Bochum, 04.11.1996 Nr. 202
Kohle ohne Russ - Neue OEfen braucht das Land
RUB-Ingenieur: Wie Kohle sauberer verbrennt
Wenn es im Kraftwerksofen brennt, muss es nicht unbedingt qualmen, und schadstoffhaltige Emissionen koennen bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe weiter verringert werden. Dabei kommt es insbesondere auf die Wahl des Brennstoffs an. Das ist ein Ergebnis des Bochumer Maschinenbauingenieurs Dr.-Ing. Jochen Arthkamp, der untersucht hat, warum bei der ansonsten umweltfreundlichen Wirbelschichtfeuerung hohe Werte des umweltschaedlichen Distickstoffmonoxids (N2O) gemessen werden. Dieses Gas beschleunigt in der Atmosphaere den Treibhauseffekt und zersetzt in der Stratosphaere die Ozonschicht. Dr. Arthkamps Dissertation ,Untersuchungen zur Bildung von Distickstoffmonoxid bei der Kohlenstaubverbrennung" wurde von Prof. Dr.-Ing. Hans Kremer (Energieanlagentechnik, Fakultaet fuer Maschinenbau der RUB) betreut. Fuer seine Untersuchungen erhielt Dr.-Ing. Arthkamp den Heinrich-Mandel-Preis der VGB (Technische Vereinigung der Grosswerksbetreiber) und den Dr.-Heinrich-Kost-Preis der Gesellschaft der Freunde der RUB 1995.
Wirbelschichtfeuerung vorteilhaft
Die Wirbelschichtfeuerung bietet gegenueber anderen Feuerungsarten deutliche Vorteile. Bei vergleichsweise niedrigen Verbrennungstemperaturen von 800 bis 900 °C entsteht nur wenig schaedliches Stickstoffoxid (NOx). In diesem Temperaturbereich ist ebenfalls eine effektive Rauchgasentschwefelung durch Kalksteinzugabe moeglich. Auch die Kohlenmonoxid-Emissionen sind relativ niedrig, allerdings stehen dem hohe N2O-Emissionen gegenueber.
34 Kohlearten geprueft
34 unterschiedliche Kohlearten in mehr als 260 Versuchseinstellungen bei Temperaturen zwischen 700 °C und 1200 °C hat Dr. Arthkamp in seinen Untersuchungen verfeuert. Dabei zeigte sich, dass mit sinkender Verbrennungstemperatur die N2O-Emissionen quadratisch und mit steigendem Luftueberschuss linear ansteigen. Ob und in welchen Mengen N2O bei der Verbrennung entsteht, haengt allein von der Art des Brennstoffs ab. Braunkohle verursacht die kleinsten N2O-Emissionen, weil der sogenannte Fluechtigengehalt dieser Kohle besonders hoch ist und die Kohlenzusammensetzung anders als bei der Steinkohle ist. Unter Fluechtigengehalt versteht man Stoffe, die bei der Verbrennung schnell in Gasform aus dem Brennstoff austreten. Ein hoher Fluechtigengehalt erhoeht die Temperatur, wodurch der N2O-Anteil frueh reduziert werden kann. Dies ist entscheidend, denn das bei der Restkoksverbrennung freiwerdende N2O wird nur noch zu einem kleinen Teil abgebaut. Erdgas, das keinen chemisch gebundenen Stickstoff enthaelt, waere unter diesem Aspekt der ideale Brennstoff, da bei der Verbrennung praktisch kein N2O entsteht.
Erdgas und Methan zugeben
Wasser- und Aschegehalt der Kohle haben keinen direkten Einfluss auf die N2O-Emissionen. In Grossfeuerungsanlagen ist jedoch bei veraenderten Temperaturbedingungen ein Einfluss zu erwarten. Eine geeignete Gegenmassnahme waere die sogenannte Luftstufung, bei der die Ausbrandluft auf moeglichst hohe Temperaturen vorgewaermt wird. Effektiver ist jedoch die Brennstoffstufung. Durch die Zugabe stickstofffreien Erdgases bzw. Methans waehrend der Verbrennung koennen deutlich niedrigere N2O-Emissionen erreicht werden. Auch Braunkohle waere ein weiterer geeigneter Reduktionsbrennstof
... oder Abgase nacherhitzen Ein aehnlicher Effekt wie bei der Brennstoffstufung tritt bei der thermischen Nachverbrennung auf, wenn die Abgase nochmals mit stickstofffreien Brennstoffen erhitzt werden. Die eingesetzte Brenngasmenge liefert bei diesem Verfahren ca. 5 bis 15 % des Gesamtheizwertes.
Fossile Energietraeger dominieren
Weltweit dominieren weiterhin die fossilen Energietraeger Kohle, OEl und Gas, die 1988 insgesamt 88% des Energieverbrauchs deckten. Andere Energiequellen wie Wind-, Wasser- und Gezeitenkraft sind noch nicht wirtschaftlich oder wie die Kernenergie nur mit hohem technischen Aufwand zu nutzen.
Fuer optimalen Energieeinsatz
Bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe kommt es darauf an, einerseits einen optimalen Wirkungsgrad der Energieumwandlung zu erzielen und andererseits die schaedlichen Emissionen so gering wie moeglich zu halten. Durch bessere Feuerungstechniken, den Einsatz von Katalysatoren, Filtern und Zusaetzen wie Kalk zur Rauchgasentschwefelung konnten die Emissionen von Schwefeldioxid sowie von Stickstoffmonoxid und -dioxid deutlich verringert werden. Allerdings erhoehte sich der Eigenenergiebedarf der Kraftwerke durch diese Massnahmen; der zusaetzlich notwendige Brennstoff produziert wiederum das Treibhausgas Kohlendioxid - ein Teufelskreis. Die Betreiber der Grossfeuerungsanlagen wussten bisher, dass neben der Brennstoffart auch die Temperatur und die Luftzufuhr wesentlichen Einfluss auf die Bildung von N2O haben. Gezielte Untersuchungen waren aber nicht moeglich, da zu viele Faktoren die gezielten Messreihen verfaelscht haetten.
Kosten sparen
Der von Dr. Arthkamp im Labor simulierte Praxisbetrieb erlaubte kontrollierte Messbedingungen und vor allem die saubere Trennung der Temperatur von den uebrigen Einflussgroessen. Die so ermittelten Verfahren zur Vermeidung von N2O-Emissionen koennen auch im Hinblick auf die Kosten in den Kraftwerken problemlos umgesetzt werden.
Weitere Informationen
Dr. Ing. Jochen Arthkamp, Ruhrgas AG, Betriebsstelle Dorsten, TAI, DO 42, 46284 Dorsten, Tel.: 02362 /93-8568; Fax: 02362/93-8766.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Elektrotechnik, Energie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften, Wirtschaft
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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