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24.08.2001 17:13

Die "Schatzkammer des Kaisers"

Jochen Brinkmann Kontaktstelle Schule - Universität
Technische Universität Clausthal

    Grabungs- und Untersuchungsergebnisse zur Buntmetallgewinnung vom 3. - 13. Jhdt. n. Chr. in der Harzregion werden ab Sonntag, den 26. August auf der Ausstellung "Otto der Große" in Magdeburg vorgestellt.

    Am Sonntag, den 26. August wird mit einer Festveranstaltung im Magdeburger Dom die Ausstellung des Europarates "Otto der Große" in Anwesenheit des Schirmherrn, des Bundespräsidenten, Dr. h.c. Johannes Rau, eröffnet.

    Die Grabungs- und Untersuchungsergebnisse zur Buntmetallgewinnung vom 3. - 13. Jhdt. n. Chr. in der Harzregion stellen Dr. Lothar Klappauf vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, Hannover, Arbeitsstelle Montanarchäologie, Goslar, und Professor Dr. Wolfgang Brockner vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der TU Clausthal vor.

    Die Lagerstätten des Harzes waren wahrscheinlich seit der Bronzezeit (ca. 3000 v. Chr. - 1000 v. Chr.) wichtige Rohstofflieferanten für die Gewinnung von Blei/Silber und Kupfer. Wie weit die Ausbeutung der außerdem im Harz vorhandenen verschiedenen Eisenerzlagerstätten zurückreicht, ist noch ungewiß. Ihre Bedeutung läßt sich anhand der archäologischen Befunde bisher nur erahnen.

    Auf Grund verschiedener Prospektions- und Grabungsbefunde, stets kombiniert mit vielfältigen naturwissenschaftlichen Untersuchungen, können die Wissenschaftler heute zu den verschiedenen Prozessen der Buntmetallgewinnung in der ottonischen Zeit ein recht detailliertes Bild skizzieren. Es ist sogar möglich, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur in der vom Berg- und Hüttenwesen geprägten Landschaft Harz zu fassen, die als "Schatzkammer des Kaisers" eine prägende Rolle in dieser Zeit spielte.

    Die beiden wichtigsten Lagerstättentypen im Westharz - das Alte Lager im Rammelsberg und die Oberharzer Gangerzlagerstätten - unterscheiden sich in ihrer Entstehung ebenso wie in ihrem Mineralbestand. Das Rammelsbergerz entstand als sedimentäre Ablagerung am Meeresgrund und ist daher feinstverwachsen. Es enthält neben vielen anderen Mineralen vor allem Kupfer-, Zink- und Blei- Verbindungen. Silber ist nur in verhältnismäßig geringer Konzentration enthalten. Bis in das späte Mittelalter wurde Rammelsbergerz vor allem als Kupfererz geschätzt.

    Das Erz der Oberharzer Gänge entstand dagegen hydrothermal aus Metallsalzlösungen bei höheren Temperaturen und Drucken in Gesteinsspalten und sieht daher auch ganz anders aus. Das so gebildete Erz ist derbkristallin und wichtigster Lieferant für Blei. Sein Silbergehalt ist gegenüber dem Rammelsbergerz 10- bis 100fach höher und erreicht Konzentrationen von 0,1% bis zu mehreren Prozenten. Während das feinverwachsene Rammelsbergerz nicht mechanisch aufbereitet werden kann, können Oberharzer Erze auf Unterlegsteinen zerschlagen und dabei Erze von Nebengesteinen getrennt werden. Von Hand wurden die für die Verhüttung geeigneten Stücke herausgeklaubt.

    Für die Gewinnung von Blei/Silber aus dem Oberharzer Erz reicht in der Regel als Brennmaterial Holz aus, da für den angewendeten Röst-Reaktionsprozeß Temperaturen weit unter 10000C genügen. In diesem Verhüttungsprozeß wird der natürliche, im Erz vorhandene Sulfidschwefel zusätzlich als "Brennstoff" genutzt. Produkt des Schmelzprozesses in dem muldenförmigen Ofen ist das "Werkblei", in dem sich das Silber konzentriert hat. Abfall ist die "Schlacke" , in diesem Fall ein zusammengebackenes Konglomerat der eingesetzten, thermisch veränderten Grund- und Begleitstoffe. Die oftmals noch metallhaltigen Abfälle, die "Schlacke", lohnen die Wiederaufbereitung, "Grusschlacke" konnte wieder in den Verhüttungsvorgang eingebracht werden. Das Werkblei gelangt in einfache Treibherde, in denen in besonders hergestellten Tiegeln bei etwa 800oC Luft(sauerstoff) auf die Schmelze geblasen wird. Dabei wird das Blei zu Bleiglätte oxidiert und das reine Silber verbleibt letztendlich (Blicksilber). Die Bleiglätte wird im zähflüssigen Zustand auf Holzstöckchen gewickelt. Die beiden Produkte dieses Treibprozesses standen nun zur Weiterverarbeitung zur Verfügung. Das entsilberte Blei kann wieder zur Entsilberung z.B. von Erzen eingesetzt werden, aber auch zur Herstellung von Gewichten, Blechen, Dachdeckung u.v.m. Auch die Bleiglätte kann mit Holzkohle leicht wieder in Blei überführt werden. Das Silber kann in den Münzstätten zum begehrten Zahlungsmittel geschlagen werden.

    Für die Gewinnung von Kupfer aus dem komplexen Rammelsbergerz, das gerade in ottonischer Zeit zu weit über den Harz und das Vorland gestreuten Hüttenplätzen transportiert wurde, waren Temperaturen über 12000C notwendig. Diese konnten nur mit Holzkohle erreicht werden. In den recht kompliziert gebauten Schmelzöfen wurde gleichfalls der im Erz vorhandene sulfidische Schwefel als Energielieferant ausgenutzt. Abfall des Schmelzvorganges waren Schlacken, in der Kombination von Fließ- und Plattenschlacken ein typischer Indikator für diese zeitlich und räumlich eng auf das 10./11. Jahrhundert eingrenzbare Technologie. Produkt des Schmelzvorganges war Schwarzkupfer, ein angereichertes, immer noch kupfersulfidhaltiges Metall, das nach der Raffination in besonderen Herden als verarbeitbares Kupfer in den Handel und die Werkstätten gelangte. Durch Zulegierung vor allem von Zinn konnten dort die uns überlieferten Bronzen gegossen werden, durch das Verschmelzen im Tiegel mit Zinkoxid oder -carbonat, zu dem das "Goslarer Galmei" den Rohstoff lieferte, stellte man Messing her. Fälschlicherweise werden die so hergestellten Gegenstände oft als Bronzen bezeichnet.

    Diese Zusammenhänge wurden in einer über zehnjährigen Kooperation von Dr. Lothar Klappauf und der von Professor Dr. Wolfgang Brockner geleiteten Arbeitsgruppe "Archäometrie" erarbeitet und werden nun in der Austellung "Otto der Große" in einer Vitrine und einem Katalogbeitrag dargestellt. In dem umfangreichen Beiprogramm zur Ausstellung bieten Dr. Lothar Klappauf und Professor Dr. Wolfgang Brockner am 14. November 2001 um 15 Uhr einen Workshop zu dieser Thematik an.

    Weitere Informationen:
    Dr. Lothar Klappauf
    Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Arbeitsstelle Montanarchäologie,
    Rammelsberger Straße 86
    38640 Goslar
    Tel. 05321-25246
    Fax. 05321-24130
    eMail: lajklappauf@compuserve.de

    Prof. Dr. Wolfgang Brockner
    Institut für Anorganische und Analytische Chemie
    Technische Universität Clausthal
    Paul-Ernst-Straße 4
    38678 Clausthal-Zellerfeld
    Telefon: 05323-72-2656
    Telefax: 05323-72-2995
    eMail: Wolfgang.Brockner@tu-clausthal.de


    Weitere Informationen:

    http://region.tu-clausthal.de/nldgs/Inhalt.htm
    http://www.iaac.tu-clausthal.de/abtc/


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    Als Abfall bei der Verhüttung Oberharzer Gangerze auf Blei/Silber entstehen bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen (unter 1000 Grad) als Abfall "Sinterschlacken", in denen noch deutlich die Gesteinsteile erkennbar sind.
    Als Abfall bei der Verhüttung Oberharzer Gangerze auf Blei/Silber entstehen bei verhältnismäßig nied ...

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    Bei der Trennung des Blei-Silbergemischs aus dem Verhüttungsvorgang wird im Treibprozeß das zähflüssige Blei auf Stöcke aufgewickelt und von der Schmelze abgezogen. Dieses Fundstück stammt von einem in das 10./11.Jh. datierten Schmelzplatz (Oberharz)
    Bei der Trennung des Blei-Silbergemischs aus dem Verhüttungsvorgang wird im Treibprozeß das zähflüss ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Als Abfall bei der Verhüttung Oberharzer Gangerze auf Blei/Silber entstehen bei verhältnismäßig niedrigen Temperaturen (unter 1000 Grad) als Abfall "Sinterschlacken", in denen noch deutlich die Gesteinsteile erkennbar sind.


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    Bei der Trennung des Blei-Silbergemischs aus dem Verhüttungsvorgang wird im Treibprozeß das zähflüssige Blei auf Stöcke aufgewickelt und von der Schmelze abgezogen. Dieses Fundstück stammt von einem in das 10./11.Jh. datierten Schmelzplatz (Oberharz)


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