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31.01.2002 11:31

Neues Betriebsrentenmodell im öff. Dienst gefährdet wirtschaftliche Stabilität der Uniklinika

Dr. Ellen Katz Kommunikation und Medien
Universitätsklinikum Tübingen

    Fass ohne Boden für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
    Neues Betriebsrentenmodell ersetzt Alterszusatzversorgung im Öffentlichen Dienst. Umlagekosten gefährden wirtschaftliche Stabilität, Krankenversorgung, Forschung und Lehre in den
    Unikliniken - offener Brief geht heute an Ministerpräsidenten, Wissenschafts- und Finanzminister der Bundesländer.

    Nachdem sich die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes Ende 2001 auf eine grundsätzliche Reform der Zusatzversorgung des Bundes und der Länder (VBL**) verständigt hatten, wird zum 1.1.2002 die bisherige Alterszusatzversorgung in ein Betriebsrentensystem für die Beschäf-tigten im Öffentlichen Dienst umgemodelt. Durch diesen Systemwechsel steigen die Belastungen der Uniklinika und Krankenhäuser deutlich an.
    Für große Krankenhäuser summieren sich diese Zusatzbelastungen auf mehrere Millionen Euro jährlich. Dass kommunale Krankenhäuser und Universitätsklinika dieses Geld zusätzlich aus ihren überstrapazierten Haushalten abzweigen sollen, ist völlig realitätsfern. Letztendlich könn-te dies nur zu Lasten von Patientenversorgung, Forschung und Lehre erfolgen. Ohne eine entsprechende Refinanzierung dieser tarifbeding-ten Mehrkosten jedoch ist zu befürchten, dass die betroffenen Kran-kenhäuser dringend nötiges Personal abbauen müssen.
    Alle Universitätskliniken haben sich heute (31.1.2002) deutschlandweit mit einem offenen Brief an die Ministerpräsidenten, Wissenschafts- und Finanzminister ihrer Bundesländer gewandt.
    Speziell auf die Arbeitgeber der VBL-West kommen Mehrkosten von
    2 % zu. Diese "pauschalen Sanierungsgelder" - ab 2002 beträgt die Umlage für die Arbeitgeber 8,45 % der Bruttopersonalkosten anstatt bisher 6,45 % - werden gebraucht, um die Finanzlöcher zum Zeitpunkt der Schließung des bisherigen VBL-Systems zu stopfen. Auch künftige Deckungslücken sollen ausschließlich durch steuerfreie Sanierungsgel-der der Arbeitgeber aufgefüllt werden. Und an Ausstieg ist nicht zu denken: Die Kliniken müssen aufgrund der derzeitigen Rechtssituation die bestehenden Tarifverträge auf die Beschäftigungsverhältnisse an-wenden. Tarifgebundene Arbeitgeber haben derzeit keine Kündigungs-möglichkeit.

    Aber nicht nur die Arbeitgeber sind betroffen. Auch für den einzelnen Arbeitnehmer sinken die Ansprüche: Sie zahlen für weniger Leistung! Und wer den öffentlichen Dienst vor Rentenbeginn verlässt, verliert seine Ansprüche teilweise oder komplett. Dies ist für wissenschaftliche Einrichtungen wie die Uniklinika, die auf internationale Mobilität ihrer Wissenschaftler angewiesen sind, ein anachronistisches Modell.

    Die Ursachen für diese Entwicklung liegen dem Vernehmen nach in sachlich falschen Kompromissen der Tarifpartner und Nachlässen bei den Ausstiegsbedingungen, die insbesondere dem Bund bei der Privati-sierung großer Unternehmen eingeräumt wurden. Jetzt und in der Zu-kunft zahlen die verbliebenen Einrichtungen und Betriebe von Bund und Ländern die Zeche.

    Die betroffenen Uniklinika und Krankenhäuser fordern:
    (1) Kurzfristig die Zusatzaufwendungen für die Medizinischen Fakultä-ten durch eine dauerhafte Erhöhung des Landeszuschusses für For-schung und Lehre auszugleichen;
    (2) die Zusatzaufwendungen für die Universitätskliniken zunächst
    ebenfalls durch eine Sonderfinanzierung aus dem Landeshaushalt aus-zugleichen, weil die Ursachen hierfür in der Vergangenheit liegen und auf Kompromissen von Bund- und Ländervertretern beruhen, die nicht von den Leitungen der Universitätsklinika zu vertreten sind;
    (3) übergangsweise die Finanzierungsregelungen im Pflegesatzrecht mit Wirkung ab 1.1.2002 so zu ändern, dass diese Zusatzkosten der VBL zwangsläufig von den Krankenkassen übernommen werden müs-sen, damit die Finanzierung aus den Länderhaushalten gemäß Ziffer 2 ersetzt werden kann;
    (4) spätestens zur Einführung des DRG-Systems die Voraussetzungen für einen Austritt aus der VBL zu klären, wobei die Ablöseverpflichtun-gen wie bei den Bundesunternehmen als offensichtliche Altlast von den Ländern als Gewährträger zu übernehmen wären, damit die Uni-versitätsklinika und Medizinischen Fakultäten unbelastet sich dem all-gemeinen Wettbewerb stellen können.

    ** Die VBL ist eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie wurde 1929 in Berlin gegründet und hat seit 1952 ih-ren Sitz in Karlsruhe. Aufgabe der VBL ist es, den Arbeitnehmern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu ge-währen. Die Zusatzversorgung ergänzt die Renten aus der gesetzlichen Ren-tenversicherung im Rahmen einer Gesamtversorgung, die in etwa einer beam-tenähnlichen Versorgung entspricht.
    Ihre rechtlichen Grundlagen hat die Zusatzversorgung in den entsprechenden Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes, insbesondere im Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder.
    Die VBL hat derzeit knapp 2 Millionen Pflichtversicherte und über 898.000 Rentenberechtigte. (Quelle VBL)

    Ansprechpartner für nähere Informationen:

    VUD - Verband der Universitätsklinika Deutschlands
    Rüdiger Strehl, Vorstandsvorsitzender des VUD
    und Kaufmännischer Direktor des Universitätsklinikums Tübingen
    Tel. 0 70 71/29 8 20 05 - Fax 0 70 71/29 39 66

    Prof. Jörg Rüdiger Siewert, Stv. Vorstandsvorsitzender des VUD
    und Ärztlicher Direktor am Klinikum rechts der Isar, München
    Tel. 0 89 / 41 40-21 20, Fax 089 / 41 40-48 70


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik, Recht
    überregional
    Organisatorisches, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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