TECHNISCHE UNIVERSITAET WIEN - NR. 17/1996 v. 23.9.1996
"Muellverbrennung ist oekologischer als Deponierung"
Herkoemmliche Hausmuelldeponien muessen ueber Jahrhunderte nachbetreut werden
TU Wien entwickelt Endlagerkonzept
Wien (TU) - Rund zweieinhalb Millionen Tonnen Hausmuell fallen jaehrlich in Oesterreich an, knapp die Haelfte davon wird auf einer der rund 70 Deponien gelagert, mehr als ein Drittel wird wiederverwertet, rund ein Sechstel verbrannt. Neuen Erkenntnissen zufolge muessen herkoemmliche Deponien aber ueber Jahrhunderte nachbetreut werden, um eine Umweltverschmutzung zu verhindern. Wissenschafter der TU Wien wollen nun ein Konzept fuer nachsorgefreie Endlager entwickeln.
"Die Behauptungen, dass Muellverbrennung umweltschaedlicher als Deponierung sei, entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage" resuemiert Univ.-Prof. Dr. Paul Hans Brunner vom Institut fuer Wasserguete und Abfallwirtschaft der Technischen Universitaet Wien seine Untersuchungen. "Vor 20 Jahren waren Muellverbrennungsanlagen richtige Dreckschleudern. Heute aber betragen die Schadstoffemissionen nur mehr einen winzigen Bruchteil der damaligen Werte." Die Vorteile der Muellverbrennung laegen hingegen auf der Hand: Nur mehr ein Zehntel der urspruenglichen Menge muss deponiert werden, organische Schadstoffe werden zerstoert, und vor allem wird Energie gewonnen: "Hausmuell hat einen hoeheren Heizwert als Braunkohle", so Brunner.
Brunner arbeitet an einem sogenannten Endlagerkonzept: Das Ziel ist eine Haumuellentsorgung ohne Gefahr fuer die Umwelt. "Das kann nur ueber den Weg der Mineralisierung durch Muellverbrennung und sicheren Lagerung der Reststoffe funktionieren." Der aeussere Anlass ist die neue Deponieverordnung in Oesterreich, die im April dieses Jahres in Kraft trat und die die Bedingungen fuer Hausmuelldeponien verschaerfte. Mit einem Anteil der Muellverbrennung von nur 19% am gesamten Aufkommen hat Oesterreich einen enormen Nachholbedarf: In der Schweiz beispielsweise werden bereits rund 80 Prozent "thermisch verwertet". In ganz Oesterreich hingegen gibt es nur drei derartige kommunale Verbrennunganlagen: Zwei in Wien (Spittelau und Floetzersteig), eine etwas kleinere in Wels. Herkoemmliche Hausmuelldeponien, sogenannte "Reaktordeponien", muessten ueber Jahrhunderte nachbetreut werden. So lange dauert es, bis die Emissionen insbesondere an Sickerwasser innerhalb der zulaessigen Werte liegen. "Deponien koennen vielleicht ein paar Jahrzehnte dicht sein, aber sicher nicht ein paar Jahrhunderte." Deshalb muessen die Deponiegase und das Sickerwasser kontrolliert und entsorgt werden. Problematisch seien darin Verbindungen von Stickstoff und Kohlenstoff, Schwermetalle, sowie vor allem organische Schadstoffe. Derzeit sei die Deponierung von Hausmuell mit Preisen in der Groessenordnung von 2.000,- Schilling pro Tonne noch unter den Kosten der Muellverbrennung von etwa 2.500,- bis 3.000,- Schilling. Allerdings sei die normale Deponierung in Wirklichkeit viel teurer, weil die Nachbetreuung bisher nicht beruecksichtigt wurde. "Allerdings interessiert sich heute niemand dafuer, und die Oekonomen erklaeren sich ausserstande, Berechnungen ueber derartig lange Zeitraeume anzustellen", ist Brunner besorgt.
Rueckfragehinweis: Institut fuer Wasserguete und Abfallwirtschaft der Technischen Universitaet Wien, A-1040 Wien, Karlsplatz 13, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Paul Hans Brunner: Tel. +431 - 58801 - 3138 DW, eMail: pbrunner@email.tuwien.ac.at; Internet: http://awsunix.tuwien.ac.at
VIENNA UNIVERSITY OF TECHNOLOGY PUBLIC RELATIONS
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Geowissenschaften, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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