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07.04.2010 20:00

Vieh verringert Lachgas-Emissionen

Dr. Elisabeth Zuber-Knost Presse, Kommunikation und Marketing
Karlsruher Institut für Technologie

    Lachgasemissionen, vor allem aus der Landwirtschaft, tragen wesentlich zum anthropogenen Treibhauseffekt bei. Im Gegensatz zu bisherigen Annahmen führt die Viehhaltung in Steppen- und Präriegebieten jedoch nicht zu erhöhten Lachgasemissionen. Im Gegenteil: Sie reduziert die Abgabe von Lachgas an die Atmosphäre. Dies ermittelten Forscher des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung - Atmosphärische Umweltforschung (IMK- IFU) des KIT bei Untersuchungen in China. Die Ergebnisse des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts veröffentlichte jetzt die Fachzeitschrift "Nature".

    Nach Kohlendioxid (CO2) und Methan gehört Lachgas (N2O) zu den Hauptverursachern des Klimawandels. Ein Kilogramm N2O ist rund 300 mal treibhauswirksamer als die gleiche Menge CO2. Vom Menschen verursachte Emissionen des Spurengases entstehen zu rund 60 Prozent in der Landwirtschaft, zum Beispiel beim mikrobiellen Abbau der stickstoffhaltigen Exkremente weidender Schafe oder Rinder im Erdreich. Bisher gingen Wissenschaftler deshalb davon aus, dass auch die Haltung großer Viehbestände in Steppen- und Präriegebieten zur stetig wachsenden Lachgaskonzentration in der Atmosphäre beiträgt - entsprechende Kalkulationen flossen in die Berichte des als Weltklimarat bekannten Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).

    "Ein großer Irrtum", sagt Professor Klaus Butterbach-Bahl vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung - Bereich Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT in Garmisch-Partenkirchen. "Tatsächlich emittieren nicht zur Viehhaltung genutzte Flächen auf Jahressicht größere Mengen an Lachgas als beweidete Steppenflächen". Dies ermittelten die Wissenschaftler gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in der Inneren Mongolei, China. Über ein gesamtes Jahr unterhielten sie in dem menschenleeren, im Winter bis zu -40 Grad Celsius kalten Steppengebiet mehrere Messstationen. Unterstützung kam von Wissenschaftlern der Chinese Academy of Sciences und dem schottischen Centre for Ecology and Hydrology in Midlothian.

    "Bisherige Kurzzeituntersuchungen übersehen, dass die Abgabe bedeutender Lachgas-Mengen aus Steppenböden an die Atmosphäre ein natürlicher Prozess ist und ein Großteil der natürlichen Lachgas-Emissionen auf die Tauperiode im Frühjahr entfallen", erklärt Butterbach-Bahl die neuen Ergebnisse. Die Viehhaltung bewirkt, dass genau diese Emissionen deutlich zurückgehen. Die durch Beweidung verringerte Grashöhe hat zur Folge, dass Schnee leichter vom Wind weitertransportiert wird und somit die Schneehöhe niedriger bleibt als bei unbeweideten Grasflächen. Einerseits sind beweidete Böden dadurch im langen und kalten Winter schlechter isoliert und daher um bis zu 10 Grad kälter. Andererseits bleiben beweidete Steppe-Böden durch die geringere Schneeauflage in der Tauperiode im März trockener. Kälte und Trockenheit hemmen dann mikrobielle Aktivitäten in der Tauperiode. Als Folge gibt das Erdreich bedeutend weniger Lachgas ab.

    Emissionen um 72 Prozent überschätzt
    Diese "Einsparungen" übersteigen deutlich die "normale" Stimulierung der Lachgasemissionen durch die Exkremente der Tiere - mit weitreichenden Folgen: Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass bisherige Berechnungen die Lachgasemissionen gewaltiger Flächen - etwa ein Fünftel der Gesamtfläche der Landmasse der gemäßigten Breiten sind Grasland - um rund 72 Prozent überschätzen.

    Ein positives Signal für den Klimawandel sind die Ergebnisse jedoch nicht. Die stetig wachsende Lachgaskonzentration in der Atmosphäre ist ein Faktum. "Unsere Arbeit zeigt lediglich, dass noch viel Forschungsarbeit notwendig ist, um die Quellen für atmosphärisches Lachgas wirklich zu verstehen", sagt Butterbach-Bahl. Auch die extensive Beweidung durch Vieh muss kein praktikabler Ansatz sein. Viehwirtschaft setzt in großen Mengen klimawirksames Methan frei, das die Studie nicht berücksichtigte. Dennoch weist die KIT-Studie einen Weg, um die Treibhausgasbilanz von Grassteppen zu verbessern: herbstliches Heumachen könnte die Grashöhe und somit die winterliche Schneehöhe genauso wie die Lachgas-Emissionen in der Tau-Periode verringern.

    Literatur:
    Benjamin Wolf, Xunhua Zheng, Nicolas Brüggemann, Weiwei Chen, Michael Dannenmann, Xingguo Han, Mark A. Sutton, Honghui Wu, Zhisheng Yao, Klaus Butterbach-Bahl: "Grazing-induced reduction of natural nitrous oxide release from continental steppe" (Nature Ausgabe No. 7290 Vol. 464, page 881-884)

    Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtung des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung - Lehre - Innovation.

    Diese Presseinformation ist im Internet abrufbar unter: www.kit.edu

    Das Foto steht in druckfähiger Qualität auf www.kit.edu zum Download bereit und kann angefordert werden unter: pressestelle@kit.edu oder +49 721 608-7414.

    Weiterer Kontakt:

    Jonas Moosmüller
    Presse, Kommunikation und
    Marketing
    Tel.: +49 721 608-8120
    Fax: +49 721 608-3658
    E-Mail: jonas.moosmueller@kit.edu


    Bilder

    Langzeitstudie in der Mongolei: KIT-Wissenschaftler studierten ein Jahr lang die Auswirkungen von Beweidung auf die Entstehung von Lachgas im Boden. (Foto: KIT)
    Langzeitstudie in der Mongolei: KIT-Wissenschaftler studierten ein Jahr lang die Auswirkungen von Be ...

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    Anhang
    attachment icon Vieh verringert Lachgas-Emissionen

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Langzeitstudie in der Mongolei: KIT-Wissenschaftler studierten ein Jahr lang die Auswirkungen von Beweidung auf die Entstehung von Lachgas im Boden. (Foto: KIT)


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