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11.04.2011 14:22

Geschichten, die die Forschung schreibt

Thomas von Salzen Pressestelle
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

    Wissenschaftliches Kooperationsprojekt der RWTH Aachen mit Chile führte zu überraschendem Ergebnis

    Als die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die wissenschaftlichen Kooperationen mit Südamerika in den Mittelpunkt eines gesonderten Förderprogramms stellte, knüpfte Prof. Dr. rer. nat. Uwe Conrath von der RWTH Aachen an alte Kontakte nach Santiago de Chile an. Mit Prof. Herman Silva, Ph.D. von der Universität Andrés Bello und dem Landwirtschaftlichen Forschungszentrum INIA war rasch der gemeinsame Forschungsgegenstand gefunden: die Wildkartoffel. Allein auf der südchilenischen Insel „Isla Grande de Chiloé“ gibt es davon über 100 Sorten, so dass hier enormes Forschungs- und Nutzungspotential besteht. Die beiden Wissenschaftler einigten sich rasch auf zwei zentrale Fragestellungen: Gibt es wilde Kartoffeln, aus denen Biogas gewonnen werden kann? Und gibt es in den wilden Kartoffeln Resistenzen, die hier angebaute Kartoffeln gegen Schadorganismen resistent machen?

    Von 2008 bis 2010 besuchten wiederholt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Partnereinrichtung dieseits und jenseits des Atlantiks. Unter Einbeziehung der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ekkehard Neuhaus an der TU Kaiserslautern konnten bald wilde Kartoffeln identifiziert werden, deren Knollen einen stark erhöhten Zucker-Gehalt aufweisen und die sich damit zur Biowasserstoffgewinnung eignen sollten. Anschließende Versuche in den Labors von Prof. Dr.-Ing. Michael Modigell vom Lehr- und Forschungsinstitut für Mechanische Verfahrenstechnik der RWTH Aachen erbrachten den Beweis, dass dies in der Tat technisch grundsätzlich machbar ist. Damit konnte das chilenisch-deutsche Konsortium einen wertvollen Grundstoff für die Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen benennen. Mehr noch: Auch in der Jerusalem-Artischocke – einer gelb blühenden Pflanze, die vorrangig in Auenlandschaften und an Fließgewässern wächst – konnten die Wissenschaftler ausreichend Zucker nachweisen. „Vielleicht wächst unser Kraftstoff der Zukunft an Bach- und Flußläufen“, vermutet Prof. Conrath.

    Derzeit arbeitet Sergio Diez-de-Medina Roldán aus Santiago de Chile in der Gruppe für Biochemie und Molekularbiologie der Pflanzen am Aachener Institut für Pflanzenphysiologie an dem Projekt. Er hatte schon bei seinem ersten Aufenthalt an der RWTH Wildkartoffeln mitgebracht und vermehrt, die jetzt Pathogenitätstests unterzogen werden. Der Nachwuchswissenschaftler hat nämlich zwei Linien dieser wilden Kartoffeln gefunden, die im Gewächshaus gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule resistent sind. Dieser Schaderreger führte bereits im 19. Jahrhundert zu einer verheerenden Hungersnot, insbesondere in Irland. Im Verlauf seiner Arbeiten in Aachen gelang es dem chilenischen Biologen, das für die Resistenz verantwortliche Gen der wilden Kartoffel zu identifizieren. „Derzeit untersuchen wir, ob die Resistenz auch gegen aggressive europäische Isolate des Schaderregers schützt“, schildert Prof. Conrath die aktuellen Anstrengungen. „Im Rahmen eines Freilandversuchs auf Flächen der TU München in Weihenstephan werden wir in diesem Sommer sehen, ob wir dem Erreger Einhalt gebieten können.“ Auf die Ergebnisse wartet auch die Industrie mit Spannung, denn eine mit der Resistenz ausgestattete Kartoffel könnte weltweit ein begehrtes Nahrungsmittel darstellen.

    Derzeit schreibt das chilenisch-deutsche Forscherteam den Abschlußbericht des DFG-Projekts. Doch es ist bereits vorgesehen, dass es einen Folgeantrag geben wird, an dem alle bislang Beteiligten teilhaben werden. Prof. Conrath: „Die Resistenzen der Wildkartoffeln sind noch längst nicht umfassend erforscht. Wer weiß, was wir noch für angenehme Überraschungen erleben.“ Außerdem eröffnet die mögliche Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Jülich, Bonn, Köln und Düsseldorf im jüngst gegründeten BioEconomy Science Center NRW ganz neue Perspektiven- auch für die Kartoffel.

    Toni Wimmer

    Weitere Informationen erhalten Sie bei
    Univ.-Prof. Dr. Uwe Conrath
    Lehr- und Forschungsgebiet Biochemie und Molekularbiologie der Pflanzen
    Worringer Weg 1
    52074 Aachen
    Telefon: 0241/80-26540
    E-Mail: Uwe.conrath@bio3.rwth-aachen.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Energie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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