Hochschulpolitik und Hochschulplanung stehen vor einer komplexen Aufgabe: Infolge des demografischen Wandels ist mit sinkenden Jahrgangsstärken der Bevölkerung im studiertypischen Alter zu rechnen. Zugleich zeichnet sich kurz- und mittelfristig eine deutlich erhöhte Studiennachfrage aufgrund doppelter Abiturjahrgänge, der Aussetzung des Wehr- und Zivildiensts und einer weiterhin steigenden Beteiligung an zur Hochschulreife führender Schulbildung ab. Wie die Weichen stellen? Besonders drängend ist diese Frage in den neuen Ländern, wo die demografische Entwicklung bereits seit einiger Zeit zu rückläufigen Schülerzahlen führt.
Vor diesem Hintergrund hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) das HIS-Institut für Hochschulforschung (HIS-HF) beauftragt, in enger Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt und dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Vorausberechnungen der Studienanfänger/-innen, der Studierenden und der Hochschulabsolvent(inn)en für die Zeit bis 2025 für das Land durchzuführen. „Um unterschiedliche Entwicklungen in den Vorausberechnungen berücksichtigen zu können, wurden in der Projektion mehrere Varianten gerechnet, die einen Korridor der wahrscheinlichen zukünftigen Entwicklung markieren“, erläutert Andreas Schulz vom Statistischen Bundesamt. Die Ergebnisse wurden nun in der Reihe HIS:Forum Hochschule veröffentlicht.
Entwicklung der Studienanfängerzahlen
Nach den Vorausberechnungen ist in Brandenburg eine Entwicklung wahrscheinlich, nach der die Zahl der Studienanfänger/-innen bis zum Jahr 2025 zwischen 8.500 und 9.000 und damit leicht oberhalb der des Jahres 2007 (8.570) liegen wird. Sie wäre damit immer noch deutlich höher als in den Jahren 2000 bis 2006. Bemerkenswert ist weiterhin, dass die anhaltend hohe Nachfrage explizit gegen den demografischen Trend rückläufiger Schülerzahlen verläuft. Auch wenn der Spitzenwert des Jahres 2009 (10.056) selbst in der „oberen Variante“ nicht mehr erreicht wird, zeigt die Projektion doch in allen gerechneten Varianten, dass die Entwicklung der Zahl der Studienanfänger/-innen nachhaltig und offenbar in zunehmendem Maße unabhängig von der negativen demografischen Entwicklung der jüngeren Bevölkerung verläuft. (s. Abb.). Grund hierfür ist insbesondere die weiterhin steigende Beteiligung an zur Hochschulreife führender Schulbildung.
Was dieses Ergebnis für die Hochschulen und die Hochschulpolitik in Brandenburg bedeutet, erläutert Dr. Christoph Heine, am HIS-Institut für Hochschulforschung zuständig für die Durchführung der Studie: „Die demografischen Veränderungen müssen zwar weiterhin als Kriterium für die hochschulpolitischen Planungen berücksichtigt werden. Die von uns festgestellte relative Entkopplung zwischen demografischer Entwicklung und der Nachfrage nach Hochschulbildung, wie sie sich in den Studienanfängerzahlen dokumentiert, bedeutet aber zugleich, dass die Demografie nicht das einzige Kriterium sein kann und darf.“ Zu berücksichtigen sind vielmehr weitere Faktoren wie etwa die Übergangsquoten an die Hochschule sowie Ab- und Zuwanderungen in bzw. aus anderen Bundesländern. Hier machte sich die besondere geografische Lage Brandenburgs in unmittelbarer Nähe zur attraktiven Metropolregion Berlin lange Zeit als Wanderungsdefizit bemerkbar; seit einigen Jahren erzielt Brandenburg jedoch einen deutlichen Wanderungsüberschuss.
Entwicklung der Studierendenzahlen
Die Projektion der Zahl der Studierenden an den brandenburgischen Hochschulen zeigt, dass auch zukünftig mit einer hohen Auslastung zu rechnen ist. Die Vorausberechnungen gehen in der mittleren Variante von einer Studierendenzahl von 46.500 am Ende des Projektionszeitraums aus. Dies würde dem Niveau von 2008 entsprechen und damit erheblich über dem Niveau der Jahre 2004 bis 2007 liegen. Die Studie betont, dass sich die Nachfrage noch erhöhen könnte, wenn Masterprogramme und Angebote zur wissenschaftlichen Weiterbildung ausgebaut würden.
Entwicklung der Absolventenzahlen
Die Zahl der Absolvent(inn)en wird der Projektion zufolge bis 2016 ansteigen und anschließend leicht rückläufig sein. Ähnlich wie die Studierendenzahlen sinken jedoch auch die Absolventenzahlen (im Erststudium) während des gesamten Projektionszeitraums und in allen Berechnungsvarianten nicht unter das Niveau des Jahres 2007. „Für Brandenburg ist das eine gute Nachricht“, kommentiert Prof. Dr. Ulrike Rockmann vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. „Selbst wenn eine bestimmte Anzahl von Absolventen nach dem Studium in andere Bundesländer gehen wird, können wir davon ausgehen, dass der Metropolregion Berlin-Brandenburg zukünftig in ausreichendem Maße hochqualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden.“
Brandenburgs Wissenschaftsministerin Prof. Sabine Kunst sieht in der HIS-Studie einen quantitativen Beleg für die Erfolge gezielter landespolitischer Maßnahmen zur Steigerung der Studierneigung, zur Erhöhung der Attraktivität der Studienorte auch für Studieninteressierte aus anderen Bundesländern und zur Umsetzung des Hochschulpakts 2020. Weiterhin stellt sie fest, dass die oft zu hörende These, es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang von Schülerzahlen und Studienanfängerzahlen im Land, nun „empirisch eindrucksvoll widerlegt“ sei. „Die Studierendenentwicklung bedeutet für das Land eine große Chance, indem es trotz rückläufiger Schülerzahlen gelingen kann, den regionalen Arbeitsmarkt mit einer anhaltend hohen Zahl von akademischen Fachkräften zu versorgen. Von den Hochschulen gehen wirksame Haltefaktoren aus, junge Menschen und Familien an das Land zu binden. Damit kann man aktiv gegen die demografische Entwicklung und Abwanderung wirken. Das Land kann die Früchte ernten, die es mit der Prioritätensetzung für Wissenschaft und Forschung in den letzten Jahren gesät hat“, so Ministerin Kunst.
„Der auf Grundlage der bewährten Methodik der Vorausberechnung im Nationalen Bildungsbericht verfeinerte Ansatz für länderspezifische Vorausberechnungen im Hochschulbereich kann auch für andere Länder fruchtbar gemacht werden“, ergänzen Heine und Schulz.
In einem nächsten Schritt werden HIS-HF und die Statistischen Ämter ebenfalls im Auftrag des MWFK Projektionen für einzelne Hochschulen in Brandenburg vornehmen. „Aus dieser methodischen Weiterentwicklung erwarte ich einen wichtigen Beitrag für die Arbeit der vom Land eingesetzten Hochschulstrukturkommission, die Empfehlungen zur Zukunftssicherung der brandenburgischen Hochschullandschaft und der fachlichen Angebote der Hochschulen erarbeiten soll“, so Ministerin Kunst.
Die Ergebnisse der Vorausberechnungen für die Studienanfänger/-innen, Studierenden und Absolvent(inn)en sind in der Reihe HIS:Forum Hochschule erschienen. Interessent(inn)en steht die Publikation „Beteiligung an Hochschulbildung in Brandenburg“ (HIS:Forum Hochschule 9|2011) als PDF-Download unter http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201109.pdf kostenlos zur Verfügung. Eine Printversion kann gegen eine Schutzgebühr von 10 Euro direkt bei der HIS Hochschul-Informations-System GmbH bestellt werden.
Nähere Auskünfte:
Dr. Christoph Heine, HIS
Tel: 0511 1220-257
E-Mail: heine@his.de
Pressekontakt:
Theo Hafner
Tel.: 0511 1220-290
E-Mail: hafner@his.de
Hans-Georg Moek, MWFK
Tel: 0331 866-4566
E-Mail: hans-georg.moek@mwfk.brandenburg.de
http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201109.pdf - Download von Forum Hochschule 9|2011
Gemeinsame Pressemitteilung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brand ...
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2000 bis 2025 - Demographische Entwicklung der 19- bis unter 25jährigen Bevölkerung, Studienanfänger
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
fachunabhängig
überregional
Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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