Erstmals ein europäischer Wissenschaftler an der Spitze der "Paleopathology Association"
(ukg) Professor Dr. Dr. Michael Schultz von der Universität Göttingen, Bereich Humanmedizin, ist Ende März diesen Jahres auf dem 28. Annual Meeting der Paleopathology Association (Gesellschaft für Paläopathologie) in Kansas City, Missouri, USA, zum neuen Präsidenten der Gesellschaft gewählt worden. Seine Amtszeit beträgt zwei Jahre. Mit Professor Schultz steht erstmals ein europäischer Wissenschaftler an der Spitze dieser international besetzten wissenschaftlichen Gesellschaft.
Im Rahmen seiner Präsidentschaft möchte Professor Schultz die paläopathologische Forschung mit morphologischen und molekularbiologischen Methoden weiter fördern, vor allem auf dem Gebiet der vergleichenden Ursachenforschung. Darüber hinaus hat er sich zum Ziel gesetzt, die wissenschaftlichen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen europäischen und nordamerikanischen Kollegen zu intensivieren, zum Beispiel über den Austausch von Wissenschaftlern und Studenten sowie über Kooperationsprojekte. Geplant ist auch die Entwicklung eines wissenschaftlichen Trainingsprogramms zum Thema "Diagnoses and Interpretations in the Microscopic Research of Archaeological Bone". Auf diesem Gebiet ist die Göttinger Arbeitsgruppe Paläopathologie unter der Leitung von Professor Schultz führend. Das Trainingsprogramm soll im Jahr 2002 im Zentrum Anatomie der Universität Göttingen etabliert sein und von in- und ausländischen Wissenschaftlern genutzt werden können.
Die "Paleopathology Association" wurde 1973 von US-amerikanischen und kanadischen Wissenschaftlern gegründet, um die Entwicklung der neuen Wissenschaft "Paläopathologie" zu fördern. Die Initiatoren von damals waren davon überzeugt, dass das menschliche Skelett und mumifizierte Überreste wertvolle Informationen über die Vergangenheit des Menschen liefern können. Heute gehören der Paleopathology Association rund 600 Wissenschaftler aus der ganzen Welt und aus vielen Fachgebieten an, unter ihnen Mediziner, Anthropologen, Archäologen und Historiker. Zielsetzung der Gesellschaft ist die weltweite Erforschung der Evolution und der Geschichte der Krankheiten.
Professor Dr. Dr. Michael Schultz, 1945 in Magdeburg geboren, hat in Frankfurt am Main Humanmedizin und Biologie (mit dem Hauptfach Anthropologie) sowie Vor- und Frühgeschichte (mit den Nebenfächern Völkerkunde/Amerikanistik) studiert. Seit 1974 ist er in Göttingen tätig, zunächst in der Abteilung Morphologie des damaligen Anatomischen Instituts. Nach Promotion zum Doktor der Medizin im Jahr 1977 folgt zwei Jahre später die Promotion zum Doktor der Naturwissenschaften. Im Jahr 1981 wird Schultz Prosektor (ärztlicher Leiter des Leichenwesens) am Zentrum Anatomie. 1988 habilitiert er sich für das Fach Anatomie an der Medizinischen Fakultät der Universität Göttingen und übernimmt im selben Jahr die Leitung der Göttinger Arbeitsgruppe Paläopathologie. In der Göttinger "Arbeitsgruppe Paläopathologie" wurden in den letzten achtzehn Jahren Methoden und Techniken erarbeitet, die eine vergleichende Beurteilung der Ätiologie und Epidemiologie der Krankheiten in prähistorischen und historischen Populationen erlauben. 1993 erfolgt die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor für Anatomie an der Universität Göttingen.
Die Paläopathologie ist ein neues Arbeitsgebiet, das interdisziplinär zwischen Medizin, Anthropologie und Archäologie angesiedelt ist und sich mit der Erforschung der Krankheiten des Menschen und der Tiere befasst. Sie widmet sich der medizinisch-naturwissenschaftlichen Untersuchung von Skelettfunden, Mumien und Moorleichen. Grundlage der Paläopathologie ist die Anatomie und die Pathologie. Die Paläopathologie kann Informationen über den Gesundheitszustand von Menschen (und Tieren) für frühe Perioden der Menschwerdung liefern, aus denen keine schriftliche Überlieferungen vorliegen. Da die Paläopathologie am Knochen verstorbener Menschen, also am primären Quellenmaterial, forscht, kann sie zuverlässige Fakten zusammentragen, aus denen sich der Gesundheitszustand einer Population rekonstruieren lässt. In der Regel speichern die Skelette einer Population sehr viele und differenzierte Informationen über den damaligen Gesundheitszustand. Bisher ist diese Bedeutung archäologischer Skelettfunde unterschätzt worden.
Archäologische Skelettfunde geben detailliert Auskunft über Art, Ausprägungsgrad und Häufigkeit von Krankheiten, Verletzungen und anderen umweltbedingten Faktoren, die auf die Menschen prähistorischer und historischer Populationen einwirkten. Auf diese Weise erhalten die Paläopathologen Kenntnis über interessante Krankheitsfälle (Kasuistik), vor allem aber Informationen über die Ursachen (Ätiologie) und die Häufigkeiten beziehungsweise Verbreitung bestimmter Krankheiten (Epidemiologie) sowie über damals übliche ärztliche Hilfsmaßnahmen (Therapie). Ein wesentlicher Aspekt der paläopathologischen Untersuchung ist der Vergleich von Krankheitsursachen und -häufigkeiten zwischen vorzeitlichen und rezenten (noch lebenden) Populationen.
Die Qualität der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Antworten, die die Paläopathologie liefern kann, ist in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen. Ein Grund dafür liegt in der Vielfalt an Untersuchungsverfahren, die dieser Wissenschaft zur Verfügung stehen. In der Regel werden archäologischer Skelettfunde mit makroskopischen, röntgenologischen, endoskopischen, rasterelektronenmikroskopischen und lichtmikroskopischen (z.B. polarisationsoptisch, mikroradiographisch, histochemisch) Techniken untersucht. Gelegentlich werden heute auch ergänzend molekularbiologische Methoden genutzt (z.B. Proteine, alte DNA).
Ein Foto von Professor Schultz ist über die Pressestelle erhältlich.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Dr. Michael Schultz
Universität Göttingen - Bereich Humanmedizin
Abt. Morphologie
Kreuzbergring 36
37075 Göttingen
Tel.: 0551 39-7028 und -7000
e-mail: mschult1@gwdg.de
Professor Dr. Dr. Michael Schultz
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Medizin
überregional
Personalia
Deutsch
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