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19.12.1997 00:00

Vogelgrippe - Infektionen des Menschen mit einem neuen Influenza-A-Virus

Dr. Ulrich Marcus Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Robert Koch-Institut

    23/97 vom 19.12.1997

    Gemeinsame Information des RKI und des BgVV

    "Vogelgrippe" - Infektion des Menschen mit einem neuen Influenza-A-Virus

    Im Mai diesen Jahres verstarb in Hongkong ein dreijähriger Junge im Zuge einer akuten Atemwegserkrankung an einem sogenannten Reye Syndrom. Als Infektionserreger wurde ein Influenza-A-Virus vom Subtyp H5N1 isoliert. Diese H5N1-Viren haben in den letzten zwei Wochen ein weiteres Menschenleben gefordert, mindestens sieben weitere Personen sind infiziert. Bei zwei Kindern, die vor kurzem mit leichten Grippesymptomen erkrankten, konnte eine H5N1-Infektion bislang nicht eindeutig bestätigt werden. Es ist das erste Mal, daß Influenzaviren des Subtyps H5N1 als Infektionserreger beim Menschen nachgewiesen wurden. Ihr natürliches Reservoir sind Wasservögel und Geflügel. Als apathogene, nicht krankheitsauslösende Keime können sie bei diesen Tieren auch in Deutschland nachgewiesen werden.

    Für Influenza-Infektionen des Menschen sind in der Regel Influenza-A- Viren vom Subtyp H1N1, H2N2 und H3N2 sowie Influenza-B-Viren verantwortlich. In den letzten Jahren waren bei den Influenza-A-Viren die Subtypen H1N1 und H3N2 vorherrschend. Neben diesen Erregern kommt es beim Menschen aber auch immer wieder zu Infektionen durch andere als die bisher bekannten Subtypen. Das lassen serologische Studien vermuten. So konnten z.B. in Südostchina bei Personen, die intensiv Geflügelaufzucht betreiben, Antikörper gegen die viralen Oberflächenproteine H7, N4 und N8 nachgewiesen werden. Die Ursache wird in dem engen Kontakt zwischen Menschen und Tieren gesehen, wie er in Südostchina auf dem Lande vor allem mit Enten und Schweinen gegeben ist. Das Schwein gilt als idealer Wirt für die Entstehung bzw. Adaptation von neuen, beim Menschen bis dahin nicht vorkommenden Subtypen.

    H5N1 trat seit Frühjahr diesen Jahres epidemisch, d.h. stark gehäuft und regional begrenzt, in Geflügelfarmen in Hongkong, vor allem aber in China auf. Die daraufhin intensivierte Influenzaüberwachung ergab keine Hinweise auf eine Zirkulation von H5N1-Viren zwischen Menschen und Schweinen. Alle Untersuchungen sprechen für eine direkte Übertragung dieses H5N1-Stammes durch Vogelkot oder Tröpfcheninfektion vom Geflügel auf den Menschen. Eine Übertragung durch Lebensmittel vom Geflügel gilt als unwahrscheinlich. Die intensive Überwachung von Geflügelgroßmärkten in Hongkong und weitere Präventionsmaßnahmen in den Aufzuchtfarmen sollen dazu beitragen, die Geflügel-Epidemie einzudämmen.

    In Hongkong wurde eine interdisziplinäre Gruppe von Wissenschaftlern etabliert, die eng mit der Weltgesundheitsorganisation, WHO, zusammenarbeitet, um möglichst viele Informationen über den Erreger und die Übertragungswege zu sammeln. Das Auftreten eines neuen Subtyps kann zu großen Epidemien oder Pandemien führen. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist, daß sich die Viren im Menschen vermehren und von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Auf Letzteres gibt es zur Zeit noch keine Hinweise. Da Influenzaviren aber zu raschen Veränderungen ihrer Strukturen neigen, ist eine solche Entwicklung denkbar.

    Die Überwachung von Krankenhäusern und stationären Einrichtungen in Hongkong wurde ebenfalls intensiviert. Die WHO bereitet derzeit Diagnostiksets vor, die an alle nationalen Influenza-Referenzzentren weltweit verteilt werden. Das Referenzzentrum für Influenza am Robert-Koch-Instituts hat zudem eine empfindliche Methode entwickelt, die den spezifischen Nachweis von H5N1-Viren mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ermöglicht. Die hierfür erforderlichen H5-Isolate wurden dem RKI aus den Stammbanken des Instituts für Virologie der Universität Marburg sowie des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, BgVV, zur Verfügung gestellt. Die Isolate des BgVV stammen aus einem langjährigen Überwachungsprogramm. Sie werden herangezogen, um die Zoonosensituation in Deutschland kontinuierlich zu beobachten und auf Veränderungen frühzeitig reagieren zu können.

    Der gegenwärtig auch in Deutschland eingesetzte Grippeimpfstoff bietet keinen wirksamen Schutz gegenüber diesem neuen Virus. Die WHO hat mit den Arbeiten für die Herstellung eines gegen den Subtypen H5N1 wirksamen Impfstoffs begonnen. Es wird Monate dauern bis ausreichende Mengen zur Verfügung stehen. Fachleute erwarten aber nicht, daß es in Deutschland zu einer epidemieartigen Ausbreitung des neuen Influenza-A-Virus kommt, bevor eine Schutzimpfung angeboten werden kann. Das Arzneimittel Amantadin, das in vielen Ländern zur Prophylaxe und Therapie von Influenza-A- Virusinfektionen zugelassen ist, erwies sich auch gegen den H5N1- Stamm als wirksam. Es ist jedoch bekannt, daß einige H5-Stämme rasch Resistenzen gegenüber Amantadin ausbilden.

    Aufgrund der wenigen H5N1-Infektionen, der intensivierten Influenzaüberwachung und des zur Verfügung stehenden Amantadins halten weder die örtlichen Behörden noch die WHO es für erforderlich, für Hongkong Einreisebeschränkungen zu erlassen. Wer als Geschäftsreisender oder Tourist mit Symptomen eines grippalen Infektes aus Hongkong oder China zurückkommt, sollte sich dennoch vorsorglich in ärztliche Behandlung begeben.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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