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12.10.2011 11:44

Welternährungstag am 16. Okt. 2011: Food Security Center warnt vor heimlichem Hunger

Florian Klebs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Hohenheim

    Satt allein reicht nicht: Kalorien ohne Zink, Eisen und Vitamine als eine Ursache für hohe Kindersterblichkeit, warnt Forscher der Universität Hohenheim

    Weltweit leidet jeder siebte Mensch an akutem Hunger. Dabei wird jedoch die große Zahl von Menschen übersehen, die an heimlichen Hunger leiden. Dazu gehöre chronischer Mangel an Zink, Eisen und Vitaminen. Äußerlich sei den Betroffenen nichts anzusehen. Tatsächlich sei dieser Mangel jedoch meist das Einfallstor für Infektionen wie Atemwegserkrankungen, Durchfall, Wurmbefall, Malaria und Tuberkulose – den Hauptursachen der hohen Kindersterblichkeit in armen Ländern. Aufgrund der hohen Getreidepreise sei auch der heimliche Hunger auf dem Vormarsch, warnt Ernährungsmediziner Prof. Dr. med. Konrad Biesalski, Acting Director des Food Security Centers der Universität Hohenheim. Seine Forderung: „Satt allein reicht nicht – wir müssen der Qualität der Welternährung mehr Aufmerksamkeit schenken“.

    Betroffen seien vor allem Kinder und Schwangere, die äußerlich keine Anzeichen von Mangel zeigen, so Prof. Dr. Biesalski. Die Folgen seien jedoch eklatant: „Es gibt Länder, in denen jedes dritte Kind unter fünf Jahren an Krankheiten stirbt, die es ohne den sogenannten „Hidden Hunger“ wahrscheinlich nicht bekommen hätte.“

    Von bald sieben Milliarden Menschen weltweit litten rund eine Milliarde an Eisenmangel. Die daraus resultierende Anaemie steigert das Infektionsrisiko und ist mit für die hohe Müttersterblichkeit verantwortlich. 250 Millionen, vor allem auch Kinder seien unterversorgt mit Vitamin A. Bei 4 Millionen Kindern kommt es dadurch zu schleichender Erblindung. 500 Millionen fehle es an Zink. Jährlich, so eine Analyse der UNICEF sterben 800.000 Menschen an Zinkmangel, davon 450.000 Kinder. Zwei Milliarden haben zu wenig Jod in der Nahrung mit Konsequenzen für die intellektuelle Entwicklung. Betroffen sind vor allem Kinder unter 5 Jahren und Schwangere. Die fehlenden Mikronährstoffe haben einen wesentlichen Einfluss auf die kindliche Entwicklung während der Schwangerschaft aber auch danach. Die hohe Sterblichkeit der Mütter während der Geburt, die Frühsterblichkeit von Säuglingen besonders aber die hohe Sterblichkeit von Kindern unter 5 sind auch Folge des heimlichen Hungers.

    Steigende Getreidepreise verschärfen auch heimlichen Hunger

    Eine besondere Schuld am Vormarsch des heimlichen Hungers sind die steigenden Preise für Getreide wie Reis, Weizen, Mais, Gerste, das in den meisten Ländern als Grundnahrungsmittel diene. Zum Überleben seien jedoch auch Lebensmittel wichtig, die ausreichend Mikronährstoffe, besonders Vitamin A, Eisen oder Zink enthalten. Dazu gehörten tierische Produkte, Obst und Gemüse.

    Doch: „Bei steigenden Getreidepreisen werden diese lebenswichtigen Lebensmittel als erstes vom Speisezettel gestrichen, weil das Einkommen dann gerade noch für Getreide reicht. Menschen mit geringem Einkommen verwenden bis zu 80% für den Einkauf von Lebensmitteln. Getreideprodukte tragen dabei zwischen 60 – 80% zur täglichen Energiezufuhr bei. Da bleibt, besonders bei steigenden Preisen nicht mehr viel für andere Lebensmittel übrig “, eklärt der Acting Director des Food Security Centers der Universität Hohenheim. „Mit einer Schale Reis kann ich zwar den akuten Hunger bekämpfen, aber nicht den chronischen. Reis enthält, wie auch andere Getreide wenig Vitamine und nur einige Elemente, wie Eisen und Zink, diese werden aber aus Getreideprodukten vom Menschen sehr schlecht aufgenommen. “

    Das Problem dürfte sich weiter zuspitzen: „Nach Schätzung der FAO haben die steigenden Lebensmittelpreise zu weiteren 100 Millionen Hungernden geführt, darunter mehr als 10 Millionen Kinder. Da die Preise inzwischen wieder über dem Niveau von 2009 liegen, dürfte es eine weitere Zunahme der Hungernden auch in 2011 geben“, so Prof. Dr. Biesalski

    Ernährungsziele müssen umfassender formuliert werden

    Als Konsequenz fordert Prof. Dr. Biesalski, den Welthunger nicht mehr nur als Mengenproblem zu betrachten: „Die Diskussion, den Hunger allein durch Produktionssteigerung zu beenden, ist ein Trugschluss. Selbst wenn wir es schaffen, wie immer wieder postuliert, jeden erwachsenen Menschen mit täglich 2400 Kilocalorien zu versorgen, ist das Problem nicht gelöst.“

    Daneben brauche es zwei weitere Ansätze: „Der eine ist Bio-Fortification, das heißt, die Züchtung von Sorten mit mehr Mikronährstoffen hervorbringen. Der andere bedeutet, die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln auszuschließen und deren Preise so stabil zu halten, dass sich die Menschen neben Getreide auch hochwertige Produkte mit ausreichend Mikronährstoffen leisten können. Die technologische, wie politische Bekämpfung des Hidden Hunger ist eine der wesentlichen Herausforderungen an die Ernährungssicherung einer wachsenden Weltbevölkerung.

    Hintergrund: Food Security Center der Universität Hohenheim

    Das Food Security Center der Universität Hohenheim leistet weltweit einen innovativen und wirkungsorientierten wissenschaftlichen Beitrag zur Verminderung von Hunger und Verbesserung der Ernährungssicherung.

    Dabei hat das Zentrum an der Universität Hohenheim ein starkes Rückrat: Dort forschen rund 100 Wissenschaftler aus den Agrar-, Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit besonderer Tropen-Kompetenz. In Afrika, Asien und Lateinamerika hat das Food Security Center verschiedene Universitäten und Forschungszentren als Partner.

    Forschungsthemen sind Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln der Zugang zu Nahrungsmitteln und deren Verwendung, aber auch Qualität und Sicherheit von Nahrungsmitteln sowie deren Verwertung. Besonders wird dabei auf die Rolle der Geschlechter und der Nachhaltigkeit des landwirtschaftlichen Produktionsprozesses und der Wertschöpfungsketten Bezug genommen.

    Kontakt für Medien:
    Prof. Dr. med. Hans Konrad Biesalski, Universität Hohenheim, Food Security Center (Stellv. Leitung).
    Tel.: 0711/459-24112,E-Mail: biesal@uni-hohenheim.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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