Forschung fuer die Umwelt
Damit Staub und Troepfchen nicht ausser Kontrolle geraten - Chemnitzer Forschern gelang Teilchenmessung auch ohne Laser
CHEMNITZ. Wissenschaftler der TU Chemnitz-Zwickau haben ein neues Verfahren zur Messung der Geschwindigkeit von Gasen und Fluessigkeiten sowie von kleinen Festteilchen, wie etwa Staub, entwickelt, das sie vom 22. bis zum 27. April auf der Hannover Messe vorstellen. Das neue Verfahren ist weniger kompliziert, aber ebenso genau wie bisherige Methoden, die ein Messverfahren mit Laser oder einem Propeller benutzen. Dadurch ist es auch preiswerter. Gleichzeitig ist die Messapparatur kompakter und robuster und ermoeglicht deshalb Messungen unabhaengig von Druck, Temperatur und Verschmutzungen. Dies erschliesst ihr neue Anwendungen beispielsweise im Umweltschutz. Egal, ob es sich um Kuehltuerme von Kraftwerken, Gaswaescher oder Abwaesser handelt, aus der Groesse der darin enthaltenen festen Teilchen und der Geschwindigkeit der Gase bzw. Fluessigkeiten rund um diese Teilchen laesst sich ermitteln, ob die Grenzwerte der Umweltschutzbestimmungen eingehalten werden. Haeufig spielt auch bei chemischen Prozessen die Groesse anfallender Teilchen eine Rolle. Um beispielweise das Verstopfen von Filtern zu vermeiden, duerfen sich keine Kristalle bilden. Auch fuer die optimale Verbrennung in Kraftwerken muessen die Kohleteilchen eine bestimmte Groesse haben. Ebenso lassen sich Foerderbaender oder Kunststoff- und Textilbahnen ueberwachen, und sogar die Geschwindigkeit von solch grossen "Teilchen" wie Autos laesst sich messen: ein Ersatz fuer den Radarwagen der Polizei. Selbst eine medizinische Anwendung, etwa bei der Untersuchung von Blutkreislaeufen, ist keine Zukunftsmusik mehr. Die Geschwindigkeit stroemender Fluessigkeiten und Gase wird heute noch vielerorts mit der Laser-Doppler-Technik gemessen. Dazu werden der Fluessigkeit oder dem Gas kleinste feste Teilchen von etwa einem Millionstel Meter Durchmesser beigemischt. Diese bewegen sich ebenso schnell wie das Gas selbst und geben so indirekt Aufschluss ueber dessen Geschwindigkeit. Natuerlich koennen die Teilchen - etwa als Verschmutzungen im Abwasser - auch schon von Anfang an vorhanden sein. Diese Teilchen fallen oder fliessen durch zwei sich kreuzende Laserstrahlen. Je nachdem, wie die Laserstrahlen am Kreuzungspunkt ankommen, koennen sie sich entweder gegenseitig verstaerken oder abschwaechen: sie bilden ein "Gitter", wie der Fachmann sagt. Je nachdem, ob ein Teilchen gerade mehr oder weniger beleuchtet wird, wirft es das Licht staerker oder schwaecher zurueck. Diese Reflektion wird gemessen und durch einen Rechner ausgewertet. Aus ihr laesst sich die Geschwindigkeit der Teilchen und also auch der Fluessigkeit berechnen. Der Nachteil dieses Verfahrens: es ist vergleichsweise teuer und auch nur fuer verduennte Loesungen geeignet. Auch das Propellerverfahren ist teuer, zudem muss der Propeller staendig neu kalibriert werden. Anders das von Dr.-Ing. Dieter Petrak und seiner Arbeitsgruppe an der Fakultaet fuer Maschinenbau und Verfahrenstechnik der Chemnitzer Uni entwickelte Verfahren. Geboren wurde es eigentlich aus der Not, und die macht bekanntlich erfinderisch. Die Anfaenge der PVD-Methode (Particle Velocimeter Device, etwa: Geraet zur Bestimmung der Geschwindig- keit kleiner Teilchen) reichen naemlich bis in DDR-Zeiten zurueck. Der devisenknappe Staat konnte sich die Einfuhr teurer westlicher Messtechnik nicht leisten; viele Wissenschaftler waren gezwungen, zu improvisieren und sich ihre Geraete selbst zu bauen. Eine harte Schule, die sich jetzt auszahlt. Das Messgeraet der Chemnitzer Forscher besteht aus einer Messsonde und der Auswerte- elektronik. Ein Lichtstrahl aus einer kleinen Leuchtdiode trifft in einigen Millimetern Entfernung auf die eigentliche Sonde mit fuenf bis acht nebeneinander liegenden Glasfasern. Fallen oder fliessen durch diesen Lichtstrahl nun geloeste Teilchen, so schatten sie die Glasfasern je nach ihrer Geschwindigkeit und Groesse kurzzeitig ab. Aus der Reihenfolge und Intensitaet der Abschattung berechnet die angeschlossene Elektronik dann Groesse und Geschwindigkeit der Teilchen. Bei Vergleichsmessungen mit Laser-Doppler-Sonden zeigte sich, dass die PVD-Sonden ebensogute Messwerte liefern. Der Messbereich liegt dabei zwischen einem Zentimeter und etwa 30 Metern pro Sekunde. Wegen ihrer geringen Dimension - eine weitere Verkleinerung ist geplant - koennen die Sonden auch in kleinen und schwer zugaenglichen Raeumen eingesetzt werden. Sie sind ueberdies erheblich billiger als die ueblichen Laser-Doppler-Sonden. Die Gassonden werden in Chemnitz bereits erfolgreich zur Optimierung von Duesen eingesetzt, wie sie in Gaswaeschern und Spruehtrocknern vorkommen. Diese Untersuchungen finden in einer Pilot-Versuchsanlage auf dem Gelaende der Chemnitzer Uni statt, die in ihrer Art einmalig in Deutschland ist. Diese Anlage, zehn Meter hoch und drei Meter im Durch- messer, stellt einen Ausschnitt aus einer prozesstechnischen Anlage im Originalmassstab dar. Pro Stunde koennen dort 100.000 Kubikmeter Luft mit einer Geschwindigkeit von fast vier Metern in der Sekunde hindurchstroemen. Durch bis zu sieben Duesen wird diese Luft mit Wasser besprueht. Groesse und Geschwindigkeit der Tropfen werden per PVD bestimmt. Hierdurch wird es den Duesenherstellern - meist mittelstaendische Firmen, die sich keine eigenen Pruefstaende leisten koennen - ermoeglicht, ihre Fabrikate zu testen. Die Arbeitsgruppe von Dr. Petrak hat bisher acht Patente und Gebrauchsmuster fuer ihre neue Loesung angemeldet. Lizenzen auf das PVD-Verfahren wurden kuerzlich an zwei saechsische Messtechnik-Firmen vergeben. In diesem Jahr wird Dr. Petrak die Moeglichkeiten seiner Messsonden nicht nur auf der Hannover-Messe, sondern auch auf der Internationalen Messe fuer Abfalltechnik in Muenchen vom 7. bis 11. Mai und bei der Swiss Automation Week vom 17. bis 20. September in Basel vorstellen. Man darf gespannt sein, welche Anwendungen sich fuer die neue Verfahren noch finden lassen.
Kontakt: Technische Universitaet Chemnitz-Zwickau, Fakultaet fuer Maschinenbau und Verfahrens- technik, Dr.-Ing. Dieter Petrak, 09126 Chemnitz, Telefon: (03 71) 5 31-47 18, Fax: (03 71) 5 31-46 44 oder vom 22. bis 27. April auf der Hannover-Messe 1996, Halle 18, 1. Obergeschoss, Stand J 16 auf der Gemeinschaftsflaeche "Forschungsland Sachsen". Stichwort: Messsystem fuer Geschwindigkeiten
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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