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10.10.2001 12:07

Reiner Kunze liest in Erfurt

Jens Panse Pressestelle
Universität Erfurt

    Universitätslesung mit dem MDR am 11.10.2001 um 18.00 Uhr in der Universitätskirche

    Im Rahmen der Reihe "Universitätslesungen mit dem MDR" liest am Donnerstag, dem 11. Oktober 2001, der Poet Reiner Kunze in der Universitätskirche/ Michaeliskirche aus seinen Werken. Die Lesung beginnt um 18.00 Uhr mit der Begrüßung durch den Präsidenten der Universität Erfurt, Dr. Wolfgang Bergsdorf. Der neue Direktor des MDR Landesfunkhauses Thüringen, Werner Dieste wird erstmals die Diskussion im Anschluss an die Lesung moderieren.
    Der Bergarbeitersohn Reiner Kunze wurde 1933 in Oelsnitz im Erzgebirge geboren. Nach dem Willen seiner Eltern sollte er Schuster werden. Er besuchte eine Aufbauklasse für Arbeiterkinder und machte 1951 sein Abitur. Anschließend studierte er Philosophie und Germanistik in Leipzig und erwarb dort den Abschluss als Diplomjournalist. Danach übernahm er eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent an der Journalistischen Fakultät der Universität Leipzig. Bevor er seine Dissertation abschließen konnte, entfaltete die SED gegen ihn eine politische Treibjagd, die ihn an den Rand des physischen Zusammenbruchs brachte. Er verließ die Universität und arbeitet bis 1961 als Hilfsschlosser im Schwermaschinenbau Leipzig und wurde für einige Zeit wissenschaftlicher Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Künste in Berlin. 1962 entschied er sich für die risikoreiche Existenz eines freien Schriftstellers. Er hatte in den beginnenden 60er Jahren mehrfach die CSSR besucht und dort Jan Skacel und Vladimir Holan kennengelernt. Sie gaben ihm Anregungen für seine eigene Konzeption moderner Lyrik und seine Ästhetik des poetischen
    Bildes. Noch wurden seine Gedichte und Übersetzungen in der DDR veröffentlicht, seine Publikationsmöglichkeiten engten sich jedoch immer stärker ein. 1968 - nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten in die CSSR - trat er aus der SED aus mit der Folge, dass ihm Lesungen nur noch bei Studentengemeinden und in kirchlichen Einrichtungen möglich waren. Reiner Kunze hat aus dem MfS-Überwachungsmaterial, von dessen Existenz er erst nach dem Mauerfall erfuhr, seine erschütternde Dokumentation "Deckname 'Lyrik'" zusammengestellt. Sie handelt von menschlicher Niedertracht im real existierenden Sozialismus, von Lug, Betrug und Selbstbetrug, von alltäglichen Gemeinheiten und Bosheiten, von der umfassenden Perfidie eines totalitären Systems, das dem Objekt seiner Observation und Zersetzung, "Staatsgefährdender Hetze" und "Staatsverleumdung" glaubte vorwerfen zu können. Vollends zur Unperson wurde Kunze, als er 1976 bei S. Fischer den Band "Die wunderbaren Jahre" erschienen ließ, minutiös gezeichnete Momentaufnahmen aus dem Alltag der Lüge der um ihre Jugend betrogenen nachwachsenden Generation in der DDR. Im April 1977 siedelte er mit Frau und Tochter in die Bundesrepublik über und lebt seitdem in Oberzell bei Passau.
    Kunzes Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt. Er erhielt schon 1977 den Georg-Büchner-Preis der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung, 1999 den Friedrich-Hölderlin-Preis und erst vor wenigen Tagen den Hans-Sahl-Preis. "Seine Kritiker rühmen ihn als einen Dichter, der seismographisch auf atmosphärische Störungen reagiert, der Prägnanz und Genauigkeit zum Markenzeichen seiner Gedichte macht", so Präsident Wolfgang Bergsdorf in seiner Ankündigung. Mit sanfter Unerbittlichkeit werde der Leser in den Prozess der sprachlichen Gewissensforschung einbezogen. Bei ihm bildeten sich Person, Biografie und literarische Kompetenz bruch- und nahtlos zu einer außergewöhnlichen Integrität aus.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Sprache / Literatur
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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