idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
31.07.2001 00:00

Photovoltaik-Hybridsysteme zur Energieversorgung von Alpenhütten

Karin Schneider Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

    Berghütten liegen in einer ökologisch sensiblen Umgebung, auf die bei der Wahl der Energieversorgung Rücksicht genommen werden sollte. Mit dem Ziel einer umweltschonenden Energieversorgung schlossen sich der Deutsche Alpenverein und das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und Spanien in einem europäischen Verbundprojekt zusammen. Sie rüsteten 31 touristisch attraktive Häuser mit umweltfreundlicher Energieversorgung unter Einschluss von Photovoltaik aus. Allein der Deutsche Alpenverein vermeidet so jährlich die Verbrennung von 25.000 Litern Dieselöl in den Alpen.

    Wer in die Berge geht, genießt Einsamkeit und Naturerlebnis. Nach schweißtreibendem Aufstieg ist man aber auch froh über ein bisschen Komfort wie Licht, Wärme und gutes Essen. Alpenhütten sind solche Oasen des Hochgebirges. Überhaupt nicht idyllisch war allerdings bislang die Energieversorgung über Dieselgeneratoren. Hier gibt es jetzt eine Lösung, die Natur, Technik und Wirtschaftlichkeit vereint: »Photovoltaik-Hybridsysteme sind für abgelegene Standorte eine technisch ausgereifte und finanziell attraktive Lösung«, bringt Klaus Kiefer vom Fraunhofer ISE die Botschaft auf den Punkt. »Wir haben aus 15 Jahren Erfahrung mit netzferner Stromversorgung ein standardisiertes Energieversorgungskonzept entwickelt, das dem Hüttenwirt eine zuverlässige Stromversorgung durch Solarenergie garantiert und die Umwelt entlastet. In dieser Zeit haben sich zudem die Preise für Solartechnologie halbiert, damit hat die Sonnenenergie alle Trümpfe in der Hand.«

    Wie wird eine Alpenhütte zum energetischen Selbstversorger? Dazu der Leiter des Referats Hütten und Wege beim Deutschen Alpenverein, Peter Weber: »Uns ist der Blick aufs Ganze wichtig. Wir wollen nicht einfach eine Solarstromanlage montieren, sondern streben eine ökologische Gesamtlösung an, die auch Energiesparen, Warmwasserbereitung, Ressourcenschonung und Nachschub umfasst. Diesel ist nicht nur ein Problem für das Klima, sein Transport in unwegsamem, ökologisch empfindlichem Gelände birgt Risiken, die wir nicht länger eingehen wollen.«

    Das Gesamtkonzept besteht aus vier Schritten: Die Solaringenieure erfassen zunächst die Rahmendaten der Hütte wie Besucherfrequenz, Bettenzahl, bauliche Gegebenheiten und Transportwege. Sie untersuchen dann bei einer Ortsbegehung Energieerzeuger und -verbraucher. Ausgehend von diesem Ist-Zustand ermitteln sie das Einsparpotential, z.B. durch Wärmedämmung und energiesparende Elektrogeräte. Erst wenn die Verbrauchsseite optimiert ist, wenden sie sich der Energieerzeugung zu und arbeiten ein detailliertes Umsetzungskonzept aus, das auch geplante Renovierungs- oder Erweiterungsmaßnahmen berücksichtigt.

    Vorgabe war, langfristig auf Dieselgeneratoren zu verzichten und weitgehend erneuerbare Energien einzusetzen. Alle Anlagen erzeugen Strom aus Sonnenlicht mit Photovoltaik, bei vielen liefert ein Motorgenerator oder ein Windrad zusätzlich Strom. Einige Hütten haben Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung. Ortsansässige Installationsbetriebe setzten das Konzept technisch um. Ingenieure des Fraunhofer ISE nahmen die Anlagen ab und überprüften dabei die Leistung des Solargenerators. Hier zeigte sich, wie wichtig durchgehendes Qualitätsmanagement ist: Die meisten Beanstandungen betrafen die konventionelle Elektroinstallation und waren einfach zu beheben. Wären sie unentdeckt geblieben, hätte das wegen der Abgeschiedenheit der Hütten zu längeren Betriebsstörungen mit entsprechenden Kosten geführt.

    Ein typisches Beispiel ist die Tölzer Hütte im Karwendelgebirge. 1 825 m hoch gelegen, ist sie von Mai bis Oktober bewirtschaftet und ein begehrtes Ziel von Bergfreunden. Dort konnte der Energieverbrauch auf die Hälfte reduziert werden. 35 m2 Photovoltaik und ein 750 W Windgenerator stellen bis auf wenige Prozent den gesamten Strom bereit, eine 12 m² große Solarkollektoranlage sorgt für warmes Wasser. Der für Notfälle bereitstehende Dieselgenerator muss fast gar nicht mehr einspringen.

    Was ist ein Photovoltaik-Hybridsystem? Hybrid kommt aus dem lateinischen und bezeichnet etwas »Gemischtes, Verschiedenes«. Hier steht es für weitere Stromerzeuger wie Wind- oder Motorgenerator, die den photovoltaischen Solargenerator ergänzen. Diese Mischung ist wirtschaftlich günstiger als eine reine Photovoltaikversorgung. Man müsste sie stark überdimensionieren, wenn alle Extremfälle abgedeckt sein sollen. Wind weht dagegen oft dann besonders stark, wenn die Sonne nicht scheint. Ein kleiner Motorgenerator, der auch mit Biodiesel laufen kann, ist meist eine preiswertere Reserve als zusätzliche Photovoltaikfläche. Neben verschiedenen Stromerzeugern haben alle Systeme eine Bleibatterie zur Energiespeicherung. Ausgeklügelte Ladetechnik ermöglicht dabei Lebensdauern von bis zu acht Jahren.

    Was für die deutschen Alpen gut ist, hilft auch in Österreich und Spanien. Zusammen mit dem Österreichischen Alpenverein OEAV und der spanischen Nutzervereinigung SEBA wurden von 1996-2000 insgesamt 31 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 70kWp auf Berghütten in den Alpen und Pyrenäen installiert. Erfreuliches Fazit des von der EU geförderten EURALP-Projektes: Die Anlagen laufen gut. Sorgfältige Abnahme und regelmäßige Überwachung sind dafür unverzichtbar.

    Eine farbige Broschüre beschreibt die deutschen Alpenhütten im EURALP Projekt näher. Eine Landkarte und Hüttensteckbriefe laden zur Besichtigung auf eigene Faust ein. Die Broschüre »Solar versorgte Berghütten« ist kostenlos zu beziehen beim Deutschen Alpenverein, Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Von Kahr Straße 2-4, 80997 München.

    Informationsmaterial:
    Fraunhofer ISE, Presse und Public Relations
    Tel. +49 (0) 7 61/45 88-51 50, Fax +49 (0) 7 61/45 88-93 42
    e-mail: info@ise.fhg.de

    Ansprechpartner für weitere Informationen:

    Projektleiter:
    Dipl.-Ing. Klaus Kiefer, Fraunhofer ISE,
    Tel. +49 (0) 7 61/45 88-52 18,
    Fax +49 (0) 7 61/45 88-92 18
    e-mail: kiefer@ise.fhg.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Bauwesen / Architektur, Elektrotechnik, Energie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).