Eine chronische Infektion mit dem Hepatitis B Virus (HBV) ist häufig die Ursache für die Entstehung von Leberkrebs. Trotz der Fortschritte in der Behandlung kann die Erkrankung noch nicht effektiv therapiert werden. Eine vielversprechende Strategie, die HBV-Infektion vollständig und langfristig zu kontrollieren, ist die gezielte Stimulation des Immunsystems der Patienten. Die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Mengji Lu am Universitätsklinikum Essen testet diesen Ansatz nun im Tiermodell.
Weltweit sind nach Schätzung der WHO etwa 400 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis B-Virus infiziert. In Deutschland geht man von circa 400.000 Patienten aus. Die Zahl der jährlichen Neuinfektionen wird weltweit auf 20 Millionen geschätzt, davon 100.000 in Westeuropa. Patienten, die chronisch mit HBV infiziert sind, haben ein 100fach höheres Risiko an Leberkrebs zu erkranken. Die derzeit verfügbaren Therapieoptionen mit dem Botenstoff Interferon-α führen nur bei einem Fünftel der Patienten zu einer Ausheilung. Auch die bisher erprobten Impfstoffe brachten keinen durchschlagenden Erfolg.
Bei Patienten, die eine HBV Infektion erfolgreich aus eigener Kraft bekämpfen können, zeigen die T-Zellen des Immunsystems bereits kurz nach der Infektion eine starke Reaktion. Anders bei Patienten, die eine chronische Infektion entwickeln: Ihre T-Zellantwort ist nur schwach ausgeprägt. Eine mögliche Herangehensweise ist deshalb, dem Immunsystem einen unterstützenden Impuls zu geben beziehungsweise die Immunantwort gezielt zu verstärken. Warum bisherige Bemühungen gescheitert sind erläutert Professor Lu: „Der Grund für die bisherigen Fehlschläge bei der Wirksamkeit von Impfstoffen, ist die verminderte Fähigkeit des Immunsystems, auf die spezifischen Impfstoffe zu reagieren. Die hohe Vermehrungsrate der Viren in chronisch infizierten Patienten führt zur Toleranz des Immunsystems gegenüber dem Erreger.“
Einen Lösungsansatz sieht der Forscher daher in der Kombination von verschiedenen Strategien. So soll des Immunsystems durch eine Impfung unterstützt, ergänzend jedoch auch die Vermehrung des Virus in den Zellen unterdrückt werden. Letzteres will das Team um Professor Lu dadurch erreichen, dass es dem Virus künstliche Bausteine – sogenannte Nukleosidanaloga – „unterjubelt“. Diese wirken bei der Vervielfältigung des Virus-Erbgutes wie Sand im Getriebe. Der Prozess kommt ins Stocken und letztlich zum Stillstand.
Die Arbeitsgruppe um Professor Lu testet den neuen kombinierten Therapieansatz derzeit an Murmeltieren, die chronisch am Murmeltier-Hepatitis-Virus (WHV) erkrankt sind. In der geplanten Studie erhalten die Tiere das hochwirksame Nukleosidanalogon „Entecaviar“. Anschließend wird ihr Immunsystem mit einer Kombination aus DNA- und Protein-Impfstoffen gezielt angeregt. Das Team um Professor Lu hofft, dass die chronische Infektion dadurch beendet und die Entwicklung von Leberkrebs bei den Tieren verhindert werden kann.
Sollte sich die Strategie als erfolgreich erweisen, wäre diese Herangehensweise eine Grundlage zur Entwicklung einer entsprechenden Kombinationstherapie beim Menschen.
Vorversuche zum Projekt haben gezeigt, dass durch diese Kombinationstherapie eine vollständige Auslöschung des Virus zumindest bei einigen Tieren erreicht werden konnte. Professor Lu: „Ich sehe eine realistische Chance, dass wir durch die neue Studie die Erfolgsrate weiter steigern können. Ein solcher Fortschritt wäre sehr bedeutsam für die klinische Anwendung.“
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit rund 200.000 Euro. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Kontakt (Projektleitung):
Prof. Dr. rer. nat. Mengji Lu, Institut für Virologie, Universitätsklinikum Essen
E-Mail: mengji.lu@uni-due.de
Telefon: +49 201 723 35 30
http://www.uni-due.de/virologie/res_lu_en.html
Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de
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