Jena (05.07.01) Ist die Pleite da, beginnen die Probleme erst richtig. Denn wie sollen nach dem Konkurs eines Unternehmens die Ansprüche der Gläubiger befriedigt, wie möglicherweise die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter gesichert werden? Eine Schlüsselrolle dabei kommt dem gerichtlich eingesetzten Insolvenzverwalter zu. Seine Stellung steht morgen (6.07.) im Mittelpunkt des 2. Wirtschaftsrechtlichen Forums an der Friedrich-Schiller-Universität.
Besonders für die Neuen Bundesländer hat die 1999 in Kraft getretene neue Insolvenzordnung essentielle Bedeutung. "Im ersten Halbjahr 2001 gab es in Ostdeutschland über 5.000 Insolvenzen, das sind 23% mehr als in der ersten Hälfte 2000", berichtet Veranstalter Prof. Dr. Walter Bayer. Zurückzuführen sei dieser Anstieg vor allem auf die negative Entwicklung in der Baubranche, erläutert der Jenaer Rechtswissenschaftler und Vorsitzende des Thüringer Arbeitskreises für Unternehmens- und Insolvenzrecht.
Bei der Abwicklung des Konkursverfahrens besitzt der Insolvenzverwalter recht weitgehende Ermessensspielräume: Er muss etwa darüber entscheiden, ob ein Betrieb sofort liquidiert und sein verbleibendes Betriebsvermögen - z. B. Produktionseinrichtungen - verkauft oder versteigert wird, oder ob bestehende Aufträge noch erfüllt werden und für das Unternehmen anschließend ein neuer Besitzer gesucht wird. Die neue Insolvenzordnung scheint - so die Erfahrung der vergangenen zwei Jahre - eher die erste Lösung zu begünstigen.
Denn sie stärkt schon bei der Wahl des Insolvenzverwalters die Rechte der Großgläubiger, vor allem der Banken also, indem die Stimmrechte nach der Höhe der Forderungen gewichtet werden. "Dabei darf man nicht übersehen, dass gerade die Banken ihre Forderungen zumeist schon anderweitig abgesichert haben", bemerkt Prof. Bayer, "während anderen Gläubigern wie Lieferanten oder Dienstleistern aus dem Handwerk diese Absicherung praktisch immer fehlt."
Umstritten ist auch, ob es bei der Bestellung des Insolvenzverwalters eine hinreichende Konkurrenz zwischen geeigneten Anwaltskanzleien gibt. Bayer: "Die In-solvenzgerichte führen Listen potentieller Kandidaten und wählen nach eigenem ,pflichtgemäßen Ermessen' aus." Kritiker bemängeln, dass sich dabei unübersehbare Bevorzugungen bestimmter Insolvenzverwalter ergeben hätten. "Diese Behauptung ist zwar unbewiesen", beschwichtigt der Jenaer Rechtswissenschaftler, "aber möglicherweise wird der in Arbeit befindliche Regierungsentwurf zu einer Novelle der Insolvenzordnung einen eindeutigeren Kriterienkatalog für die Auswahl der Insolvenzverwalter vorstellen." Unbestritten ist indes, dass die Insolvenzverwaltung, die laut Gebührenordnung u. a. verhältnismäßig nach der Höhe der Forderungen honoriert wird, für Anwälte eine durchaus lukrative Tätigkeit darstellen kann.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Walter Bayer
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Privatversicherungsrecht und Internationales Privatrecht der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Tel.: 03641/942140, Fax: 942142
E-Mail: W.Bayer@recht.uni-jena.de
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Dr. Wolfgang Hirsch
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Fürstengraben 1
D-07743 Jena
Telefon: 03641 · 931030
Telefax: 03641 · 931032
E-Mail: roe@uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).