehalt des Stresshormons Cortisol im Serum der Auszubildenden überprüft, das auch in wissenschaftlichen Untersuchungen besonders belasteter Berufsgruppen, z.B. Feuerwehrmänner oder Fluglotsen, ein zentrales Kriterium ist.

    Die Tests ergaben eindeutige Hinweise darauf, dass der neunstündige Berufsschultag unter den bestehenden Voraussetzungen mit einem höheren Stressniveau für die Auszubildenden verbunden ist. Überraschenderweise zeigte sich diese Mehrbelastung nicht nur nach der letzten Unterrichtsstunde, sondern auch bereits zu Unterrichtsbeginn, offenbar in der Erwartung eines langen und anstrengenden Schultages. Einiges deutet darauf hin, dass das erhöhte Stressniveau die Aufnahme- und Wiedergabefähigkeit von Unterrichtsinhalten bei den Auszubildenden negativ beeinflusst.

    Im Rahmen des Modellversuchs wurde der Berufsschulunterricht vor allem auf das erste Lehrjahr - mit zwei Berufsschultagen pro Woche - konzentriert, in den beiden Folgejahren gab es nur einen Berufsschultag. Nach eigener Einschätzung der Schüler ist der zweite Berufsschultag jedoch vor allem im dritten Lehrjahr - auch als Prüfungsvorbereitung - wichtig.

    Neun Stunden Berufsschule beeinträchtigen die berufliche Ausbildung und sind kein geeignetes Instrument den betrieblichen Wünschen nach mehr zeitlicher Unterrichtsflexibilisierung entgegenzukommen. Aus Sicht der IAT-Wissenschaftler sollte das Modell keinesfalls als Regelmodell eingeführt werden. Der erforderliche Flexibilisierungsbedarf in der dualen Berufsausbildung sollte vielmehr regional - zwischen den Lernorten - im Rahmen der vorhandenen achtstündigen Berufsschultage wahrgenommen werden.

    Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

    Dr. Josef Hilbert
    Tel.: 0209/1707-120

    Michael Schönfeld
    Tel.: 0209/1707-182

    Dirk Langer
    Tel:. 0209/1707-283

    Claudia Braczko
    Tel.: 0209/1707-176


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    regional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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