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05.05.1997 00:00

Harmonisches Stoffgemisch steuert Wohlbefinden

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Harmonisches Stoffgemisch steuert Wohlbefinden (Kurzversion)

    Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich entdeckten im Gehirn schwer depressiver Patienten Regionen, die offensichtlich an depressiven Erkrankungen beteiligt sind. In einem Bereich in der Mitte zwischen unseren Schläfen - im sogenannten Striatum und dem Gyrus cinguli - fanden die Wissenschaftler nun Areale mit einer hohen Dichte von Dopamin-Andockstellen (Dopamin-2-Rezeptoren). Die Botenstoffe Dopamin und Serotonin spielen bei Depressionen eine Schlüsselrolle. Bisher vermutete man die Hauptzentrale der Stimmungslage im sogenannten Mandelkern des Gehirns, einem weiter unten liegenden Bereich, der mit dem Gyrus cinguli verschaltet ist. Neue Ergebnisse des Instituts für Medizin zeigen aber, daß im Gyrus cinguli ein zusätzliches Zentrum vorhanden ist, in welchem über Wohlbefinden oder tiefe Depression entschieden werden könnte.

    Depressionen sind ernste und häufige Erkrankungen: 20 Prozent aller Frauen und zehn Prozent aller Männer machen zumindest einmal in ihrem Leben einen solchen Zustand durch. Die Medizin steht vor dem Problem, daß unsichtbare und fein abgestimmte chemische Gleichgewichte zwischen Wohlbefinden und krankhafter Traurigkeit entscheiden.

    Serotonin und Dopamin - zwei Botenstoffe des Gehirns - sind unter anderen die "Drahtzieher" der Stimmungslage. Medikamente, die das körpereigene Serotonin oder Dopamin länger auf eine Nervenzelle einwirken lassen, mildern eine Depression oder führen beim Gesunden zu Euphorie. Aber nicht nur Botenstoffe sind an einer Depression beteiligt. Der Zustand oder die Anzahl der Botenstoff-Andockstellen - der sogenannten Rezeptoren - an den Nervenenden scheinen der eigentliche Schlüssel zur Krankheit zu sein. Neue Ergebnisse des Jülicher Instituts unter der Leitung von Professor Hans W. Müller-Gärtner zeigen, daß die Anzahl der Dopamin-2-Rezeptoren im Gehirn für das Unwohlsein oder Wohlbefinden eine entscheidende Rolle spielen. Je mehr dieser Rezeptoren vorhanden sind, desto besser fühlen sich depressive Patienten. Möglich wurden die Studien nur durch die enge Zusammenarbeit mit Professor Wolfgang Gaebel, Direktor der Psychiatrischen Klinik der Universität Düsseldorf.

    Mit Hilfe eines speziellen Tomographen (SPECT) suchten die Jülicher Forscher nach Veränderungen im Gehirn depressiver Patienten. Sie markierten die Dopamin-2-Rezeptoren vor und nach der Behandlung mit einem depressionsmildernden Medikament. Das in diesem Fall eingesetzte Medikament verhindert die Wiederaufnahme des Botenstoffs Serotonin in die Nervenzelle. So kann das Serotonin länger an den Serotonin-Rezeptoren wirken. Nach einigen Tagen bis Wochen bessert sich - falls das Mittel anschlägt - der Zustand. Bei den Patienten, denen es besser ging, stieg überraschend die Anzahl - oder Affinität - der Dopamin-Rezeptoren im Striatum und dem Gyrus cinguli, obwohl das Medikament nicht auf das Dopamin-System, sondern auf das Serotonin-System einwirkt.

    Psychopharmaka haben wegen der vielen unbekannten, vernetzten Vorgänge im Gehirn oft unerwartete Nebenwirkungen. Eines der Ziele der Jülicher Forscher ist, die Mechanismen der Ungleichgewichte und der disharmonischen Stoffgemische zu enträtseln. Mit diesem Wissen könnten dann in Zukunft gezielt Medikamente entwickelt werden, die an der richtigen Stelle eingreifen, ohne andere Vorgänge im Gehirn zu blockieren oder quervernetzte Systeme durcheinanderzubringen.

    Harmonisches Stoffgemisch steuert Wohlbefinden (Fachversion)

    Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich entdeckten im Gehirn schwer depressiver Patienten Regionen, die offensichtlich an depressiven Erkrankungen beteiligt sind. In einem Bereich in der Mitte zwischen unseren Schläfen - im sogenannten Striatum und dem Gyrus cinguli - fanden die Wissenschaftler nun Areale mit einer hohen Dichte von Dopamin-Andockstellen (Dopamin-2-Rezeptoren). Die Botenstoffe Dopamin und Serotonin spielen bei Depressionen eine Schlüsselrolle. Bisher vermutete man die Hauptzentrale der Stimmungslage im sogenannten Mandelkern des Gehirns, einem weiter unten liegenden Bereich, der mit dem Gyrus cinguli verschaltet ist. Neue Ergebnisse des Instituts für Medizin zeigen aber, daß im Gyrus cinguli ein zusätzliches Zentrum vorhanden ist, in welchem über Wohlbefinden oder tiefe Depression entschieden werden könnte.

    Depressionen sind ernste und häufige Erkrankungen: 20 Prozent aller Frauen und 10 Prozent aller Männer machen zumindest einmal in ihrem Leben einen solchen Zustand durch. Die Medizin steht vor dem Problem, daß unsichtbare und fein abgestimmte chemische Gleichgewichte zwischen Wohlbefinden und krankhafter Traurigkeit entscheiden.

    Serotonin und Dopamin - zwei Botenstoffe des Gehirns - sind unter anderen die "Drahtzieher" der Stimmungslage. Medikamente, die das körpereigene Serotonin oder Dopamin länger auf eine Nervenzelle einwirken lassen, mildern eine Depression oder führen beim Gesunden zu Euphorie. Beispielsweise wirkt Kokain wahrscheinlich deshalb berauschend, weil es die Nervenzellen mit Dopamin geradezu überschwemmt. Aber nicht nur Botenstoffe sind an einer Depression beteiligt. Der Zustand oder die Anzahl der Botenstoff-Andockstellen - der sogenannten Rezeptoren - an den Nervenenden scheinen der eigentliche Schlüssel zur Krankheit zu sein. Neue Ergebnisse des Jülicher Instituts unter der Leitung von Professor Dr. Hans W. Müller-Gärtner zeigen, daß die Anzahl der Dopamin-2-Rezeptoren im Gehirn für das Unwohlsein oder Wohlbefinden eine entscheidende Rolle spielen. Je mehr dieser Rezeptoren vorhanden sind, desto besser fühlen sich depressive Patienten. Möglich wurden die Studien nur durch die enge Zusammenarbeit mit Professor Dr. Wolfgang Gaebel, Direktor der Psychiatrischen Klinik der Universität Düsseldorf.

    Die Suche nach Rezeptoren für die chemischen Botenstoffe im Gehirn gleicht der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Mit Hilfe von kurzlebigen radioaktiven Medikamenten kann heute das gesuchte Objekt "markiert" und somit die Suche erleichtert werden. Das Medikament sendet dann von der sprichwörtlichen Stecknadel im Gehirn Signale nach außen. Um den Kopf des Patienten herum sind leistungsfähige Sensoren installiert, die die Signale erfassen und in ein dreidimensionales Bild umrechnen. Ein leuchtender Punkt zeigt im Bild an, wo sich die gesuchte Struktur im Gehirn befindet und was an diesem Punkt passiert. Eines dieser bildgebenden Verfahren ist die "Single-Photon-Emissions-Tomographie" (SPECT). Mit ihrer Hilfe suchten die Jülicher Forscher nach Veränderungen im Gehirn depressiver Patienten. Sie markierten die Dopamin-2-Rezeptoren vor und nach der Behandlung mit einem depressionsmildernden Medikament.

    Die Arbeitsgruppe von Dr. Rolf Larisch konzentrierte sich bei der Suche nach den Ursachen der sogenannten endogenen Depression auf die Dopamin-2-Rezeptoren. 15 schwer depressive Patientinnen und Patienten wurden vor und nach der Behandlung mit einem depressionsmildernen Medikament untersucht.

    Das in diesem Fall eingesetzte Medikament verhindert die Wiederaufnahme des Botenstoffs Serotonin in die Nervenzelle. So kann das Serotonin länger an den Serotonin-Rezeptoren wirken. Nach einigen Tagen bis Wochen bessert sich - falls das Mittel anschlägt - der Zustand. Bei den Patienten, denen es besser ging, stieg überraschend die Anzahl - oder Affinität - der Dopamin-Rezeptoren im Striatum und dem Gyrus cinguli, obwohl das Medikament nicht auf das Dopamin-System, sondern auf das Serotonin-System einwirkt.

    Es stellte sich heraus, daß die SPECT-Bilder von Patienten, die vor der Behandlung wenige Dopamin-2-Rezeptoren im Striatum und Gyrus cinguli hatten, nach der Behandlung und nach Besserung entscheidend mehr Dopamin-2-Rezeptoren zeigten. Bei Patienten, denen es nicht besser ging oder deren Zustand sich sogar verschlechterte, war die Dichte der Dopamin-2-Rezeptoren gleich geblieben oder hatte abgenommen.

    Die Ursache einer Depression ist nicht der Mangel eines einzelnen chemischen Botenstoffes. Vielmehr ist das Gehirn der Schauplatz eines harmonischen oder disharmonischen Spiels von Botenstoffen, die sich gegenseitig beeinflussen. Ändern sich die Verhältnisse zum Beispiel im Serotonin-System, so hat dies auf andere Systeme, die mit diesen vernetzt sind, einen starken Einfluß. Wie Serotonin auf andere Rezeptoren, zum Beispiel auf die hier untersuchten Dopamin-2-Rezeptoren, wirkt, kann heute noch niemand sagen. Daß es aber Einflüsse gibt, wurde schon länger vermutet und wird durch die Studie von Dr. Larisch bestätigt.

    Psychopharmaka haben wegen der vielen unbekannten, vernetzten Vorgänge im Gehirn oft unerwartete Nebenwirkungen. Eines der Ziele der Jülicher Forscher ist, die Mechanismen der Ungleichgewichte und der disharmonischen Stoffgemische zu enträtseln. Mit diesem Wissen könnten dann in Zukunft gezielt Medikamente entwickelt werden, die an der richtigen Stelle eingreifen, ohne andere Vorgänge im Gehirn zu blockieren oder quervernetzte Systeme durcheinanderzubringen.

    (Die Ergebnisse der Studie werden in Kürze in der Fachzeitschrift "NeuroImage" publiziert)


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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