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06.10.2001 00:00

Konsolidierung bei Internet-Startups - Abflauende Konjunktur erhöht Zahl der Insolvenzen

Wiebke Girolstein Corporate Communications
European Business School

    Längsschnitt-Untersuchung über Venture Capital finanzierte Internet-/E-commerce Unternehmen

    In einer zweiten Längsschnitt-Untersuchung hat das Projekt e-Startup.org an der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs) das Schicksal von 676 Venture Capital-finanzierten Internet/E-Commerce Unternehmen verfolgt und zum Stichtag 1. Oktober 2001 erneut ausgewertet. Erstmals wurde auch eine Stichprobe von 2.400 Unternehmen in die Untersuchung einbezogen, die kein Venture Capital erhalten haben. Als zusätzlicher Indikator wurde die Entwicklung der Insolvenzverfahren für die Jahre 2000/2001 ausgewertet.

    Die ermittelten Ausfallraten zeigen, dass sich die Konsolidierung in den Sommermonaten deutlich beschleunigt hat. Beinahe dreimal so viele Unternehmen haben aufgeben müssen oder Insolvenz angemeldet, wie im gleichen Zeitraum Anfang des Jahres. Die deutliche Marktbereinigung, das anstehende Weihnachtsgeschäft und wieder sinkende Pleitezahlen in den USA lassen jedoch für die kommenden Monate auf eine gewisse Entspannung und sinkende Ausfallraten hoffen.

    Die Ergebnisse der Untersuchung sind im Internet unter www.e-startup.org als Download verfügbar.

    Entwicklung der Insolvenzen

    Nach durchschnittlich 5 Insolvenzen pro Monat im Jahr 2000 und einem Anstieg auf 20-22 im ersten Halbjahr 2001 haben in den letzten drei Monaten jeweils 60 Unternehmen den Gang zum Amtsgericht antreten müssen. Seit Anfang 2000 sind in Summe ? unter Berücksichtigung der angemeldeten, aber noch nicht eröffneten Verfahren ? mehr als 350 Internet/E-Commerce Unternehmen insolvent geworden. Über die Hälfte wurden durch Venture Capital Gesellschaften finanziert und betreut

    Neben der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und den traditionell schwachen Sommermonaten ist einer der Auslöser für die Entwicklung auch der zunehmende Druck auf die VC-Gesellschaften, Beteiligungsportfolios zu bereinigen und nur noch besonders erfolgverprechende Gründungen weiter zu finanzieren. Neben Hinweisen auf eine gescheiterte Anschlussfinanzierung findet sich zunehmend häufig aber auch das Eingeständnis, dass sich Produkte oder Geschäftsmodelle am Markt nicht durchsetzten konnten. Diese Entwicklung lässt darauf hoffen, dass die Branche aus der jüngsten Konsolidierungsrunde gestärkt hervorgehen wird.

    Geographisch konzentrieren sich die ausgewerteten Insolvenzen vor allem auf die Standorte, an denen auch entsprechend viele Internet-Unternehmen aktiv sind: Mit 64 Insolvenzen ist München Spitzenreiter, gefolgt von Hamburg (48), Berlin (38) und Düsseldorf (20). Eine überproportional hohe Insolvenzquote konnte bisher an keinem der untersuchten Standorte festgestellt werden.

    Entwicklung bei VC-finanzierten Unternehmen

    Betrachtet wurde eine Stichprobe von 676 Unternehmen, die zum Stichtag 1. Juli 2000 am Markt aktiv waren und bereits Venture Capital erhalten hatten. Waren bis zum 1. Mai 2001 (10 Monate) erst 52 Unternehmen gescheitert, hat sich ihre Zahl bis zum 1. Oktober 2001 auf 141 Firmen oder 20,8% deutlich erhöht. Als Scheitern betrachtet wurde die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder die Aufgabe bzw. Schließung des Unternehmens durch die Eigner.

    Die Zahl der Übernahmen hat sich dagegen nur moderat entwickelt. Von 64 auf 76 Unternehmen oder 11,3% ist sie nur geringfügig angestiegen. Zurückhaltung übten die potentiellen Investoren auch bei gescheiterten Übernahmekandidaten: Nur für jedes siebente insolvente Unternehmen konnte bisher ein Käufer gefunden werden, weitere 6% konnten immerhin in Teilen (Kundenstamm, Mitarbeiter oder Geschäftsmodell) veräussert werden. Damit konsolidiert das Segment Internet/E-Commerce auch weiterhin stärker durch Scheitern als durch Übernahmen.

    Vergleich VC-finanzierter und nicht VC-finanzierter Gründungen

    Der direkte Vergleich von 2.405 nicht VC-finanzierten Gründungen mit 902 VC-finanzierten zeigt, dass dieser Unternehmenstyp deutlich weniger ausfallgefährdet ist. Die Rate der gescheiterten Unternehmen war im betrachteten Zeitraum mit 8,5% weniger als halb so groß als bei den VC-finanzierten, bei denen 19,1% der Anbieter Insolvenz anmelden mussten oder aufgegeben haben. Obwohl auch bei den meist kleinen und flexiblen Unternehmen die Ausfallraten deutlich gestiegen sind, haben sie sich besser an die geänderte Marktsituation anpassen können.

    Geringerem Risiko stehen aber auch geringere Chancen gegenüber. Die nicht VC-finanzierten Unternehmen sind als Akquisitionskandidaten weniger interessant. Nur 5,3% wurden bisher übernommen, gegenüber 9,6% bei den VC-finanzierten Unternehmen.

    Konsolidierungstempo

    Die in den Sommermonaten beobachtete Konsolidierungswelle wird im Jahr 2001 erstmals dazu führen, dass mehr Firmen aus dem Markt austreten, als durch neue Gründungen entstehen.

    Von den schätzungsweise rund 15.000 Gründungen, die per 7/2000 im deutschen Markt aktiv waren, sind in den vergangenen 15 Monaten mehr als 1.700 wieder ausgetreten. Wird das aktuelle Tempo der Konsolidierung fortgeschrieben, kann für das Gesamtjahr 2001 mit etwa 1.900 Marktaustritten gerechnet werden. Davon entfallen 1.300 auf Scheitern und 600 auf eine Eingliederung nach Übernahme.

    Die Zahl der Gründungen erreichte im vergangenen Jahr noch ein Niveau von 2.500 neuen Unternehmen. Bereits seit den Boomjahren 1996/97 ist diese Zahl bereits rückläufig. Sie dürfte aufgrund der Zurückhaltung bei der Finanzierung neuer Geschäftsideen und der schlechteren Stimmung bei den Gründern in 2001 weiter deutlich sinken und erstmals das Niveau der Marktaustritte unterschreiten.

    Ein erstes Indiz hierfür bietet die Entwicklung bei den VC-finanzierten Anbietern. Wurden in 2000 noch durchschnittlich 40 Unternehmen pro Monat neu finanziert, ist diese Zahl im ersten Halbjahr 2001 auf unter 10 Unternehmen gesunken. Dem stehen monatlich etwa 30 Marktaustritte VC-finanzierter Anbieter gegenüber.

    Über die Untersuchung

    Die betrachteten Unternehmen wurden im ersten Halbjahr 2000 durch ein sechsköpfiges Rechercheteam identifiziert. Alle Unternehmen waren vor dem Stichtag 1. Juli 2000 gegründet worden. Die Stichprobe der 676 VC-finanzierten Unternehmen die Finanzierung bereits vor diesem Datum erhalten.

    Der Status der Unternehmen wurde bei den nicht VC-finanzierten Unternehmen einmalig im September 2001 und bei den aktiveren VC-finanzierten quartalsweise aktualisiert. Neben den Unternehmens-Webseiten wurden dazu Suchmaschinen, Newsfeeds und Pressemitteilungen über den gesamten Zeitraum ausgewertet. Bundesweit wurden ergänzend alle eröffneten Insolvenzverfahren ausgewertet und mit der Unternehmens-Datenbank abgeglichen. Alle Ergebnisse beziehen sich auf den Stichtag 1. Oktober 2001.

    Über das Projekt

    E-Startup.org ist das Forschungsprojekt zu Internet/E-Commerce Gründungen in Deutschland. Ziel des Projektes ist es, das aktuelle Gründungsverhalten in Deutschland zu erheben und auszuwerten. Auf Basis der erhobenen Daten wird empirisch das Phänomen der Bildung von Technologie-Regionen für die neu entstehende Industrie untersucht. Damit sollen neue Ansatzpunkte für die regionale Standortpolitik und die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland gefunden werden.

    Das Projekt wird bearbeitet am DtA-Stiftungslehrstuhl für Gründungsmanagement und Entrepreneurship der EUROPEAN BUSINESS SCHOOL (ebs) in Oestrich-Winkel. Leiter des von der Deutschen Ausgleichsbank finanzierten Lehrstuhls ist Prof. Dr. Heinz Klandt. Projektleiter von e-Startup.org ist Lutz Krafft, der seit 1993 als Berater bei der Boston Consulting Group tätig ist.

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    Weitere Informationen über das Projekt und über den Lehrstuhl erhalten Sie über die Pressestelle der Hochschule oder auf folgender Internetseite: www.e-startup.org.

    Wiebke Schöpper, Tel. 06723-69-141,
    E-mail: wiebke.schoepper@ebs.de


    Weitere Informationen:

    http://www.e-strtup.org


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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