Soziologen der Universität Jena untersuchten, warum der Nationalfeiertag kein Festtag ist
Jena (29.09.10) Fröhlich feiernde Menschen mit schwarz-rot-gold bemalten Gesichtern, wehende Fähnchen in den deutschen Nationalfarben an Autoscheiben, beflaggte Balkone und Vorgärten – Was bei Fußballgroßereignissen mittlerweile zum festen Repertoire der Festkultur in Deutschland gehört, fehlt am deutschen Nationalfeiertag völlig: Den 3. Oktober verbringen die meisten Deutschen weitestgehend ungerührt und freuen sich lediglich über einen arbeitsfreien Tag.
„Der Tag der Deutschen Einheit ist in seiner bisherigen Form ein eher missglückter Feiertag“, stellt Franziska Siebert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena fest. Die angehende Soziologin hat in ihrer gerade vorgelegten Magisterarbeit untersucht, wie der 3. Oktober in Deutschland gefeiert wird. Trotz der allgemein verbreiteten Freude über die Wiedervereinigung fehlten nationale Symbole, die diese Freude auszudrücken vermögen, konstatiert die 26-Jährige. Eine Kultur und Tradition der Wiedervereinigungsfreude sei noch nicht Allgemeingut geworden.
Dies liege u. a. an der Art und Weise des Zustandekommens des nationalen Feiertages. „Der 3. Oktober ist vor allem aus politischem Kalkül gewählt worden“, weiß Prof. Dr. Michael Hofmann, der die Arbeit von Franziska Siebert betreut hat. Nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages zwischen der BRD und der DDR am 29. September 1990 war der 3. Oktober praktisch der erste mögliche Termin zur Wiedervereinigung. Da im Dezember 1990 die Bundestagswahl anstand, hätte eine Verschiebung des Vereinigungstermins zur Folge gehabt, dass die ehemaligen DDR-Bürger nicht daran hätten teilnehmen können, erläutert der Jenaer Soziologe. „Das macht den 3. Oktober bis heute eher zu einem Feiertag der Politik und der Politiker“, resümiert Siebert. So findet jedes Jahr eine offizielle Feier zum Tag der Deutschen Einheit in der Hauptstadt des Bundeslandes statt, das zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat innehat. „Neben diesen politischen Feierlichkeiten fehlen aber originäre Volksfeste, die den 3. Oktober zu einem wahrhaften Feiertag für die Bevölkerung machen könnten“, sagt die Nachwuchswissenschaftlerin von der Universität Jena.
Für ihre Untersuchung hat Franziska Siebert die Berichterstattung in den Medien der Jahre 1995, 1999 und 2008 zum Tag der Deutschen Einheit analysiert. „Es zeigte sich, dass vor allem über offizielle Feierlichkeiten und politische Stellungnahmen berichtet wird“, so Siebert. Volksfeste oder öffentliche feierliche Veranstaltungen für breite Bevölkerungsschichten stünden dagegen bis heute nicht im Vordergrund der Berichterstattung.
Doch das, so die Jenaer Soziologen, müsse nicht so bleiben. „Soll der 3. Oktober zu einem wirklichen nationalen Festtag werden, muss man vor allem die Bevölkerung stärker einbinden“, ist Franziska Siebert überzeugt. Ansätze dazu seien durchaus vorhanden: Manche Städte, Dörfer und Vereine gestalten den Tag der Deutschen Einheit inzwischen auf ihre eigene Weise, unabhängig von politischen Rahmenveranstaltungen. „Diese breiten Trägerschichten – vom Gastronom bis zum Bürgerverein – braucht ein nationaler Feiertag, um mehr als ein politischer Feiertag zu sein.“
Kontakt:
Franziska Siebert / Prof. Dr. Michael Hofmann
Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Carl-Zeiß-Straße 2, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945051
E-Mail: frasie08[at]web.de / michael.hofman[at]uni-jena.de
Franziska Siebert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sieht den Tag der Deutschen Einheit in ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
Franziska Siebert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sieht den Tag der Deutschen Einheit in ...
Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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