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08.03.2002 13:35

Online-Bürgerbeteiligung in Bremen ein Erfolg: EU-Projekt untersucht Qualität und Übertragbarkeit

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Die Online-Bürgerbeteiligung im Bremer Stadtteil Horn-Lehe ist ein voller Erfolg. Mit vielen qualitativ guten Beiträgen haben die Bürgerinnen und Bürger im Internet die Zukunft ihres Stadtteils miteinander diskutiert. Die Auswertung der Ergebnisse wurde nun vom Technologie-Zentrum Informatik der Universität Bremen vor Politikern des Ortsamtsbeirates und Bürgern präsentiert. Die Online-Befragung entstand im Rahmen eines EU-Projektes.

    Die Online-Bürgerbeteiligung im Bremer Stadtteil Horn-Lehe ist ein voller Erfolg. Mit vielen qualitativ guten Beiträgen haben die Bürgerinnen und Bürger im Internet die Zukunft ihres Stadtteils miteinander diskutiert und Informationen abgerufen. Die Auswertung der Ergebnisse der im vergangenen November durchgeführten "Online-Konsultation" wurde nun von Ralf Cimander und Dr. Hilmar Westholm vom Technologie-Zentrum Informatik der Universität Bremen vor Politikern des Ortsamtsbeirates und Bürgern präsentiert.

    Mit 6.100 Zugriffen und 224 Beiträgen haben sich - verglichen mit traditionellen Verfahren - innerhalb kurzer Zeit sehr viele Bürgerinnen und Bürger interessiert gezeigt. Dabei haben sich 37 Nutzer mit richtigem Namen, ca. 25 bis 50 anonym und 27 mit Phantasienamen eingeloggt und einen oder mehrere Beiträge geschrieben. Die Zahl der passiven Nutzer, die ähnlich wie Zuhörer in Bürgerversammlungen nicht selber aktiv wurden, aber Beiträge gelesen haben, kann nur geschätzt werden und liegt bei etwa 500 bis 1.200. "Im Vergleich zu anderen Online-Diskussionsforen waren hier auf Stadtteilebene zwei von drei geschriebenen Beiträgen von guter und besserer Qualität", zeigt sich Hilmar Westholm von Seiten der wissenschaftlichen Begleitung sehr zufrieden. "Qualität" wurde hierbei inhaltsanalytisch definiert; die anschließende Befragung unter Politikern und Verwaltung ergab, dass nur jeder dritte von ihnen die Beiträge für "überwiegend konstruktiv" hielt.

    Als Hauptadressaten der Bürgermeinungen sahen sie sich allerdings mit einem erheblichen Problem konfrontiert, nämlich der Fülle an Beiträgen, die ausgedruckt 120 Seiten Text ausmachten. Häufig ehrenamtlich arbeitende Politiker hätten jedoch bei öfter durchgeführten Online-Diskussionen keine Zeit, diese aufmerksam zu verfolgen, und auch die Verwaltungen haben selten die Kapazitäten, Diskussionsergebnisse zusammenzufassen. Die Organisatoren wollen deshalb die von ihnen als Novum eingeführte Forumsmoderation durch Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils in Zukunft dahingehend ausgestalten, dass Beiträge zur besserer Übersicht von diesen auch tituliert und zusammengefasst werden.

    Deutlich wurde beim Horn-Leher Forum auch, dass die Diskussionen in großem Maße von Experten-Beiträgen zum Beispiel aus der Verwaltung profitierten und dass die Beiträge derer, die ihn mit richtigem Namen zeichneten, auffällig besser waren als die anonym abgegebenen. "Dennoch", so Ralf Cimander, "sollte auch bei zukünftigen Online-Konsultationen diese Möglichkeit vorerst bestehen bleiben, um die bestehenden Schwellenängste gegenüber dem neuen Medium abzubauen." Entgegen allgemeinen Trends zur "St- Florians Beteiligung" nur bei Angelegenheiten, die einen unmittelbar betreffen, trugen die Nutzer immerhin zu 41% zu Diskussionen über allgemeine, sie nur mittelbar betreffende stadtteilbezogene Inhalte bei.

    Sinnvoll diskutieren kann nur, wer informiert ist. Auf der Website wurden deshalb auch Hintergrundinformationen zur zukünftigen Entwicklung des Stadtteils angeboten. Die Stadt Bremen hat erstmals für diesen Versuch ihren Flächennutzungsplan online gestellt, im Laufe der Diskussionen wurden weitere Materialien wie ein Bebauungsplan, Beiratsprotokolle und eine Animation des zukünftigen Technologieparks Universität im Netz veröffentlicht.

    Etwas enttäuscht zeigen sich die Wissenschaftler von der Umsetzung der im Forum gemachten Bürgeranregungen. Politik und Verwaltung hielten sich in der Befragung sehr bedeckt, was die unmittelbare Nutzung der Beiträge angeht - nur 14% (Politik) und 30% (Verwaltung) kreuzten "ja" an, wollen also die Vorschläge bei ihrem weiteren Vorgehen beachten. Die meisten (54% und 60%) hielten sich auch zwei Monate nach Ende des Forums noch bedeckt und kreuzten "weiß noch nicht" an, meinten allerdings gleichzeitig, dass das Forum eine sinnvolle Ergänzung vorhandener Verfahren zur Bürgerbeteiligung darstellt (88%) und ein Mehrwert (38 %) entsteht.

    Die Diskussionsplattform entstand im Rahmen des EU-Projektes E.D.E.N. (Electronic Democracy European Network) aus einem Gemeinschaftsprojekt des Ortsamtes und des Beirates Horn-Lehe, des Amtes für Stadtplanung und Bauordnung sowie der Universität Bremen und des Public Voice Lab Wien. Im Herbst sind weitere Projekte in Bremen sowie in den Projektpartnerstädten Antwerpen, Bologna und Wien geplant.

    Weitere Informationen:
    Dr. Hilmar Westholm (Projektleitung), Technologie-Zentrum Informatik der Universität Bremen, Tel.: 0421-218.2211; e-mail: westholm@tzi.de,
    Ralf Cimander, Technologie-Zentrum Informatik der Universität Bremen, Tel.: 0421-218.7375, e-mail: cimander@tzi.de.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Informationstechnik, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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