Professor Dr. Hans Josef Pesch
Professor Dr. Hans Josef Pesch trat die Nachfolge der (C4)-Professur Numerische Mathematik und wissenschaftliches Rechnen Professor Albrechts an.
Professor Pesch kommt von der TU Muenchen. Die Entwicklung und Anwendung numerischer Verfahren zur Loesung realistischer Probleme der Technik ist sein Arbeitsgebiet.
Das Feuer der Begeisterung fuer die Angewandte Mathematik legte Ende der sechziger Jahre sein akademischer Lehrer Professor Bulirsch an der Universitaet Koeln, als er seinen Studenten die Schwierigkeiten beim Wiedereintritt einer Apollo-Kapsel in die Erdatmosphaere darlegte. Wie muß ein Raumgleiter gesteuert werden, so daß er sich minimal aufheizt, aber zugleich bis zum Zielpunkt moeglichst weit fliegt, um moeglichst viele Landeplaetze sicher erreichen zu koennen? Wenn nicht mehr auf der vorausberechneten optimalen Bahn geflogen wird, welche ist dann die zum jeweiligen aktuellen Zustand optimale? Das Rechenverfahren muß die Antwort binnen Sekundenbruchteilen liefern. Mit diesem Fragenkreis befaßte sich Pesch in seiner Promotion. Auch heute stehen solche Fragestellungen in der Arbeitsgruppe von Pesch wieder im Vordergrund, wenn auch jetzt andere mathematischen Methoden eine Rolle spielen.
Die Theorie der Differentialspiele behandelt im Kern den Kampf zwischen zwei Kontrahenten, die einander ausschliessende Ziele verfolgen: Eine Katze jagt eine Ratte in einem geschlossenen Zimmer, welche - in dem Modell - zwar langsamer laeuft als die Katze, dafuer aber zum Ausgleich in Schlupfloechern verschwinden kann, die der Katze nicht zugaenglich sind. Von welchen Ausgangspositionen aus erlegt die Katze die Ratte? Ausgang und Ende der Jagd lassen sich mit Hilfe neuronaler Netze in Echtzeit vorhersagen. Dies ist eine spielerische Anwendung der Theorie. Bedeutsam fuer die Praxis wird es, wenn die beiden Streitpartner - im Falle des Raumgleiters - zum einen die Erdatmosphaere, welche durch Dichteschwankungen den Space Shuttle von der bestmoeglichen Flugkurve abbringen will, und zum anderen der Raumgleiter ist, welcher sich gegen diese Spielweise der Erdatmosphaere verteidigt. Menschenleben retten kann diese Theorie bei der Landung von Flugzeugen, wenn ploetzlich starke Fallwinde auftreten. Durch Schulung von Piloten in Simulatoren auf der Basis mathematischer und ingenieurwissenschaftlicher Forschung ist die Zahl der Flugzeugabstuerze auf Grund solcher Fallwinde in den letzten Jahren stark zurueckgegangen. Daß diese Mathematik militaerische Anwendungen in ferner Zukunft ermoeglichen wird, ist vorstellbar, zumal die Theorie der Differentialspiele in den 50er Jahren in den USA und der UdSSR gerade mit dieser Zielsetzung initiiert wurde. Professor Pesch betrachtet Landesverteidigung und die Weiterentwicklung der Moeglichkeiten dazu als ein berechtigtes Interesse eines demokratischen und friedlichen Landes wie es Deutschland ist. Aber wie so oft im Leben gibt es auch hier mehrere Seiten. Die Theorie der Differentialspiele kann z. B. auch helfen sogar nicht kooperierende Staaten dazu zu bewegen, ihren gesamten CO2 -Ausstoß zu minimieren.
Professor Pesch forschte und lehrte als Gast an den Universitaeten in San Diego, Stanford und Berkeley in Kalifornien und Blacksburg in Virginia, an den Akademien der Wissenschaften in Moskau und Warschau, war u.a. von 1987 - 94 Mitglied im DFG-Forschungsschwerpunkt Anwendungsbezogene Optimierung und Steuerung und forscht derzeit u.a. gemeinsam mit seinen Mitarbeitern auf dem Gebiet der mathematischen Modellierung und Steuerung chemischer Reaktoren und der Bahnoptimierung und Echtzeitsteuerung von Robotern in der industriellen Anwendung. Aber sein Herz schlaegt auch immer noch fuer die Luft- und Raumfahrt; er bedauert allerdings, daß dieses Gebiet in Deutschland nicht den Rueckhalt findet wie z. B. in Frankreich.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Mathematik, Physik / Astronomie
überregional
Es wurden keine Arten angegeben
Deutsch
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