Im Wettbewerb um die Besetzung von Führungspositionen schätzen Frauen die eigene Leistung im Durchschnitt geringer ein als Männer. Laut einer heute vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlichten Studie trägt dies maßgeblich zur Verringerung der Aufstiegschancen von Frauen bei.
Im Rahmen eines Verhaltensexperiments mussten BWL-Studenten der Universität Chicago zunächst ihre eigene Leistung aus einem früheren Experiment bewerten, in dem unter Zeitdruck einfache Rechenaufgaben zu lösen waren. Für eine korrekte Selbsteinschätzung erhielten sie Geld. Wer sich zu hoch oder zu niedrig einschätzte, ging leer aus.
In einem zweiten Schritt wurden die Teilnehmer in Gruppen aufgeteilt und mussten einen Vertreter wählen, der im Wettbewerb mit anderen für die eigene Gruppe Geld erwirtschaften konnte. Für das interne Auswahlverfahren sollten die Probanden gegenüber ihrer Gruppe eine erneute Einschätzung der eigenen Leistung abgeben. Hierbei konnten sie nun ungestraft "flunkern", um ihre Chancen zu erhöhen.
Das Ergebnis: Bei entsprechenden finanziellen Anreizen neigten Männer und Frauen gleichermaßen dazu, ihre eigene Leistungsfähigkeit zu übertreiben, um sich gegen die Mitbewerber durchzusetzen. Allerdings hatten die Männer ihre tatsächliche Leistung von vornherein um rund 30 Prozent überschätzt, die Frauen hingegen um weniger als 15 Prozent. Diese Diskrepanz führte dazu, dass die weiblichen Teilnehmer bei den Führungspositionen gemessen an ihrem objektiven Leistungsniveau zu rund einem Drittel unterrepräsentiert waren.
Hinweise auf gezielte Diskriminierung durch männlich dominierte Teilnehmergruppen fand das US-spanische Forscherteam um Columbia-Ökonom Ernesto Reuben nicht. Auch dass Frauen den Wettbewerb eher scheuen als Männer, konnte das Experiment nicht bestätigen: Der Anteil derjenigen Teilnehmer, die ihre eigene Leistung bewusst untertrieben, um nicht im Wettbewerb antreten zu müssen, war bei Frauen und Männern etwa gleich hoch.
"Die männliche Selbstüberschätzung ist nach unseren Beobachtungen der Hauptgrund dafür, dass Frauen trotz objektiv besserer Eignung vielfach die Führungsposition verwehrt bleibt. Darunter leidet dann der Erfolg der gesamten Gruppe", erklärt Reuben. In der realen Arbeitswelt könne dies nur vermieden werden, wenn messbare Leistungskriterien verfügbar und für die Auswahl der Führungskräfte ausschlaggebend seien.
Die englischsprachige Studie ist über die IZA-Homepage abrufbar:
Ernesto Reuben, Pedro Rey-Biel, Paola Sapienza, Luigi Zingales:
The Emergence of Male Leadership in Competitive Environments
IZA Discussion Paper No. 5300
http://ftp.iza.org/dp5300.pdf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Psychologie, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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