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06.08.2010 10:21

Prothese mit „Fingerspitzengefühl“

Dr. Ute Schönfelder Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Schmerzforscher der Uni Jena entwickeln Handprothese, die Phantomschmerzen lindert

    Jena (06.08.10) Der Verlust eines Körperteils ist schmerzhaft und das gleich im doppelten Sinne: Denn neben Wundschmerzen leiden die Betroffenen häufig an sogenannten Phantomschmerzen. Im Gegensatz zu den körperlichen Wunden, die irgendwann verheilen, bleiben Phantomschmerzen oftmals über Jahre, nicht selten das ganze Leben. „Phantomschmerzen sind nur sehr schwer zu behandeln“, sagt Prof. Dr. Thomas Weiß von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Meist zeigen sich diese als ausgesprochen therapieresistent“, so der Professor vom Lehrstuhl für Biologische und Klinische Psychologie. Häufig blieben die Symptome bestehen, trotz hoher Dosen von Schmerzmedikamenten. Die Gefahr sei groß, dass die Patienten dadurch in eine Medikamentenabhängigkeit geraten, so der Schmerzforscher.

    Doch nun können Wissenschaftler der Universität Jena den betroffenen Patienten Hoffnung auf Linderung machen: Gemeinsam mit Unfallchirurgen des Jenaer Uniklinikums und Wirtschaftspartnern hat das Team um Prof. Weiß herkömmliche Handprothesen so verändert, dass Phantomschmerzen nach einer Unterarmamputation reduziert werden können.

    Ein zentraler Bestandteil der Neuentwicklung, die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGVU) finanziell gefördert wird, ist eine Stimulationseinheit, die über eine Manschette mit dem Oberarmstumpf des Patienten verbunden ist. „Zwischen Daumen und Zeigefinger sowie am Daumen der Handprothese befinden sich Drucksensoren“, erläutert Prof. Dr. Dr. Gunther Hofmann, Direktor der Jenaer Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie. Ursprünglich sollten die lediglich dazu dienen, die Griffstärke der künstlichen Hand zu regulieren – je nachdem, ob man ein rohes Ei oder einen Hammer greifen will. „Unser System überträgt diese sensorischen Informationen nun auch von der Hand an den Oberarm“, so Unfallchirurg Hofmann.

    „Auf diese Weise erhält das Gehirn eine Rückmeldung von der Prothese, als wäre es die eigene Hand“, ergänzt Prof. Weiß und verweist auf eine Ursache für Phantomschmerzen: Die Gehirnstrukturen, die ursprünglich für die Reizverarbeitung aus dem Arm zuständig waren, sind nach dessen Verlust plötzlich „arbeitslos“. Deshalb komme es zu einer Umstrukturierung der Gehirnbereiche. „Diese Areale übernehmen stattdessen die Verarbeitung von sensorischen Reizen aus anderen Körperteilen, vor allem aus dem Armstumpf und dem Gesicht“, so der Jenaer Psychologe. Dadurch komme es dort zu verstärkten, häufig schmerzhaften Empfindungen – den Phantomschmerzen.

    Durch die Rückkopplung zwischen neuer Hand und Gehirn, wie sie das Jenaer System ermöglicht, soll die Umstrukturierung im Gehirn verhindert bzw. rückgängig gemacht werden. „Erste Patienten haben das System getestet und als sehr positiv empfunden“, freut sich Prof. Hofmann. Nun gehe es darum, die mit dem Rückkopplungssystem ausgestatteten Prothesen von möglichst vielen Patienten testen zu lassen, um genügend Erfahrungen zu sammeln.

    „Wir wollen wissen, ob die Übertragung der sensorischen Informationen aus der Hand nur einzelnen Patienten hilft oder ob sie als Therapeutikum für alle Prothesenträger geeignet ist“, erklärt Prof. Weiß.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Thomas Weiß
    Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Am Steiger 3 / Haus 1, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945143
    E-Mail: thomas.weiss[at]uni-jena.de

    Prof. Dr. Dr. Gunther Hofmann
    Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Jena
    Erlanger Allee 101, 07747 Jena
    Tel.: 03641 / 9322800
    E-Mail: gunther.hofmann[at]med.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Mit der Jenaer Neuentwicklung werden sensorische Informationen von der Prothese an den Oberarm des Patienten übertragen, von wo sie ans Gehirn weitergeleitet werden. Dadurch lassen sich Phantomschmerzen mindern.
    Mit der Jenaer Neuentwicklung werden sensorische Informationen von der Prothese an den Oberarm des P ...
    Foto: Sandra Preissler/FSU
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    Prof. Dr. Thomas Weiß von der Universität Jena.
    Prof. Dr. Thomas Weiß von der Universität Jena.
    Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Mit der Jenaer Neuentwicklung werden sensorische Informationen von der Prothese an den Oberarm des Patienten übertragen, von wo sie ans Gehirn weitergeleitet werden. Dadurch lassen sich Phantomschmerzen mindern.


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    Prof. Dr. Thomas Weiß von der Universität Jena.


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