Historiker der Universität Jena präsentiert in neuem Buch Studenten und ihre DDR-Disziplinarfälle
Jena (29.07.10) Laut einer bekannten Redewendung mahlen so manche Mühlen recht langsam. Im Zuge der Digitalisierung und damit einherschreitender Beschleunigung der alltäglichen Routinen dreht sich dieses Image jedoch scheinbar um, indem der Einzelne von den großen Mühlen der Gesellschaft geradezu überrollt wird und damit als zu Langsamer „in die Mühlen gerät“.
Dass diese großen gesellschaftlichen Mühlen etwas historisch Persistentes sind, wohl aber immer mit anderen Mühlenrädern mahlen, beweist ein Blick in das gerade erschienene Werk „In die Mühlen geraten“ von Martin Morgner.
Der Historiker von der Friedrich-Schiller-Universität Jena führt den Leser ohne einleitende Worte oder Fragestellungen sofort mitten in die Vorstellung acht, meist in sich geschlossener, biographisch geprägter Porträts von Studenten sowie deren Disziplinarfälle an der Friedrich-Schiller-Universität zwischen 1967 und 1984. Morgner präsentiert den Mikrokosmos einiger politisch Verfolgter – „in die Mühlen geratener“ – DDR-Staatsbürger an der Universität Jena. Er greift auf Disziplinarakten der Universität, Unterlagen der Staatssicherheit, Berichte der Betroffenen und einige Fotos zurück und komponiert einen Kanon an Perspektiven auf das Leben der mit den ideologischen Vorstellungen des DDR-Staates in Konflikt Geratenen.
Durch das Einfügen von Liedzeilen, Gedichten und Versen Volker Brauns, Reiner Kunzes, Wolf Biermanns und Christa Wolfs wird das Werk mit einer künstlerischen Note bereichert und bringt den Leser noch näher ans Zeitgeschehen. Der Kunstgriff speist sich auch aus der Biographie des Autors, der – inzwischen im siebten Lebensjahrzehnt stehend – nicht nur vor gar nicht langer Zeit sein Studium der Geschichte an der Universität Jena beendet und seitdem als Historiker gearbeitet hat, sondern zuvor auch Direktor der Geraer Puppenbühne und freiberuflicher Dramaturg war. Mit diesen künstlerischen, den Text pointierenden Stilmitteln integriert sich Martin Morgner wohl nicht zuletzt selbst in das Werk und gibt ihm eine sehr persönliche Note. Dies führt an mehreren Stellen des Buches zu emotional aufgeladenen Bemerkungen und Meinungen, wodurch das Werk zu einer systemkritischen Schrift gerät.
Zusammenfassend schafft Martin Morgners „In die Mühlen geraten“ die Perspektive eines dramatisch-künstlerisch geprägten historischen Zeitzeugendokuments. Es bewegt sich vor dem Horizont der Quellen- und Zeitzeugenarbeit mit einer künstlerischen und von persönlichen Einflüssen geprägten Perspektive im regionalgeschichtlichen Rahmen der Universität Jena. Für diejenigen, die sich an eine derartige Herangehensweise an die Geschichte wagen oder diese kennenlernen wollen, ist das Buch unbedingt lesenswert.
Bibliographische Angaben:
Martin Morgner: In die Mühlen geraten, Wartburg Verlag GmbH, Weimar 2010, 400 Seiten, Preis 16,- Euro, ISBN 978-3-86160-408-2
Hinweis für die Medien:
Rezensionsexemplare können direkt beim Wartburg Verlag angefordert werden, Tel.: 03643 / 246144 oder E-Mail: buch[at]wartburgverlag.de
Cover des neuen Buchs von Martin Morgner.
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
regional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).