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10.07.2001 00:00

Aus Eigennutz ins Ehrenamt - warum nicht?

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Institut Arbeit und Technik plädiert für offensive Strategien zur Ausweitung bürgerschaftlichen Engagements - Das Konzept des "aktivierenden Staates"

    Darf ehrenamtliches Engagement egoistisch sein? Es sollte sogar, denn eine Vielzahl von Elterninitiativen, Selbsthilfegruppen und anderen Bürgeraktivitäten wäre ohne die gezielte Verfolgung eigener Interessen nicht zustande gekommen. "Eigennutz ist eine Chance" stellen Wissenschaftler des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) fest. Anstatt hinter vorgehaltener Hand ehrenamtlich Tätigen "egoistische Motive" zu unterstellen, sollten Politik und Verwaltung in den Kommunen gezielt nach mobilisierbaren Individualinteressen suchen. "Eine eindeutige politische Anerkennung eines solchen Ansatzes - zumal im Internationalen Jahr der Freiwilligen - wäre eine wichtige Voraussetzung für die Ausweitung von bürgerschaftlichem Engagement", fordert Dr. Josef Hilbert, Leiter der Abteilung Dienstleistungssysteme am IAT.

    Das am IAT entwickelte Konzept des aktivierenden Staates sieht eine Positionsbestimmung öffentlicher Ausgaben vor, die einen Ausweg aus der Zwickmühle zwischen Allzuständigkeit und Begrenzung des Staates durch eine aktive Mobilisierung der Gesellschaft weist. Anstatt Aufgaben zu verstaatlichen oder zu privatisieren sollen die Selbststeuerungspotenziale gesteigert werden. Individuelles Engagement wird gefordert und gefördert. Der aktivierende Staat versucht die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich ein Engagement für den einzelnen lohnt und dazu beiträgt, auch für die Gemeinschaft Nutzen zu stiften.

    Am Beispiel der Jugendhilfe in den Kommunen haben die IAT-Wissenschaftlerinnen Karin Esch und Dr. Sybille Stöbe-Blossey Entwicklungstrends und Potenziale des Leitbildes "aktivierender Staat" ausgelotet. Da in der Jugendhilfe die freien Träger traditionell eine starke Position innehaben, wurde hier ein besonders gutes Beispiel für die Entwicklung der "Bürgergesellschaft" vermutet. Es zeigte sich allerdings, dass die historisch gewachsene Kooperation mit den etablierten Wohlfahrtsverbänden wenig Raum für neue Initiativen lässt.

    In wachsendem Maße versuchen Kommunen z.B. in Kinder- und Jugendparlamenten oder Stadtteilkonferenzen Dialoge zu organisieren, in denen die Kids ihre Vorstellungen zu Freizeitangeboten oder Wünsche an die Gestaltung von Spielflächen einbringen können. Damit werden aber oft auch Ansprüche geweckt, die dann nicht selten in Konflikt mit anderen Interessenlagen und finanziellen Erwägungen zum Opfer fallen. Frustration, Rückzug und Verärgerung der Betroffenen sind die Folgen.

    Zur Entwicklung von Koproduktionen wird zunehmend versucht, unterschiedliche Akteure zu vernetzen. So gibt es einen hohen Bedarf für mehr Nachmittagsbetreuung schulpflichtiger Kinder. Neben dem klassischen Hort werden Grundschulen, Jugendheime, Vereine und Stadtteilinitiativen in die Entwicklung von Angeboten einbezogen. In vielen Städten werden die wechselseitigen Aktivitäten in Arbeitsgruppen abgestimmt.

    Immer wieder zeigt sich, so die IAT-WissenschaftlerInnen, dass zusätzliches bürgerschaftliches Engagement aktiviert werden kann, wenn die Ausschöpfung der Potenziale durch eine entsprechende Infrastruktur unterstützt wird. Vor diesem Hintergrund sind in jüngster Zeit zahlreiche, meistens von Verbänden getragene Freiwilligenagenturen entstanden, die sowohl interessierte Bürger gewinnen und informieren als auch Initiativen bei der Betreuung ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter beraten. Um Aktivierungspotenziale in Zukunft besser ausschöpfen zu können müssen Strategien zur Förderung und Forderung aller Akteure entwickelt werden. Allerdings "steckt der Teufel oft im Detail" und die Aktivierung zusätzlicher Ressourcen für öffentliche Aufgaben kann oft nur über die Infragestellung bisheriger Arbeitsroutinen und Kooperationsstrukturen erreicht werden. Gefragt sind also ein langer Atem und eine hohe Konfliktfähigkeit der jeweiligen Politiker und Verwaltungsmitarbeiter.

    Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:
    Dr. Josef Hilbert 0209/1707-120
    Dr. Sybille Stöbe-Blossey 0209/1707-130
    Karin Esch 0209/1707-234

    Veröffentlichung:
    Karin Esch/ Josef Hilbert/ Sybille Stöbe-Blossey: Der aktivierende Staat - Konzept, Potentiale und Entwicklungstrends am Beispiel der Jugendhilfe, in: Rolf Heinze/ Thomas Olk (Hrsg.): Bürgerengagement in Deutschland - Bestandsaufnahme und Perspektiven, Opladen 2001


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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