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13.12.2010 10:48

Hohe Hürden für Sportler mit Handicap

Stephan Laudien Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Sportwissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena analysieren Chancen und Probleme behinderter Leistungssportler

    Catherine Bader-Bille hatte großes Glück. Die körperbehinderte Leistungssportlerin fand über eine Begegnung mit der Weitspringerin Heike Drechsler zu deren Schwiegervater Erich, der das Training von Bader-Bille übernahm. Anderen behinderten Sportlern bleibt solches Glück versagt: Es fehlt im deutschen Behindertensport an gut ausgebildeten Trainern.

    „Die Trainerfrage gehört zu den großen Problemen im Behindertensport“, sagt PD Dr. Reinhild Kemper von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Prof. Dr. Dieter Teipel hat die Sportwissenschaftlerin die Möglichkeiten und Grenzen im Sport und insbesondere im Leistungssport von Athleten mit Behinderung in Deutschland untersucht. Die Ergebnisse ihrer Studien haben die Jenaer Sportpsychologen jetzt veröffentlicht in der Publikation „Chancen und Probleme der Nachwuchsförderung und Rekrutierung von Leistungssportlern mit Behinderung.“

    Das Buch der Jenaer Sportwissenschaftler vereint zwei Studien zum Thema. Einmal wurden die Chancen und Probleme der Nachwuchsförderung im Behindertensport analysiert, zum anderen die Rekrutierungspraxis in Schule, Verein und Rehabilitationseinrichtungen unter die Lupe genommen.

    Reinhild Kemper spricht von fehlender Sensibilisierung für die Probleme behinderter Sportler „auf breiter Ebene“. Es sei noch fehlende Unterstützung und Akzeptanz für Sportler mit einem Handicap feststellbar. So gebe es in Deutschland gerade einmal sechs hauptamtliche Trainer im Leistungssport der Behinderten. Hinzu kommen zahlreiche halbe Stellen, mit denen die Trainer sowohl nichtbehinderte als auch behinderte Sportler betreuen.

    Die Probleme von Sportlern mit einer Behinderung beginnen bereits sehr früh. So haben Teipel und Kemper festgestellt, dass Lehrer und Sportlehrer oftmals mit behinderten Schülern überfordert sind. Schnell würden personenspezifische Sportbefreiungen ausgesprochen. „Hinzu kommen die Ängste der Eltern, ihr Kind könnte durch den Sport weiteren Schaden nehmen“, sagt Kemper. Weitere Hindernisse liegen in der Form der körperlichen Beeinträchtigungen: So sind viele behinderte Sportler auf die Hilfe von Guides angewiesen, um ihren Sport ausüben zu können. Diese Guides wiederum benötigen Aufwandsentschädigungen und bei internationalen Wettkämpfen auch Freistellungen. Finanziell gefördert werden Athleten aber nur, wenn sie bestimmte Leistungsnormen erbringen und Kaderzugehörigkeit erlangen. Doch um nach „ganz oben“ zu kommen, bedarf es zum Beispiel spezieller Prothesen. „Fehlen den Sportlern die materiell-technischen Voraussetzungen, sind Höchstleistungen kaum erreichbar“, so Kempers Fazit.

    Dennoch haben die beiden Autoren Chancen im Behindertensport ausgemacht. So gebe es zahlreiche Sichtungen auf der Ebene von Behindertenschulen und integrativ ausgerichteten Schulen und in Abteilungen von Behindertensportvereinen. Die Deutsche Behindertensport-Jugend (DBSJ) eröffne vielfältige Angebote in Sommer- und Wintersportarten für Kinder und Jugendliche. Zudem sei es gelungen, sportartorientierte Wettkämpfe in Form der „Jugend trainiert für die Paralympics“ zu institutionalisieren. Die finanzielle Förderung der Nachwuchsathleten habe sich merklich verbessert.

    Es könne äußerst lehrreich sein, sich im Ausland umzuschauen, sagt PD Dr. Reinhild Kemper. In England beispielsweise würden behinderte Sportler in die jeweiligen Fachverbände integriert – eine Praxis, die sich positiv auf die Leistung der Sportler auswirkt.

    Im Falle Catherine Bader-Billes stellten sich mit dem Trainer Erich Drechsler die Erfolge ein: Bei den Paralympics 2000 errang die Weitspringerin die Goldmedaille. Zudem hält Bader-Bille, die 2005 ihre Karriere beendete, bis heute zwei Weltrekorde.

    Bibliographische Angaben:
    Reinhild Kemper, Dieter Teipel: „Chancen und Probleme der Nachwuchsförderung und Rekrutierung von Leistungssportlern mit Behinderung“, Sportverlag Strauß, Köln 2010, 302 Seiten, Preis: 24,80 Euro, ISBN: 978-3-86884-023-0

    Kontakt:
    PD Dr. Reinhild Kemper
    Institut für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Seidelstraße 20, 07749 Jena
    Tel.: 03641 / 945694
    E-Mail: reinhild.kemper[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Die Rollstuhlbasketballer der Jena Caputs sind in ihrem Sport erfolgreich - auch weil sie, anders als andere Behindertensportler, die Trainerfrage gut gelöst haben.
    Die Rollstuhlbasketballer der Jena Caputs sind in ihrem Sport erfolgreich - auch weil sie, anders al ...
    Foto: Peter Poser
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    Cover der neuen Publikation der Jenaer Sportpsychologen.
    Cover der neuen Publikation der Jenaer Sportpsychologen.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Sportwissenschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Die Rollstuhlbasketballer der Jena Caputs sind in ihrem Sport erfolgreich - auch weil sie, anders als andere Behindertensportler, die Trainerfrage gut gelöst haben.


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