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14.11.1996 00:00

Sowjetische Kulturpolitik aus Geheimarchive

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 14.11.1996 Nr. 208

    Nun ist Schluss mit Geheimniskraemerei

    Wie die Kulturpolitik in der fruehen Sowjetunion funktionierte

    RUB-Gemeinschaftsprojekt mit Moskauer staatlichen Archiven

    Unter der Leitung des Lotman-Institutes fuer russische und sowjetische Kultur der Ruhr-Universitaet Bochum (Leitung: Prof. Dr. Karl Eimermacher und Dr. Klaus Waschik) wird in einem mehrjaehrigen Projekt ,Formen, Mechanismen und Strukturen der sowjetischen Kulturpolitik von 1917 bis 1940" die sowjetische Kulturpolitik dokumentiert und analysiert. Durchgefuehrt wird dieses Projekt mit dem Foederalen Archivdienst Russlands, dem Staatsarchiv der Russischen Foederation, dem Russischen Staatsarchiv fuer Literatur und Kunst sowie dem Russischen Zentrum fuer die Aufbewahrung und das Studium von Dokumenten der neuesten Geschichte (ehemals: Zentrales Parteiarchiv der KPdSU). Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) foerdert diese Arbeiten mit rund einer Viertelmillion DM.

    Archive bis in die 90er Jahre unzugaenglich

    Allein die Beteiligung dieser bedeutenden Archive weist auf die Dimensionen des Projektes hin. Was dieses Projekt allerdings zu einem Forschungsunternehmen von noch nicht abzuschaetzendem innovativen Wert macht, ist die Tatsache, dass die genannten Archive Originaldokumente aus der Partei- und Staatsverwaltung zur Verfuegung stellen, die bis in die fruehen neunziger Jahre sowohl fuer westliche als auch fuer sowjetische Forscher unzugaenglich waren.

    Bisherige Materiallage unzulaenglich

    Die bereits vorhandenen Publikationen zur sowjetischen Kulturpolitik sind durch eine unzureichende Materialgrundlage gepraegt, da sie sich nur auf Dokumente stuetzen konnten, die entweder von staatlich gelenkten bzw. ueberwachten Medien der OEffentlichkeit praesentiert oder auf dem Wege der Kolportage bekannt wurden. Aussagen, die anhand dieses Materials gemacht werden konnten, stellten hauptsaechlich Rueckschluesse von bekannten Sachzusammenhaengen und Mechanismen dar und waren somit eher spekulativer Natur. Die russischen Publikationen von Dokumenten, die nach der OEffnung der Archive u.a. in literarischen Zeitschriften erfolgten, lassen in ihrer Gesamtheit eine nachvollziehbare Systematik oder Kriterien fuer die Auswahl von Dokumenten vermissen. Sie liefern lediglich kleine Ausschnitte aus der sowjetischen kulturpolitischen Geschichte und sind nicht selten aufgrund ihres ,sensationellen" Gehaltes ueberhaupt erst zustande gekommen.

    Wie Macht- und Kulturmechanismen funktionieren

    Das Lotman-Institut fuer russische und sowjetische Kultur versucht nun in Zusammenarbeit mit den vier russischen Archiven, das Netz der Strategien und Mechanismen zu rekonstruieren, welcher sich die zentralen, ideologie- und herrschaftssichernden Behoerden und Einrichtungen zur kulturpolitischen Steuerung im bewussten Zeitraum bedienten. Dazu muessen in einem ersten Schritt detailliert Parameter festgelegt werden, anhand derer eine erste Materialsichtung und zunaechst noch grobe Dokumentenvorauswahl vorgenommen werden kann.

    Mehr als 400.000 unbekannte Akten sichten

    Die dabei zu bewaeltigende Materialfuelle ist gewaltig: mehr als 400.000 noch vollkommen unbekannte Akten kommen fuer den zu behandelnden Gegenstand in Frage. Die Akten stammen u.a. aus den Fonds des Zentralkomitees der KPdSU bzw. ihrer Vorlaeufer. Dabei handelt es sich insbesondere um Dokumente des Politbueros sowie der Einzelabteilungen des Zentralkomitees.

    Verschlungene Kommunikationswege nachzeichnen

    Auf die Mechanismen der sowjetischen Kulturpolitik soll nicht mehr ueber eine Art Hochrechnung einzelner, aus dem verwaltungstechnischen Zusammenhang gerissener Dokumente geschlossen werden, sondern es werden vor allem die Kommunikationswege zwischen den einzelnen Instanzen und Organen der mit der Kulturpolitik befassten Einrichtungen und Behoerden nachgezeichnet. Auf diese Weise koennen die Mechanismen eines Systems - gewissermassen des Nervensystems des sowjetischen kulturpolitischen Organismus - offengelegt werden.

    Mit Kennern russischer Archive

    Die Durchfuehrung des Projektes geschieht in Teilprojekten, die sich intensiv mit einzelnen Gesichtspunkten der sowjetischen Kulturpolitik beschaeftigen werden. Die russischen Archive stellen eigens zu diesem Zweck Mitarbeiter, die ausschliesslich im Rahmen des Projektes taetig werden, zur Verfuegung. Bei der Organisation des Projektes kommt den Leitern - Prof. Dr. Karl Eimermacher und Dr. Klaus Waschik - und Mitarbeitern des Lotman-Institutes ihre Erfahrung aus analogen Objekten zugute.

    Weitere Informationen

    Dr. Klaus Waschik, Ruhr-Universitaet Bochum, Lotman-Institut fuer russische und sowjetische Kultur, 44780 Bochum, Tel.0234/700-3370, Fax: 0234/7094-243 .


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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