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05.07.2001 11:28

Studierende empfehlen Zusammenrücken in den Städten

Ole Lünnemann Referat Hochschulkommunikation
Universität Dortmund

    Gegen eine uferlose Zersiedelung der Ballungsräume, für eine Steigerung der Attraktivität der Stadtzentren, zu Gunsten einer nachhaltigen Entwicklung der Stadtregionen haben sich deutsche und US-amerikanische Studierende der Raumplanung ausgesprochen. Sie haben sich monatelang in einem gemeinsamen Studienprojekt mit der Entwicklung der Stadtregion des Rhein-Ruhr-Gebietes und des Großraums Los Angeles auseinandergesetzt.

    Urban Sprawl:Das war das Stichwort für das gemeinsame Studienprojekt der Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund und des Department of Policy and Planning der University of Southern California, Los Angeles.
    Urban Sprawl ist eine besonders krasse Form der Suburbanisierung in Stadtregionen. Der amerikanische Begriff weist auf eine unkontrollierte Siedlungsentwicklung mit hohem Flächenverbrauch hin, also auf eine Siedlungsentwicklung, die im Widerspruch zu den sozialen, ökologischen und ökonomischen Gedanken der Nachhaltigkeit steht.

    15 Studierende der School of Policy, Planning and Development der University of Southern California in Los Angeles und 16 Studierende der Fakultät Raumplanung der Universität Dortmund haben sich in den vergangenen neun Monaten sehr intensiv mit den ausgewählten Problemen der Zersiedelung und der nachhaltigen Entwicklung in den beiden Stadtregionen RheinRuhr und Los Angeles auseinander gesetzt.

    Betreut wurde das Projekt in Dortmund von Univ.-Prof. Dr. Klaus R. Kunzmann, Professor für Europäische Raumplanung, Univ.-Prof. Dr. Gerd Hennings, Professor für Gewerbeplanung und Frau Dr.-Ing. Christiane Ziegler-Hennings vom Fachgebiet Landschaftsökologie und in Los Angeles von Prof. Tridib Banerjee, James Irvine Chair of Urban and Regional Planning und Prof. Nirja Verma.

    Anfang März war die Studiengruppe aus Los Angeles für zwei Wochen im Ruhrgebiet, Ende März und Anfang April flog dann die deutsche Studiengruppe für zwei Wochen nach Los Angeles, um die jeweils anderen Regionen kennen zu lernen, um regionale und lokale Institutionen zu besuchen, Gespräche zu führen und Erfahrungen auszutauschen. (Siehe Medieninformation 01-191 von 15.03.2001). Nun, Ende Juni, wurden die Ergebnisse des Projektes in Dortmund vorgestellt. Dazu sind fünf der Studierenden aus den USA persönlich angereist.

    Instrumente gegen Zersiedelung werden nicht genutzt

    Was hat dieser Vergleich der Stadtentwicklungspolitiken in zwei so unterschiedlichen Stadtregionen gebracht? Zunächst einmal, dass diese beiden Regionen gar nicht so unterschiedlich sind: Beide Regionen sind etwa 80 x 80 km groß, in beiden Regionen leben und arbeiten etwa 12 Mio. Einwohner und beide Regionen sind sehr polyzentrisch strukturiert.

    Die Analyse der Dortmunder Studiengruppe hat ergeben: Im Prinzip verfügen das Land, die Städte und Gemeinden über ein breites, wirkungsvolles Instrumentarium zur Eindämmung unkontrollierter Zersiedelung. Aber sie nutzen es nicht, weil die Interessenskonflikte zu groß sind.

    Während die Umlandgemeinden aus steuerlichen Gründen immer neue Gewerbegebiete ausweisen und in der Regel sehr darauf erpicht sind, dass ihre Bevölkerungszahl weiter wächst, sind die Siedlungszentren in der Region mit einer für sie schwierigen Situation konfrontiert: viele bauwillige junge Familien verlassen die Stadt, um sich Eigentum in der Peripherie zu schaffen. Auch im Hinblick auf die Gewerbeansiedlungen haben die Siedlungszentren aufgrund des Bodenpreisgefälles und des oft geringeren Flächenangebotes im Vergleich mit den Umlandgemeinden Nachteile.

    Kurz: die Standortnachteile der Innenstädte werden immer mehr zu den Standortvorteilen der Peripherie und die polyzentrische Region Rhein-Ruhr wird immer mehr zu einem großen Ballungsraum mit einem verschwindenden Anteil von Freiflächen zwischen den einzelnen Siedlungszentren. Um einer solchen Siedlungsentwicklung entgegenzuwirken, reichen die vorhandenen gesetzlichen Maßnahmen und Instrumente nicht aus: das Problembewusstsein innerhalb der Bevölkerung und auch bei den verantwortlichen Akteuren ist noch zu gering.

    Sechs Ratschläge

    Sechs Empfehlungen gibt die Dortmunder Studiengruppe den politischen und fachlichen Akteuren der Raumplanung in der Stadtregion RheinRuhr:

    1. Die Thematisierung der Gefahren einer weiteren räumlichen Ausdehnung des Verdichtungsraumes Rhein-Ruhr für die Umwelt.
    2. Eine intensivere Auseinandersetzung der Landesplanung mit den Entwicklungsproblemen der Region Rhein-Ruhr.
    3. Eine bessere Abstimmung der Flächennutzungsplanung und Gewerbeansiedlung in der Region Rhein-Ruhr zwischen Kern- und Stadtrandgemeinden.
    4. Eine noch sehr viel stärkere Nutzung innerstädtischer Brachflächen für Wohnen, Gewerbe und Freizeit.
    5. Die Erhöhung der Attraktivität innerstädtischen Lebensformen durch neue funktionale Mischgebiete und die Stärkung der Mittelzentren.
    6. Neue Bemühungen zur besseren Akzeptanz verdichteter Wohnformen in der Bevölkerung zum Schutz des Freiraums.
    Bevölkerung wächst unterschiedlich.

    Die amerikanische Studiengruppe hat im wesentlichen drei Themen bearbeitet: Zum einen hat sie die Entstehungsgeschichte und die unterschiedlichen Formen die Siedlungsstrukturen in den beiden Stadtregionen beschrieben und analysiert; zum anderen hat sie verschiedene demographische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen untersucht und deren Wirkungen auf die Stadtentwicklung untersucht und bewertet; schließlich hat sich die amerikanische Studiengruppe besonders intensiv mit den doch sehr unterschiedlichen Rollen der politischen Parteien und des öffentlichen Sektors bei der Steuerung der Stadtent-wicklung befasst.

    Während die Bevölkerung in der Region Los Angeles weiterhin stark wachsen wird, wird sie in der Stadtregion Rhein-Ruhr in den kommenden Jahrzehnten eher zurückgehen. Trotzdem wird sich auch die Region Rhein-Ruhr räumlich weiter ausdehnen, im Unterschied zu Los Angeles jedoch mehr nach innen als nach außen, d.h. die Freiräume zwischen den Städten werden weiterhin unter Entwicklungsdruck stehen. Während sich die Planer in Los Angeles darüber Gedanken machen, wie sie den Siedlungsdruck durch neue verdichteten Siedlungsstrukturen mindern können, verlassen sich die deutschen Planer noch auf die Wirksamkeit ihres planerischen Instrumentariums, das auch die amerikanischen Studierenden sehr beeindruckt hat.

    Nähere Information:
    Prof. Dr. Klaus R. Kunzmann, Leiter des Fachgebiets Europäische Raumplanung, und Eva Schmitz, Sprecherin der Studiengruppe,
    Ruf 0231-755-2426, Fax 0231-755-4785,
    E-Mail Krk@rp.uni-dortmund.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Gesellschaft, Verkehr / Transport
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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