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28.02.2002 18:39

Spitze der Hepatitis C-Epidemie noch nicht erreicht

S. Nicole Bongard Kommunikation und Medien
Klinikum der Universität München

    Forschungsprojekt am Klinikum der Universität München - Unverständliche Streichung von EU-Forschungsmitteln

    Die Hepatitis C Infektion ist zunehmend ein medizinisches und gesundheitspolitisches Problem. Weltweit sind über 200 Mio. Menschen mit dem Hepatitis C Virus (HCV) infiziert, und die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr beträgt nach Schätzungen der WHO 3 - 4 Millionen. Derzeit tragen 8,9 Millionen Menschen in Europa das Hepatitis C Virus in sich. Das Virus ist für 50 - 76 % aller Leberkarzinome in Europa und für zwei Drittel aller Lebertransplantationen verantwortlich. Besondere Patientengruppen wie Hämophile, Drogenabhängige und Menschen, die vor 1992 Bluttransfusionen erhielten, sind besonders von dieser Erkrankung betroffen. Obwohl die Vernichtung von infizierten Blutprodukten die Zahl der Neuinfektionen signifikant reduziert hat, stellt die chronische Hepatitis schon gegenwärtig ein immenses medizinisches Problem dar. Dieses wird in der Zukunft noch eklatanter, da sich der natürliche Verlauf der Hepatitis C in der Manifestation der Symptome einer Leberzirrhose und der damit verbundenen Komplikationen bis hin zur Lebertransplantation verzögert. Die Spitze des medizinischen und ökonomischen Problems der HCV Epidemie wird erst in den Jahren 2010 bis 2020 erwartet. Die Kosten, die diese Erkrankung verursacht, sind bisher für Europa nicht eindeutig bekannt, aber eine Studie aus den USA berichtet von 5,46 Milliarden Dollar im Jahr 1997, die die HCV Infektion verursacht hat (bei 4,2 Millionen HCV Infizierten).

    Gegenwärtig stellt die Kombinationstherapie aus Interferon-alpha mit Ribavirin die Behandlung der Wahl für Hepatitis C infizierte Patienten dar, die als geeignete Kandidaten für eine Behandlung identifiziert wurden. Die Erfolgsraten der Behandlung hängen vom Typ des Hepatitis C Virus ab, aber liegen insgesamt bei ca. 50 %. Da eine erhebliche Zahl von Patienten (bis zu 50 %) für eine Behandlung mit den
    gegenwärtigen Möglichkeiten gar nicht in Betracht kommen, kann man insgesamt davon ausgehen, dass derzeit bestenfalls 30 % der Patienten geholfen werden kann. 70 % müssen auf neue Therapieoptionen hoffen.

    DAS FORSCHUNGSPROJEKT

    In dieser Situation haben sich über 20 international anerkannte Gruppen von Spitzenforschern auf dem Gebiet der Hepatitis C in einem Forschungsverbund zusammengeschlossen, um therapeutische Impfstoffe für die Hepatitis C zu entwickeln. An diesem HCV Cluster Projekt der Europäischen Union, die vom 6. - 8. März 2002 in München tagen, sind Gruppen aus Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Holland, Italien, Schweden, Schweiz und Spanien beteiligt. Die Arbeitsgruppe um Professor Dr.med. Gerd Pape arbeitet seit vielen Jahren klinisch und theoretisch auf dem Gebiet der Virushepatitiden und leitet in diesem EU-Verbund den immunologischen Teil. Die Untersuchungen im Cluster haben ergeben, dass die gegen das Hepatitis C Virus gerichteten T Lymphozyten des menschlichen Immunsystems bei der Abwehr bzw. Kontrolle des HCV die entscheidende Rolle spielen. Nur ein Individuum, das eine starke, gegen viele Bestandteile (Epitope) des Virus gerichtete Immunreaktion entwickeln kann, kann das Virus abwehren und zerstören oder unter Kontrolle bringen. Fehlt diese Immunreaktion oder ist sie zu schwach ausgeprägt, so kommt es zur Viruspersistenz und damit zur chronischen Erkrankung. Folgerichtig ist die Induktion bzw. die Aktivierung einer solchen gegen das Virus gerichteten Immunantwort, insbesondere T Zellantwort, die logische Konsequenz, um das Virus zu bekämpfen. Eine solche Immunantwort soll durch eine therapeutische Impfung hervorgerufen werden. Dieses ist letztendlich das Ziel des Clusters.

    STREICHUNG DER EU-FORSCHUNGSMITTEL

    Ob der gesundheitspolitischen Dimension der Hepatitis ist die angekündigte Streichung von europäischen Forschungsmittel völlig unverständlich. Während die Hepatitisforschung bislang großzügig unterstützt wurde, ist im Rahmen des 6th Research & Development Framework Program generell von der Europäischen Union eine Forschungskonzentration und Begrenzung auf die Krankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose als Infektionskrankheiten vorgesehen. "Diese Einseitigkeit der Förderung stellt in unseren Augen eine Unausgewogenheit dar, die das herausragende Problem Hepatitis C gerade auch in Europa unterschätzt und die Bedeutsamkeit dieser Infektionskrankheit mit ihren fatalen Folgen nicht berücksichtigt", so Prof. Dr. Gerd Pape, Medizinische Klinik II im Klinikum der Universität München, Großhadern sowie Leiter des Labors für Immunologie der LMU und einer der führenden Hepatitisforscher. "Wir haben im Herbst 2001 von etwa 300 renommierten internationalen Forschern auf dem Gebiet der Virushepatitis eine entsprechende Petition unterzeichnen lassen und bei der Europäischen Union sowie bei den zuständigen Fachministern Zehetmair, Sinner und Bulmahn eingereicht."


    Weitere Informationen:

    http://www.klinikum.uni-muenchen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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