idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
31.07.2001 09:42

Mobiler Terawatt-Laser als Atmosphären-Detektor und Blitzableiter

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena/Berlin (31.07.01) Den weltweit ersten mobilen Spitzenlaser der Terawatt-Klasse haben Physiker aus Jena, Berlin, Paris und Lyon in einem deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekt entwickelt und gebaut. Mit dem Hightech-Gerät wollen die Wissenschaftler in erster Linie die chemische Zusammensetzung der Erdatmosphäre untersuchen; darüber hinaus kann es für Umweltschutzzwecke eingesetzt und zu einem beweglichen Blitzableiter weiter entwickelt werden. Das Gerät liefert sechs Milliarden Kilowatt (6 Terawatt) Leistung bei einer Pulslänge von 50 Femtosekunden (Billionstel Sekunden). Es ist in einen herkömmlichen Eurocontainer montiert und kann somit per Lkw-Tieflader beliebig den Standort wechseln.

    Bei der Atmosphären-Detektion machen sich die Wissenschaftler um Prof. Roland Sauerbrey (Uni Jena), Prof. Ludger Wöste (FU Berlin), Prof. André Mysyrowicz (École Nationale Supérieure de Techniques Avancées, Paris) und Prof. Dr. Jean-Pierre Wolff (Uni Lyon) einen optischen Effekt zunutze, der erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde: Schießt man einen Billionen Watt starken, ultrakurz gepulsten Laserstrahl kilometerweit in den Himmel, so ändert sich schon nach einer kurzen Wegstrecke unter seiner immensen elektromagnetischen Wirkung sowohl räumlich als auch zeitlich der Brechungsindex des Mediums Luft.

    Es entsteht quasi eine künstliche Linse, und aus dem ursprünglich tiefroten Laserstrahl mit 800 nm Wellenlänge entstehen Filamente konzentriert gebündelten weißen Lichts. Fängt man mit einem Teleskop das Streulicht dieses "weißen Lasers" aus der Erdatmosphäre auf, so ergeben die Spektralanalysen präzise Aufschlüsse über die chemische Zusammensetzung und selbst über Spurenverunreinigungen der Luft. "Sicher kann ein solches Instrument Industrieabgase auf ihre chemische Zusammensetzung und Konzentration noch in 15 Kilometer Höhe bestimmen", erläutert Prof. Dr. Roland Sauerbrey, Direktor des Jenaer Instituts für Optik und Quantenelektronik, ein denkbares Einsatzgebiet für den Prototypen. "Aber wir wollen nicht in erster Linie Umweltsünder überführen, sondern eher grundsätzlichere Forschungen über die Chemie der Erdatmosphäre ermöglichen."

    So wird die Smog-Analyse über Ballungsgebieten ebenso anvisiert wie die nähere Erforschung der Treibhausgase. Der Vorteil des Teramobils gegenüber der herkömmlichen Verfahrensweise mit Wetter- oder Testballons liegt in seiner einfacheren und wesentlich präziseren Handhabbarkeit. Im Vergleich mit anderen lasergestützten Verfahren schneidet der deutsch-französische Atmosphärendetektor besser ab, weil er mit einem einzigen Laserstrahl eine Vielzahl von Molekülen gleichzeitig aufspüren kann.

    Parallel dazu verfolgt die deutsch-französische Forschergruppe noch ein zweites Ziel: Der mobile Hightech-Laser taugt wahrscheinlich auch als Blitzableiter. 1998 wiesen Jenaer Physiker erstmals in Laborversuchen nach, dass innerhalb des kilometerlangen Laserstrahls Filamente mit erheblich erhöhter elektrischer Leitfähigkeit entstehen. Das heißt: Lenkt man einen solchen hochintensiven Laserstrahl in eine Gewitterwolke, so wird der Blitz höchstwahrscheinlich dort einschlagen und entlang des Strahls kontrolliert zur Erde fahren. "Im Grunde bilden wir damit das legendäre Experiment von Benjamin Franklin aus dem Jahre 1752 nach", schmunzelt Sauerbrey. "Der arbeitete allerdings damals noch mit einem langen, an einem Flugdrachen befestigten Kupferdraht und hat sich fürchterlich die Finger verbrannt. Das wollen wir tunlichst vermeiden."

    Für gewöhnliche Einfamilienhäuser wäre der Laser-Blitzableiter natürlich zu teuer, für den Schutz elektronischer Hightech-Anlagen, etwa auf Flughäfen, würde er sich indes lohnen. Die häufig gestellte Frage, ob diese Technologie nicht auch für ein Gewitter-Kraftwerk tauge, beantwortet Sauerbrey indes mit einem klaren Nein. "Erstens sind wir nicht in der Lage, die extremen Energiemengen aus diesen natürlichen Entladungen zu bändigen und kontrolliert umzusetzen", schildert er. "Und zweitens: Wollen Sie etwa mit dem Rasierer in der Hand so lange warten, bis endlich der Blitz einschlägt?"

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Roland Sauerbrey (Uni Jena)
    Tel.: 03641/947200, Fax: 947202
    E-Mail: sauerbrey@ioq.uni-jena.de
    und
    Prof. Dr. Ludger Wöste (FU Berlin)
    Tel.: 030/838-55566
    E-Mail: woeste@physik.fu-berlin.de

    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    D-07743 Jena
    Telefon: 03641 · 931030
    Telefax: 03641 · 931032
    E-Mail: roe@uni-jena.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Mathematik, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).