Ein Forscher des Museums für Naturkunde Berlin hat in Baltischem Bernstein die Insekten-Larve einer Fanghafte entdeckt, die sich von Spinneneiern ernährt und Huckepack auf einer Spinne sitzt, bis diese einen Kokon baut. Dieser besondere Fund weist das außergewöhnliche Verhalten erstmals bei Fossilien nach und zeigt, dass es bereits vor mehr als 44 Millionen Jahren entstanden ist.
Fanghafte (Mantispidae) sind eine exotische Gruppe von Netzflüglern (Neuroptera), die dank ihrer Fangvorderbeine wie kleine Gottesanbeterinnen aussehen. Diese Ähnlichkeit ist aber nur oberflächlich und ein Lehrbuchbeispiel für mehrfache Evolution ähnlicher Organe (Konvergenz).
Die meisten Fanghafte zeigen ein sehr ungewöhnliches Verhalten ihrer Larven. Diese ernähren sich ausschließlich von Spinneneiern oder Spinnenlarven, die sie in den Kokons von Wolfsspinnen und Verwandten aussaugen. Um solche Kokons zu finden, setzen manche Fanghafte eine besondere Strategie ein: Die Erstlingslarven sind sehr agil und schaffen es, ein Wolfsspinnenweibchen zu besteigen. An Bord der Spinne verbleiben sie solange, bis diese einen Kokon spinnt, in den die Larve danach eindringt. Dann kann die Spinnenmahlzeit beginnen. Die späteren Larvenstadien der Fanghafte sind dann madenartig und fressen sich bis zur Verpuppung fett. Solche spinnenreitenden Larven von Fanghaften können sogar die Häutung von Spinnen überstehen, indem sie sich in die Buchlungen der Spinnen zurückziehen und abwarten.
Dr. Michael Ohl vom Museum für Naturkunde in Berlin ist es nun gelungen, einen solchen „Spinnenreiter“ in Baltischem Bernstein nachzuweisen. Die Larve der Fanghafte sitzt auf dem Rücken einer Sackspinne (Clubionoidea) und wartet darauf, dass die Spinne einen Kokon baut.
Dieser Fund ist nicht nur ungewöhnlich, weil es die erste fossile Larve einer Fanghafte überhaupt ist, sondern auch, weil dies der direkte Nachweis für die Existenz einer besonderen Verhaltensstrategie vor 44 Millionen Jahren darstellt. Nur selten lässt sich Verhalten bei Fossilien nachweisen. Und nicht zuletzt ist dies auch der erste Nachweis von Fanghaften aus dem Baltischen Bernstein überhaupt.
Veröffentlicht in: Ohl, M. 2011. Aboard a spider — a complex developmental strategy fossilized in amber. – Naturwissenschaften. http://dx.doi.org/10.1007/s00114-011-0783-2
Fotos erhalten Sie unter:
http://download.naturkundemuseum-berlin.de/presse/SpiderRider
Bild 1. Sackspinne in Baltischem Bernstein mit der Larve einer Fanghafte, die sich in einer typischen Position auf dem Rücken der Spinne festhält. Foto: Michael Ohl, MfN
Bild 2. Euclimacia horstaspoecki, eine heute lebende Fanghafte aus Thailand. Foto: Sören Materna.
Bild 3. Eine noch unbeschriebene Fanghafte aus Burma. Foto: Michael Ohl, MfN
Kontakt:
PD Dr. Michael Ohl, Kurator, Museum für Naturkunde
Tel. +49 (0)30 20938507, email: michael.ohl@mfn-berlin.de
Dr. Gesine Steiner, Öffentlichkeitsarbeit, Tel. +49(0)30 2093 8917 Fax. +49(0)30 2093 8914, e-mail gesine.steiner@mfn-berlin.de; www.naturkundemuseum-berlin.de
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