Frankfurt/Main – Mehr als 600 Teilnehmer besuchten den Deutschen Suchtkongress 2011 in Frankfurt. Bereits zum vierten Mal diskutierten Experten aus Suchttherapie, -forschung und Abhängigenversorgung gemeinsam. Neben der Vorbeugung und Behandlung verschiedener Süchte ging es in einem Themenschwerpunkt um Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Außerdem stellten die Frankfurter Kongresspräsidenten die gelungene kommunale Zusammenarbeit in der Drogenproblematik vor. Um Drogensucht und -kriminalität wirksam begegnen zu können, fordern sie eine Tolerierung geringer Mengen illegaler Drogen. Der vierte Deutsche Suchtkongress fand vom 28. September bis 1. Oktober 2011 in Frankfurt am Main statt.
Professor Dr. phil. Hans-Volker Happel und Professor Dr. rer. pol. Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung an der Fachhochschule Frankfurt am Main warnten davor, Angebote für Drogensüchtige zu skandalisieren, wie es in der politischen Auseinandersetzung noch immer geschehe.
„Wir müssen uns endlich den Suchtproblemen der Betroffenen widmen, anstatt Drogenabhängige durch eine repressive Drogenpolitik in die Illegalität und Kriminalität zu zwingen“, so die beiden Kongresspräsidenten. Denn vor allem die Kriminalisierung des Drogenkonsums führe zu Folgeproblemen wie Gewalt, Prostitution, Beschaffungskriminalität und Verelendung. „30 Prozent der derzeit in deutschen Gefängnissen Inhaftierten sitzen wegen Drogenkriminalität ein“, betont Professor Stöver. Er fordert daher, den Besitz einer begrenzten Menge von Heroin oder Cannabis zu tolerieren und Konsumräume einzurichten. „In Frankfurt konnten in enger Zusammenarbeit von Politik, Drogenhilfe und Drogenforschung die Zahl der Drogentote, die Drogenkriminalität und durch die Substitution auch die Prostitution reduziert werden“, ergänzt Professor Happel.
Wie Kinder und Jugendliche vor einer späteren Alkoholabhängigkeit geschützt werden können, war ein weiteres wichtiges Thema des Kongresses: Experten schätzen, dass in Deutschland etwa zehn bis 15 Prozent der Jugendlichen Gefahr laufen, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln. So hat etwa das sogenannte Komasaufen oder „Binge Drinking“ deutlich zugenommen. „Wenn es um Alkoholkonsum geht, sind Präventions- und Hilfsmaßnahmen hierzulande oft zu individualisiert und greifen zu spät. Sie setzen beim Einzelnen an, bei dem schon ein problematischer Alkoholkonsum vorliegt“ sagte Professor Dr. rer. nat. Michael Klein, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie aus Köln. „Wir brauchen jedoch – am besten in Zusammenarbeit mit den Schulen – breiter angelegte Präventionsprogramme, die im Grundschulalter beginnen und eine große Anzahl von Kindern erreichen.“ Die Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie fordert außerdem die Heraufsetzung des Mindestalters zum Erwerb aller Alkoholika auf 18 Jahre.
Auch mit den sogenannten Verhaltenssüchten, beispielsweise der Kauf- oder der Internetsucht, beschäftigten sich die Kongressteilnehmer. So fand eine niederländische Studie zur Online-Pornografie, dass zwar rund 75 Prozent der Männer schon einmal Internetpornos gesehen haben, jedoch nur etwa ein Prozent sich zwanghaft damit beschäftigt. „Allerdings ist das Internet ein neues Medium, deshalb sind diese Ergebnisse eher als vorläufig anzusehen“, so Dr. Gert-Jan Meerkerk vom IVO Addiction Research Institute in Rotterdam. „Denn bis ein Verhalten sich zur Sucht entwickelt, ist es ein langer Prozess. Es ist möglich, dass zukünftig mehr Menschen einen problematischen Konsum aufweisen.“
Der Deutsche Suchtkongress ist eine gemeinsame Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie und der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie unter Beteiligung zahlreicher weiterer Fachgesellschaften. Ziel der jährlich stattfindenden Tagung ist es, Ergebnisse, Interessen und Ziele aus Suchtforschung, Suchtherapie und Suchtkrankenversorgung zusammenzuführen, um der Suchtproblematik noch besser begegnen zu können. Im Vorfeld der Veranstaltung fand in diesem Jahr auch ein Schülerkongress statt. Mehr als 200 Schüler und Lehrer aus dem Raum Frankfurt besuchten die Vorträge und Workshops zum Oberthema „Rausch und Realität“. Der nächste Suchtkongress wird in Verbindung mit den „Suchttherapietagen Berlin-Brandenburg“ 2012 in Berlin stattfinden.
Pressekontakt für Rückfragen:
Christine Schoner, Juliane Pfeiffer
Pressestelle Deutscher Suchtkongress 2011
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711 8931-573
Fax: 0711 8931-167
schoner@medizinkommunikation.org
www.deutscher-suchtkongress.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Psychologie
überregional
Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).