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22.10.2001 12:39

Augsburger Graduiertenkolleg präsentiert Projekte zur Entstehung der europäischen Informationskultur

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Bis zum 10. November 2001 gibt in der Universitätsbibliothek Augsburg die Ausstellung "Medienfelder - Wissensfelder" Einblick in die Arbeit der ersten Förderphase des am Institut für Europäische Kulturgeschichte angesiedelten Graduiertenkollegs "Wissensfelder der Neuzeit. Entstehung und Aufbau der europäischen Informationskultur". Die jetzt für die Öffentlichkeit zugängliche Posterpräsentation wurde ursprünglich von den Stipendiatinnen und Stipendiaten des Kollegs als Dokumentation im Rahmen des DFG-Verlängerungsverfahrens erarbeitet. Als Beitrag zu den Augsburger "Tagen der Forschung" werden am 6. November 2001 von 10 bis 12 Uhr im Ausstellungsbereich (Foyer der Zentralbibliothek, Universitätsstraße 22) ausgewählte Projekte auch in Form kurzer Vorträge vorgestellt werden.

    DFG-FÖRDERUNG BIS 2004 VERLÄNGERT UND AUFGESTOCKT

    Das Graduiertenkolleg hat im Wintersemester 1998/99 seine Arbeit aufgenommen. Es ist interdisziplinär angelegt und primär der Förderung von Dissertationen und weiterführender Post-Doc-Forschungen gewidmet, die thematisch auf "Entstehung und Aufbau der europäischen Informationskultur" ausgerichtet sind. Am Kolleg beteiligt sind die Fächer Geschichte und Volkskunde, Literatur- und Sprachwissenschaft, weiterhin die Kunstgeschichte, die Politikwissenschaft und die Pädagogik sowie jetzt auch der zum Wintersemester an der Universität Augsburg neu eingerichtete Studiengang "Europäische Kulturgeschichte". Nachdem das Kolleg bei der letzten DFG-Begehung nicht nur bis 2004 verlängert wurde, sondern die Fördermitteln sogar aufgestockt wurden, stehen derzeit insgesamt zwölf Doktoranden- und zwei Postdoktoranden-Stellen zur Verfügung. Interessierte haben auch die Möglichkeit, als Kollegiaten ohne Vollstipendium oder Gastkollegiaten am Programm mitzuarbeiten.

    MEDIENREVOLUTION: SCHLÜSSEL ZUM VERSTÄNDNIS FRÜHNEUZEITLICHER FUNDAMENTALPROZESSE

    Allen Forschungsarbeiten gemeinsam ist die Konzentration auf das übergeordnete Thema "Aufbau der europäischen Informationskultur", hinter dem die Überlegung steht, dass zahlreiche frühneuzeitliche Fundamentalprozesse wie Konfessionalisierung, Staatsaufbau, Verwissenschaftlichung etc. erst durch die frühneuzeitliche Medienrevolution ermöglicht, aber umgekehrt auch von ihr geprägt wurden.

    Durch die Wahl einer bestimmten Text- oder Bildgattung, teilweise aber auch durch die vergleichende Betrachtung unterschiedlicher Bild- und Schriftmedien sollen besonders deren spezifische Leistungen, aber auch deren nicht-intendierte Auswirkungen auf die Konstruktion, die Tradierung und Verbreitung von Wissen in der frühneuzeitlichen europäischen Gesellschaft erforscht werden.

    EXZELLENTE QUELLENBASIS VOR ORT

    Im Vordergrund stehen dabei weniger inhaltliche als formale Aspekte der Gestaltung, der Eigengesetzlichkeit und Eigendynamik von bestimmten Genre, Quellengattungen, Bildtypen, Textsorten etc., aber auch von spezifischen Gebrauchskontexten und Rezeptionsweisen. Auch wenn sich die inhaltlichen Aspekte von den formalen nicht völlig trennen lassen, geht es dennoch vor allem darum, die skriptographischen und typographischen Vorstrukturierungen, die paratextlichen und textlichen Organisationsformen sowie Gestaltungsmuster und Topoi aufzudecken, die bei einer rein inhaltlichen Auswertung häufig vernachlässigt werden. Zur Auswertung kommen dabei handschriftliche wie gedruckte Texte, Druckgraphik wie Bildpublizistik, aber auch Werke der bildenden Kunst und rituelle Formen der Vermittlung, soweit sie eine Untersuchung im Sinne einer Gattungsreihe zulassen. Generell gilt, dass sich das Interesse eher auf typische Formen und Strukturen als auf Einzelwerke und -ereignisse bezieht und folglich die Prozesse der Standardisierung thematisiert werden. Als Beispiele für entsprechende Untersuchungsgruppen sind etwa Rechnungsbücher zu nennen oder Jubiläumsliteratur, Reiseberichte, Judenbriefe, Visitationsprotokolle etc. In der Oettingen-Wallersteinschen Bibliothek der Universitätsbibliothek Augsburg können die Stipendiatinnen und Stipendiaten dabei auf umfangreiche und bedeutende Bestände dieser Quellengattungen zugreifen.

    Die Synopse der Forschungsergebnisse wird zeigen, auf welche Art und Weise Wissen in der frühneuzeitlichen europäischen Gesellschaft konstruiert, tradiert und verbreitet wurde und dementsprechend zum Aufbau einer europäischen Informationskultur beigetragen hat.

    FUNKTIONAL DEFINIERTE "WISSENSFELDER"

    Die einzelnen Forschungsarbeiten werden "Wissensfeldern" zugeordnet, die den Austausch zwischen ähnlichen Projekten fördern und Möglichkeiten der Vertiefung bieten. Diese "Wissensfelder" sind in erster Linie durch die Funktionen definiert, die die jeweilgen Texte und Bilder im Kommunikationsprozess erfüllen. Da die meisten Medien zugleich mehrere Funktionen erfüllen, ergeben sich automatisch Überschneidungen zwischen den einzelnen Feldern, von denen insgesamt sechs abgegrenzt wurden: 1. Unter dem administrativen Feld werden alle Formen des Verwaltungswissen, seien sie kirchlicher, geschäftlicher oder herrschaftlicher Art, gebündelt. Hier werden insbesondere Visitationsprotokolle und Firmenakten näher beleuchtet. 2. Das memoriale Feld umfasst Formen des Erinnerns in ihren unterschiedlichsten Funktionen. Hierunter fallen Untersuchungen von Münzsammlungen und Epigraphik, frühneuzeitliche Editionen und Übersetzungen antiker Historiker, Jubiläums- und Festliteratur sowie Historiographie und Mythographie. 3. Das pragmatische Feld birgt handlungsanleitende Formen des Wissens. Hier finden sich Projekte zur Altökonomik, Konversations-, Höflichkeits- und Zeremonialliteratur, neulateinischen Epigrammatik, zur frühen Sensationspresse und zur Reise- sowie Magieliteratur. 4. Das politische Feld orientiert sich stärker an normativ-präskriptiven Quellen herrschaftlichen Wissens. Dorfordnungen, Fürstenspiegel, Regimentslehren und politisch Rhetoriken, Reichs- und Friedenspublizistik stehen hier im Mittelpunkt des Interesses. 5. Innerhalb des didaktisch-wissenschaftliches Feldes werden Themen der historischen Didaktik, der Fremdsprachendidaktik, des Rezensionswesens sowie der Gelehrtentraktatistik behandelt. 6. Unter dem ästethisch-ikonographische Feld schließlich findet der gesamte Bereich der darstellenden Kunst und der Bildpublizistik Berücksichtigung.
    ______________________________________

    Die Ausstellung in der Zentralbibliothek der Universität Augsburg ist bis zum 10. November 2001 montags bis freitags von 8.30 bis 22.00 Uhr und samstags von 8.30 bis 16.00 Uhr bei freiem Eintritt zugänglich.

    Eine Vortragsveranstaltung zu den Einzelprojekten
    o Die Kometen von 1618/19. Untersuchungen zur Vermittlung und Instrumentalisierung antiken und zeitgenössischen Wissens in der frühneuzeitlichen Kometenliteratur des deutschsprachigen Raumes (Marion Gindhart);
    o Die Judenschutzbriefe der Grafschaft Oettingen-Studien zu einem Herrschaftsmedium der Frühen Neuzeit im Kommunikationsfeld von Judengemeinden, Landesherrn und christlicher Untertanenschaft (Johannes Mordstein) und
    oDas Bild Spaniens und der Spanier im deutschsprachigen Raum des 16. und 17. Jahrhunderts (Holger Kürbis)
    findet als Beitrag zu den Augsburger Tagen der Forschung am Dienstag, dem 6. November 2001 von 10.00 bis 12.00 Uhr im Ausstellungsbereich statt.

    KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN:

    Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg
    Eichleitnerstraße 30, 86159 Augsburg,
    Telefon 0821/598-5840, e-mail: susanne.empl@iek.uni-augsburg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.Uni-Augsburg.DE/institute/iek/index.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht, Sprache / Literatur
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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