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19.11.1997 00:00

Staphylokinase

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Neuer Wirkstoff gegen Blutgerinnsel wird erforscht: Molekuelstruktur eines gentechnisches Enzyms aufgeklaert

    Jena (18.11.97). Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem neuen Arzneimittel haben Jenaer Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universitaet und des Instituts fuer Molekulare Biotechnologie (IMB) geleistet: In einem Gemeinschaftsprojekt, das ueber vier Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Thueringer Wissenschaftsministerium mit rund einer halben Mio. Mark gefoerdert wurde, gelang es, die Loesungsstruktur der Staphylokinase aufzuklaeren. Dieses En-zym setzt eine rasche Blutgerinnselaufloesung in gang und wird vermutlich bald zur Soforttherapie bei Herzinfarkt und Schlaganfall zur Verfuegung stehen. Die klinischen Tests des Wirkstoffs laufen derzeit auf Hochtouren.

    Staphylokinase wird wie die bereits arzneimittelrechtlich zugelassene Streptokinase auf gentechnischem Wege von mutierten Eiterbakterien produziert. "Das ist nicht nur ein preiswerteres Verfahren als die Konzentration von koerpereigenen Thrombolytika, sondern vor allem auch ein viel saubereres und sichereres", erklaert Prof. Dr. Hartmut Fritzsche vom Institut fuer Molekularbiolgie der Uni Jena. Risiken, wie z. B. eine HIV-UEbertragung aus verseuchtem Plasma, koennen durch die gentechnologische Methode ausgeschlossen werden.

    Drei verschiedene Staphylokokken-Bakterienstaemme wurden von Wissenschaftlern in Japan, in Belgien und am Jenaer Zentrum fuer Molekularbiologie und experi-mentelle Therapie (ZIMET), der Vorgaengereinrichtung sowohl des heutigen Uni-Instituts als auch des IMB, zur Streptokinase-Produktion angeregt. Fuer die Notfallmediziner ist es wichtig, mehrere Arzneiwirkstoffe zur Auswahl zu haben, um bei Infarktpatienten die lebensbedrohlichen Blutgerinnsel aufzuloesen. Fritzsche: "Setzt man denselben Wirkstoff bei einem zweiten Infarkt ein, so kann der Patient einen allergischen Schock erleiden." Derzeit werden Streptokinase, Urokinase und Konzentrate aus koerpereigenen Thrombolytika klinisch verwendet.

    Die Wirkungsweise ist bei allen Enzymen aehnlich: Sie aktivieren den komplexen Blutbestandteil Plasminogen zu Plasmin, das wiederum die Fibrinklumpen, also das Blutgerinnsel, aufloest. Durch die aufwendigen Mess- und Berechnungsverfahren im Jenaer Forschungsprojekt weiss man nun, dass die Staphylokinase gegenueber den herkoemmlichen Wirkstoffen eine vergleichsweise einfache Molekuelstruktur besitzt. Nur 136 Aminosaeuren, die im Modell einen langen Faden mit Schleifen, Kontaktpunkten, Beta-Straengen und Liganden darstellen, machen das Enzym aus. Dagegen besitzt die Streptokinase ein dreimal groesseres Volumen. Die Folge: Der neue Wirkstoff ist reaktiv ueberschaubarer und billiger herstellbar. Moeglicherweise wird man sogar eines Tages einen synthetischen Wirkstoff herstellen koennen, der lediglich aus den entscheidenden Aminosaeu-ren und Liganden besteht.

    Das ist aber erstmal Zukunftsmusik. Zunaechst muss am benachbarten Jenaer Hans-Knoell-Institut fuer Naturstoff-Forschung die klinische Testung der neuen Staphylokinase vorangetrieben werden, um bald eine Zulassung des neuen Wirkstoffs beantragen zu koennen. Die akribi-sche Aufklaerung der Enzymstruktur mit Hilfe von Nuklearmagnetischer Resonanz-Spektroskopie war dafuer ein wichtiger Mosaikstein im Gesamtbild. Das Team um Hartmut Fritzsche und Larry Brown (IMB) vermass dazu 1.300 Abstaende von Wasserstoffatomen des geloesten Enzyms und berechnete aus den Ergebnissen ein Strukturmodell.

    Geld kann der Jenaer Wissenschaftler allerdings mit seinen Ergebnissen nicht verdienen."Wir machen Grundlagenforschung", sagt Fritzsche, "die Patente liegen bei den Forschern in den Nachbarinstituten, die sich seit Jahren mit der Entwicklung und Herstellung des Wirkstoffs beschaeftigen."

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Hartmut Fritzsche, Institut fuer Molekularbiologie der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena, Tel.: 03641/657560.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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