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22.04.1998 00:00

Gerinnungsfaktor XIII

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Jenaer Forscher klaerten Bauplan eines Gerinnungs-Enzyms auf: Subtiler Roentgenblick auf Faktor XIII

    Jena. (22.04.98) Die Molekuelstruktur des Blutgerinnungs-Faktors XIII haben Jenaer Forscher jetzt im atomaren Detail aufgeklaert. Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld (Uni Jena) und sein Team vom ausseruniversitaeren Institut fuer Molekulare Biotechnologie machten das Enzym per Roentgenstrukturanalyse sichtbar und schufen damit die Grundlage fuer die Entwicklung eines Medikaments, das bei Herzinfarkt und Schlaganfall den Blutpfropfen auch noch mehrere Stunden nach dem Ereignis aufloesen koennte.

    "Wir hoffen, dass uns in den naechsten zwei Jahren das Design eines geeigneten Wirkstoffs gelingt", beschreibt Hilgenfeld die zeitliche Perspektive, "bis aber ein arzneimittelrechtlich zugelassenes Medikament auf den Markt kommt, koennen noch zehn Jahre vergehen." Dennoch ist seine Grundlagenforschung die unmittelbare Ba-sis fuer die pharmakologische Umsetzung, bei der die Jenaer Wissenschaftler eng mit der Industrie zusammenarbeiten werden. Die Strukturaufklaerung des Gerinnungsenzyms wurde bereits von der Marburger Pharma-Firma Centeon unterstuetzt.

    Faktor XIII ist das letzte Enzym, das in einer hochkomplexen Kaskade von Ablaeufen die Blutgerinnung bewirkt. Wie alle anderen Enzyme, die an diesem Prozess beteiligt sind, schwimmt es staendig im Blutkreislauf und wird erst bei Bedarf durch einen Signalstoff aktiviert. Was genau sich chemisch bei dieser Aktivierung abspielt, wollen die Forscher als naechstes herausfinden. Klar ist jedoch, dass Faktor XIII relativ langsam das Blutgerinnsel so stabilisiert, dass es fuer eine herkoemmliche Lyse-Therapie kaum noch Angriffspunkte bietet. Mehrere Stunden nach einem Infarkt laesst sich ein Thrombus praktisch nicht mehr loesen, und das Gewebe, das von der Blutversorgung abgeschnitten ist, stirbt ab.

    Als besonders bemerkenswert gilt in Fachkreisen die eminent hohe Aufloesung, in der Hilgenfelds Team das Enzym dreidimensional darzustellen vermag: "Bei 2,0 Angstroem Aufloesung, das sind 20 Milliardstel Zentimeter, ist jedes praktisch einzelne der 12 000 Atome sichtbar", erlaeutert Dr. Manfred S. Weiss, Hilgenfelds engster Mitarbeiter in dem Projekt.

    Bei dem subtilen Blick in das ,Innenleben' des Enzyms machten die Wissenschaftler eine Entdeckung, die auch fuer andere Biokatalysatoren von grosser Bedeutung sein koennten: An zwei Stellen in unmittelbarer Naehe seines aktiven Zentrums befindet sich in Faktor XIII eine Peptidbindung in der spannungsreiche Cis-Form. "Wir dachten bisher, dass das in der Natur nur sehr selten vorkomme", schildert Hilgenfeld sein Erstaunen, "aber als wir andere Enzyme daraufhin untersucht haben, konnten wir mehrere weitere Beispiele ausfindig machen."

    Die Strukturbiologen vermuten nun, dass diese ,molekuelinterne Spannung' der Motor fuer die ablaufende Reaktion sein koennte. Wenn auch andere Enzyme nach diesem Prinzip funktionieren, wuerde diese Entdeckung fuer die planvolle Entwicklung von Arzneimitteln einen Meilenstein bedeuten. "Aber es ist noch viel zu frueh, um darueber zu spekulieren", beschwichtigt Hilgenfeld, "wir sind dem interessanten Phaenomen erst auf der Spur." Wichtigste Hilfsmittel dabei sind eine Roentgendiffraktometer-Anlage und eine Sortiment von Hochleistungscomputern, wie sie in Europa nur wenige Institute besitzen.

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld, Tel.: 03641/656061


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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