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07.04.2011 13:35

Auf gutes Wetter spekulieren. Forscher stellt Modell zur Bewertung von Wetterderivaten vor

Alexander Schlaak Referat II/2, Kommunikation
Universität Regensburg

In vielen Branchen hängt der Umsatz eines Unternehmens von der Entwicklung des Wetters ab. Um das dadurch bestehende Risiko abzufedern, gibt es Finanzinstrumente wie die sogenannten Wetterderivate. Diese werden zwischen einer Bank oder einer Versicherung und einem Unternehmen abgeschlossen, wobei das Unternehmen sein Wetterrisiko auf die Bank bzw. die Versicherung überträgt. Definiert wird ein Wetterderivat durch bestimmte Parameter: eine Messperiode (z.B. Mai 2007), eine Wetterstation (z.B. Berlin-Tempelhof), einen Basiswert (z.B. die tägliche Durchschnittstemperatur), einen Index, der den Basiswert für eine bestimmte Messperiode zusammenführt (z.B. Summe der täglichen Durchschnittstemperaturen im Mai 2007) und eine Auszahlungsfunktion, die den Index in eine Zahlung umwandelt (z.B. 1.000 Euro pro Indexpunk). Als Basiswert werden meteorologische Daten verwendet. Das heißt, dass eine Auszahlung von den Indizes bzw. der Index-Entwicklung eines Wetter-Basiswerts abhängt.

Wetterderivate müssen sich auf die richtigen Wetter-Basiswerte beziehen, um eine sinnvolle Absicherung für Unternehmen darzustellen. Am weitesten verbreitet sind Temperaturwerte als Wettermaß. Allerdings sind die Bewertungsverfahren der 1997 eingeführten Wetterderivate noch relativ wenig standardisiert. In diesem Zusammenhang ist Dr. Maximilian Wimmer von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Regensburg in Kooperation mit Gerold Seidler von der Munich Re ein wichtiger Fortschritt gelungen. Auf der Grundlage von Daten der Munich Re analysierte er gängige Modelle zur Schätzung von Temperaturindizes und entwickelte auf dieser Grundlage ein neues Verfahren, das den bisher gebräuchlichen Modellen überlegen ist.

Bislang konnte man sich in Wissenschaft und Praxis noch nicht auf ein einheitliches Modell einigen. Dies lag auch daran, dass nur in Ansätzen versucht wurde, die konkrete Vorhersagegenauigkeit einzelner Modelle zu vergleichen. Im Rahmen seiner Analysen wertete Wimmer daher die historischen Daten von 35 über die USA verteilten Wetterstationen aus. Vor diesem Hintergrund schätzte er die Parameter der unterschiedlichen Modelle zur Bewertung von Wetterderivaten. Anschließend simulierte er die über die Modelle zu erwartenden Temperaturindizes für verschiedene vergangene Zeitperioden. Durch den Vergleich der simulierten Werte mit den tatsächlich eingetretenen Werten konnte Wimmer die Leistungsfähigkeit der einzelnen Modelle bewerten. Es zeigte sich, dass das von Wimmer entwickelte Modell den gängigen Verfahren gerade dann deutlich überlegen ist, wenn der Bewertungszeitpunkt des Derivates deutlich vor der eigentlichen Messperiode liegt; wenn also Wetterderivate auf ein langfristige Perspektive ausgerichtet sind.

Das Modell von Wimmer verwendet spezielle, aus der Mathematik bekannte Funktionen („Splines“), um Temperaturzeitreihen gezielt von einzelnen Trend- und Saisonalitätseffekten zu bereinigen und die verbleibenden Temperaturunregelmäßigkeiten anzupassen. So konnte der Regensburger Forscher einen wesentlichen Beitrag für künftige Bewertungen und Einschätzungen von Wetterderivaten leisten. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen werden in Kürze in der Printausgabe der Fachzeitschrift „Quantitative Finance“ erscheinen; eine Online-Fassung ist schon jetzt verfügbar (DOI: 10.1080/14697681003777097).

Weiterführende Informationen zum Thema:
Wetterderivate weisen im Vergleich zu anderen Finanzinstrumenten eine Besonderheit auf: Die „Objekte“, auf die sie sich beziehen (Temperatur, Niederschlagsmenge etc.), sind nicht handelbar. Das hat für den Umgang mit Wetterderivaten bedeutende Konsequenzen. Die Grundlage der Bewertung von Wetterderivaten leitet sich allein aus den historischen Wetterdaten ab. Anders als bei Aktien oder bei Rohwaren ist der Basiswert auch nicht durch einzelne Marktteilnehmer beeinflussbar, indem zu bestimmten Zeitpunkten große Mengen verkauft werden oder Marktteilnehmer auf Preisanstiege spekulieren. Der Basiswert von Wetterderivaten kann daher als frei von Marktmanipulationen betrachtet werden.

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Dr. Maximilian Wimmer
Universität Regensburg
Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Tel.: 0941 943-2672
Maximilian.Wimmer@wiwi.uni-regensburg.de


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Ergänzung vom 07.04.2011

Bitte beachten Sie die Korrektur der Pressemitteilung im zweiten Absatz:

"In diesem Zusammenhang ist Dr. Maximilian Wimmer von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Regensburg in Kooperation mit Gerold Seidler und Dr. Frank Schiller von Munich Re ein wichtiger Fortschritt gelungen. Auf der Grundlage von Daten von Munich Re analysierte er gängige Modelle zur Schätzung von Temperaturindizes und entwickelte auf dieser Grundlage ein neues Verfahren, das den bisher gebräuchlichen Modellen überlegen ist."


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Wirtschaft
überregional
Kooperationen, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

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